1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Autor Gerhard Zwerenz mit 90 Jahren gestorben

13. Juli 2015

Einer der Querköpfe der deutschen Literatur- und Politikszene lebt nicht mehr. Der Vielschreiber Gerhard Zwerenz gehörte in den 1970er-Jahren zu den bekanntesten Autoren der westdeutschen Linken.

https://p.dw.com/p/1Fxlg
Autor Gerhard Zwerenz (Foto: Klaus Franke/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/K. Franke

Kupferschmied, Schriftsteller von Krimis und Pornos, Marxist, Renegat, Bundestagsabgeordneter: All dies war Gerhard Zwerenz. Am Montagmorgen ist der Autor nach längerer Krankheit im Alter von 90 Jahren gestorben.

Mehr als 100 Bücher hat der gebürtige Sachse, der lange Zeit in Hessen lebte, geschrieben – von Romanen über Krimis und Kinderbücher bis zu erotisch-pornografischen Texten. Auch noch im hohen Alter arbeitete Gerhard Zwerenz unermüdlich. An seinem Großwerk schrieb er seit Jahren im Internet: "Die Verteidigung Sachsens und warum Karl May die Indianer liebte", heißt der skurrile Titel des auf 3500 Seiten angeschwollenen Weblog-Romans.

In seinem Leben hat Zwerenz, der in den 1970er-Jahren zu den bekanntesten Autoren der westdeutschen Linken gehörte, so manche Volte gedreht. 1925 in Gablenz als Sohn eines Ziegeleiarbeiters und einer Textilarbeiterin geboren, machte er nach der Volksschule eine Lehre als Kupferschmied. 1942 meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht. Zwei Jahre später desertiert er.

In der DDR konnte Zwerenz, der auf seine proletarische Herkunft stets stolz war, von 1952 bis 1957 mit Sonderreifeprüfung beim berühmten jüdisch-marxistischen Philosophen Ernst Bloch in Leipzig studieren. Als er zum Stalinismus auf Distanz ging, wurde er 1957 aus der SED ausgeschlossen. Er zog in den Westen, wandte sich aber Jahrzehnte später nach der Wende wieder seiner alten Heimat zu.

Autor Gerhard Zwerenz gestorben
Einer seiner Buchtitel fragte: "Wozu das ganze Theater?"Bild: picture-alliance/dpa/DB Hamberger

Für die SED-Nachfolgepartei PDS saß Zwerenz von 1994 bis 1998 im Bundestag – und beklagte das "Ausbluten des Ostens". Seinen Frust als Abgeordneter hat Zwerenz in seinem Buch "Krieg im Glashaus oder der Bundestag als Windmühle" verarbeitet.

Von einem schweren Sturz Anfang des Jahres hat sich der Schriftsteller nicht vollständig erholt, berichtete seine Frau. Ingrid Zwerenz ist selbst Schriftstellerin und war in den letzten Jahren stets erste Lektorin ihres Mannes. Im Januar hatte er noch seine in Fragmenten angelegte sächsische Autobiografie fortgeführt. Da war er beim "52. Nachruf" angekommen: "Merkel, Troika, Akropolis und Platon" hieß dieser hochaktuell.

sp/ld (dpa)