1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Autobombe im Herzen von Bagdad

Gregor Mayer, dpa12. Oktober 2003

In Bagdad ist erneut ein Hotel Ziel eines Selbstmordanschlags geworden. Zahlreiche Menschen starben, weitere wurden verletzt. In dem Hotel wohnen Mitglieder des provisorischen irakischen Regierungsrats.

https://p.dw.com/p/4AlL
Chaos in Bagdads Innenstadt nach dem AnschlagBild: AP

Mustafa Natik Dschumaa wirkt eine Stunde nach der Explosion einer Autobombe im Herzen von Bagdad mehr erschöpft als schockiert. Er ist Wachbeamter der Filiale der Rafidain-Bank in der Bagdader Sadoun-Straße. Sein linker Unterschenkel ist verbunden, seine Uniform mit Blutspritzern befleckt. Die Bank liegt nur 100 Meter vom Hotel "Bagdad" entfernt, dem dieser blutige Anschlag galt. Schnell steht fest, dass es zahlreiche Tote und Verletzte gegeben hat.

Dschumaa wurde von Splittern und Trümmern getroffen. "Der Wagen fuhr auf den Eingang des Hotels zu", berichtet er. "Die Wächter wollten ihn anhalten, aber der Fahrer stoppte nicht. Der fuhr da einfach durch." Daraufhin hätten die Wächter auf das Auto geschossen. Kurz darauf flog es in die Luft.

Innenstadt erzittert

Explosion vor Hotel in Bagdad
Krankenwagen und Armee vor dem "Bagdad Hotel" nach dem Anschlag, Sunday Oct 12, 2003. (AP Photo/Khalid Mohammed)Bild: AP

Die gewaltige Explosion ließ die Bagdader Innenstadt erzittern. Eine schwarze Rauchsäule stieg in die Luft, Sirenen von Rettungsfahrzeugen heulten auf, Hubschrauber der US-Armee waren kurze Zeit später in der Luft. Augenzeugen sahen, wie Leichenteile bis zu 150 Meter weit geschleudert wurden. Autos gingen in Flammen auf, Fenster zersprangen im weiten Umkreis und geschockte Passanten hasteten mit leichten Verletzungen durch die angrenzenden Straßen. Teile des Hotels "Bagdad" stürzten ein.

Dort wohnen viele Mitglieder des provisorischen Regierungsrates, jenes von US-Verwalter Paul Bremer eingesetzten Gremiums, das nicht viel zu sagen hat, aber der US-Besatzung ein "irakisches Gesicht" geben soll. In den Augen der militanten Gegner der Besatzung sind die Mitglieder dieses Rates "Kollaborateure" des Feindes.

Viele Opfer

Ein Ratsmitglied, der schiitische Arzt und Menschenrechtsaktivist Muwaffak el Rubai, wurde bei dem Anschlag verletzt. Er ist nicht das erste Opfer unter den Politikern, die sich für eine Mitarbeit im provisorischen Regierungsrat entschieden haben. Ajatollah Bakir el Hakim, der Führer des Obersten Rates der Islamischen Revolution im Irak (SCIRI), hatte seinen Bruder Abdelasis in den Regierungsrat entsandt. Der angesehene Geistliche starb Ende August bei einem Bombenanschlag in seiner Moschee in Nadschaf. Mit ihm wurden bis zu 80 schiitische Gläubige in den Tod gerissen. Im September erschossen unbekannte Täter Akila el Haschimi, eine von drei Frauen im 25-köpfigen Regierungsrat.

Der Anschlag auf das Hotel "Bagdad" wäre noch furchtbarer gewesen, wenn nicht in den letzten Wochen Betonsperrwände vor dem Hotel aufgestellt worden wären. Der Attentäter konnte daher nur die erste von mehreren Absperrungen überwinden. Strategisch wichtige Gebäude in ganz Bagdad werden seit dem verheerenden Anschlag auf das UN- Hauptquartier am 19. August mit 23 Toten, unter ihnen der UN- Sondergesandte Sergio Vieira de Mello, zunehmend zu Festungen ausgebaut. Am Sonntag hat sich wieder gezeigt, dass diese Maßnahme nicht übertrieben ist.