Australier stimmen per Post über Homo-Ehe ab
Nachdem die Opposition ein Referendum verhindert hat, will der Premier per Briefumfrage ein Stimmungsbild über die gleichgeschlechtliche Ehe einholen. Kritiker befürchten eine Spaltung der australischen Gesellschaft.
"Ja" zur Ehe für alle
Zehntausende Australier haben am Sonntag in Sydney für die gleichgeschlechtliche Ehe demonstriert. Sie setzen sich für ein "Ja" bei der Umfrage ein, bei der ab Dienstag 16 Millionen Wähler ihre Stimme abgeben können. Es handelt sich nicht um ein Referendum mit rechtlich verbindlichem Ergebnis. Die Umfrage könnte jedoch eine Abstimmung im Parlament zur gesetzlichen Neuregelung beschleunigen.
Gesetzesänderung noch in diesem Jahr?
Ein "Ja" der Bevölkerung zur Homo-Ehe gilt als wahrscheinlich: Jüngsten Umfragen zufolge sprechen sich rund zwei Drittel der Australier für die gleichgeschlechtliche Ehe aus. Bei einem "Ja" will die Regierung unter Premier Malcolm Turnbull das Parlament noch dieses Jahr über die Gesetzesänderung abstimmen lassen.
"Ja"-Kampagnen überwiegen
Das Oberste Gericht in Melbourne hatte vergangene Woche grünes Licht für die Briefumfrage gegeben. Zwei Klagen der LGBT-Community gegen die Umfrage wurden zuvor abgewiesen. Die Aktivisten befürchten homophobe Stimmungsmache und Hasskampagnen im Zuge der Abstimmung. Hinzu kommt die Kritik an den Kosten: rund 82 Millionen Euro.
Premier Turnbull musste zurückrudern
Nachdem er zunächst ein Referendum mit einem rechtlich verbindlichen Ergebnis vorgesehen hatte, musste Premier Turnbull nun einlenken. Verantwortlich dafür ist die Opposition: Labor und Grüne befürworten zwar die Homo-Ehe, halten eine Volksabstimmung jedoch für verantwortungslos - genauso wie die LGBT-Vertreter. Aus diesem Grund blockierten sie Turnbulls Vorstoß.
Senatsmitglied Penny Wong (r.) kritisiert die Umfrage
Die Labor-Chefin im Senat ist eines der bekanntesten Gesichter im Streit um die Briefumfrage. Bereits Anfang August hielt sie eine emotionale Rede im Senat, in der sie die Regierung aufforderte, über die Gesetzesänderung zur Homo-Ehe im Parlament abstimmen zu lassen, statt sie an die Bevölkerung weiterzureichen. Auch sie hält eine Spaltung der Gesellschaft für möglich.
Gefahr für die Religions- und Meinungsfreiheit?
Während sich Befürworter der Homo-Ehe am "Wie" stören, formieren sich Kritiker zum "Ob". So auch die "Koalition für die Ehe" unter der Führung der katholischen Bischofskonferenz: Sie ist ein Zusammenschluss von mehr als 80 Gruppen, die befürchten, dass durch die Gesetzesänderung Verfechter der traditionellen heterosexuellen Ehe mundtot gemacht würden.
Ex-Premier Abbott als Wortführer der Gegner
Auch innerhalb der Regierungskoalition ist die geplante Gesetzesänderung umstritten. Insbesondere Ex-Premierminister Tony Abbott spricht sich gegen die Homo-Ehe aus: "Wenn ihr die gleichgeschlechtliche Ehe nicht mögt, stimmt mit Nein. Wenn ihr euch um die Freiheit von Rede und Religion sorgt, stimmt mit Nein. Und wenn ihr gegen politische Korrektheit seid, stimmt mit Nein."
Bunt, laut und zahlreich: Demonstranten fordern Gleichberechtigung
Ob die australische Gesellschaft mit "Ja" oder "Nein" stimmt, wird sich in einigen Wochen zeigen. Am 15. November wird das Ergebnis der Umfrage veröffentlicht. Erst danach kann das Parlament über die Gesetzesänderung zur gleichgeschlechtlichen Ehe abstimmen.