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Australian Open: Alexander Zverev und der unerfüllte Traum

Veröffentlicht 24. Januar 2025Zuletzt aktualisiert 26. Januar 2025

Alexander Zverev, Deutschlands bester Tennisspieler, geht zum dritten Mal in einem Grand-Slam-Finale als Verlierer vom Platz. Bleibt seine Karriere unvollendet?

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Australian Open 2025 | Finale Herren Einzel | Alexander Zverev (rechts mit Schläger in der Hand) schüttelt Jannik Sinner die Hand
Alexander Zverev erreichte erstmals das Finale der Australian Open, musste sich aber Jannik Sinner geschlagen gebenBild: Quinn Rooney/Getty Images

"Ein Grand-Slam-Finale zu verlieren, ist das beschissenste Gefühl, das es auf der Welt gibt", sagte Alexander Zverev nach dem Endspiel der Australian Open in Melbourne. "Am Ende des Tages möchte ich auch mal so ein Ding gewinnen und nicht nur im Finale stehen." Deutschlands bester Tennisspieler musste bereits zum dritten Mal in seiner Karriere erleben, wie es ist, wenn sich der große Traum am Ende doch wieder nicht erfüllt.

Diesmal stand Jannik Sinner im Weg. Der Italiener gewann am Ende deutlich mit 6:3, 7:6 (7:4) und 6:3. Nach 2:42 Stunden verwandelte die Nummer eins der Weltrangliste seinen ersten Matchball gegen den Deutschen, der so niedergeschlagen war, dass der Sieger ihn nach dem Match in den Arm nehmen und trösten musste.

Zverev für immer der "Unvollendete"?

Für Zverev war es ein bitteres Déjà-vu, denn es gibt im Sport diese Siege, die du einfach gefeiert haben musst, um in deiner Sportart als einer der Größten aller Zeiten in die Annalen einzugehen: etwa ein Triumph in Monaco in der Formel 1, beim Abfahrtsrennen in Kitzbühel im alpinen Skisport oder beim US Masters in Augusta im Golf. Im Tennis sind die vier Grand-Slam-Turniere die Prestige-Währung. Nur wer bei den Australian Open, den French Open, in Wimbledon oder bei den US Open gewonnen hat, wird zu den wahren Champions gezählt.

Und das führt wohl weiterhin dazu, dass Zverev in unzähligen Artikeln oder Fernsehbeiträgen als der "Unvollendete" bezeichnet wird. Ein Grand-Slam-Turniersieg fehlt immer noch in seiner Vita. Vor dem Endspiel von Melbourne stand er 2020 bei den US Open und 2024 bei den French Open im Finale - beide Matches verlor er ebenfalls.

Tennis in die Wiege gelegt

Bei den Australian Open hat Zverev durchaus schon einmal triumphiert: 2014 als 16-Jähriger im Juniorenwettbewerb. Es war der erste große Titel seiner damals noch jungen Karriere. "Ich habe schon Tennis gespielt, bevor ich laufen konnte", berichtete der Tennisprofi 2023 in einer RTL-Dokumentation mit dem wenig überraschenden Titel "Zverev - der Unvollendete".

Er stammt aus einer Tennisfamilie. Zverevs Eltern Irina und Alexander waren zu Zeiten der früheren Sowjetunion ebenfalls Tennisprofis, ehe sie 1991 nach Deutschland zogen. 1997 wurde Alexander Zverev in Hamburg geboren. Auch sein älterer Bruder Mischa, der heute zu seinen wichtigsten Beratern zählt, verdiente sein Geld mit Tennis und brachte es in der Weltrangliste immerhin bis auf Platz 25. Einmal - 2018 in Washington - standen sich die Brüder auch bei einem APT-Turnier gegenüber, Alexander gewann.

"Unfassbar, der Junge", sagte die spanische Tennis-Legende Rafael Nadal 2015 über den damals 18-Jährigen. "Für mich ist er ein potenzieller Grand-Slam-Sieger." Ende desselben Jahres kürte der Tennisverband ATP den Deutschen zum "Star of Tomorrow". Zverev, 1,98 Meter groß, überzeugte mit einem sehr starken Aufschlag und seinem druckvollen Spiel. Im Juni 2016 besiegte Zverev beim Rasenturnier in Halle in Westfalen mit dem Schweizer Superstar Roger Federer erstmals einen Top-Ten-Spieler der Welt, im September 2016 feierte er in St. Petersburg in Russland seinen ersten Turniersieg auf der ATP-Tour.

Alexander Zverev zeigt bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio die gewonnene Goldmedaille
Zverevs bislang größter Erfolg: Olympisches Gold 2021 in TokioBild: EDGAR SU/REUTERS

Bis heute folgten mehr als 20 Turniererfolge - auch bei hochkarätigen Veranstaltungen. So triumphierte Zverev 2018 und 2021 bei den ATP-Finals, dem Saisonabschlussturnier der acht besten Spieler weltweit. Seinen bis dato größten Erfolg feierte er, als er bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio die Goldmedaille gewann. Deutschlands Sportjournalisten kürten ihn anschließend zum Sportler des Jahres.

Knappe Niederlagen bei US Open und French Open

Nur bei den vier Grand-Slam-Turnieren wollte es bislang einfach nicht klappen. Immer wieder scheiterte er - an seinen Nerven, entschlosseneren oder am Spieltag einfach besseren Gegnern oder auch an Verletzungen. Bei den US Open 2020 verlor Zverev im Endspiel nach 2:0-Satzführung noch in fünf Sätzen gegen den Österreicher Dominic Thiem. 2022 hatte er die Chance, mit einem Sieg bei den French Open nicht nur seinen heiß ersehnten ersten Grand-Slam-Titel zu gewinnen, sondern auch zur Nummer eins der Weltrangliste aufzusteigen. Doch im Halbfinale gegen den späteren Turniersieger Nadal knickte Zverev mit dem rechten Fuß um und riss sich dabei mehrere Bänder. 2024 erreichte er in Paris das Finale, musste sich aber dem Spanier Carlos Alcaraz geschlagen geben, wieder in fünf Sätzen.

Auf der Suche nach den deutschen Herzen

Während einst die ganze Nation mitfieberte, wenn Boris Becker oder Steffi Graf bei den großen Turnieren mitspielten, ist das Verhältnis der Deutschen zu Zverev bislang eher distanziert geblieben. Und das, obwohl er seit 2016 - mit einer kurzen Unterbrechung von zwei Wochen im Jahr 2023, als ihn Jan-Lennard Struff vorübergehend ablöste - bester deutscher Tennisprofi ist. Das vergangene Jahr beendete Zverev auf Platz zwei der Welt hinter Sinner.

Doch Wutausbrüche wie 2022, als er bei einem Turnier in Acapulco aus Frust mehrfach mit seinem Schläger gegen den Stuhl des Schiedsrichters schlug, kosteten ihn Sympathiepunkte. Noch schwerer wogen Vorwürfe ehemaliger Partnerinnen, Zverev sei gegen sie gewalttätig geworden. Im Juni 2024 wurde in Berlin ein Prozess gegen ihn wegen angeblicher Körperverletzung gegen Zahlung von 200.000 Euro eingestellt. Mit einer früheren Partnerin hat Zverev seit 2021 eine Tochter. Seit demselben Jahr ist der Tennisprofi mit der Schauspielerin und TV-Moderatorin Sophia Thomalla liiert. Insgesamt wirkt der 27-Jährige inzwischen zufriedener und ausgeglichener als früher.

2022 machte Zverev öffentlich, dass er bereits seit seinem vierten Lebensjahr Typ-1-Diabetes hat. Mit einer eigenen Stiftung unterstützt er Kinder und Jugendliche, die ebenfalls an dieser Autoimmunkrankheit leiden. "Ich hatte immer Angst, dass meine Gegner sich gegen mich stärker fühlen, wenn sie von meiner Krankheit wüssten", sagte Zverev. "Ich will zeigen, dass man es mit dieser Krankheit ganz weit schaffen kann." Auch ohne den ersehnten Grand-Slam-Sieg.

Der Artikel wurde nach dem Endspiel der Australian Open aktualisiert.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter