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Lesbos vor der Explosion

8. September 2015

Wie in einem Dampfkessel steigt der Druck auf der Insel Lesbos gefährlich an. Wieder ist die Lage eskaliert - nachdem die Regierung Entspannung versprochen hatte. Flüchtlinge wollten eine Fähre zum Festland stürmen.

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Polizisten gehen gewaltsam gegen Flüchtlinge am Hafen von Lesbos vor (05.09.2015) (Foto: ANGELOS TZORTZINIS/AFP/Getty Images)
Déjà-vu: Polizisten gehen gewaltsam gegen Flüchtlinge am Hafen von Lesbos vor (05.09.2015)Bild: Getty Images/AFP/A. Tzortzinis

Auf der griechischen Insel Lesbos ist es erneut zu Ausschreitungen zwischen Flüchtlingen und Sicherheitskräften gekommen. Mitglieder der Küstenwache und der Bereitschaftspolizei gingen teils mit Schlagstöcken gegen aufgebrachte Migranten vor, die auf ein von der Regierung bereitgestelltes Schiff gelangen wollten. "Bleibt zurück!", riefen die Beamten, um die Menge zu stoppen.

Die "Eleftherios Venizelos" kann höchstens 2500 Menschen aufnehmen. Doch rund 6000 Flüchtlinge versuchten nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur auf die Fähre zu gelangen. Nach dem Polizeieinsatz konnte das Schiff mit Kurs auf Piräus auslaufen.

Ein Ingenieurstudent aus Syrien, der sich nach Deutschland durchschlagen will, sagte der Nachrichtenangentur AFP, er sei bald zehn Tage auf der Insel. "Einige Menschen harren hier seit zwei Wochen aus. Die Regierung kümmert sich nicht um uns."

Völlig überforderte Behörden

Der für Einwanderung zuständige Minister Giannis Mousalas hatte am Montag gewarnt, Lesbos sei "einer Explosion nahe". Inzwischen seien mehr als 15.000 Flüchtlinge auf der Insel - die einheimische Bevölkerung zählt nur 85.000 Menschen. Die örtlichen Behörden sind völlig überfordert.

Am Sonntag hatte die griechische Regierung angekündigt, in den kommenden fünf Tagen etwa 12.000 Flüchtlinge von Lesbos auf das Festland nach Athen zu holen. Dazu sollte die Zahl der Fähren von drei auf vier oder fünf erhöht werden, wie Mousalas im staatlichen Fernsehen ankündigte.

Menschenmenge im Hafen von Lesbos (07.09.2015) (Foto: picture-alliance/AP Photo/S. Palacios)
Warten auf die Weiterreise: Menschenmenge im Hafen von Lesbos (07.09.2015)Bild: picture-alliance/AP Photo/S. Palacios

Zudem würden Registrierungsstellen eingerichtet und Schiffe als provisorische Unterkünfte für Flüchtlinge hergerichtet. "Wir hoffen, dass die Einwohner und die Flüchtlinge in den kommenden fünf Tagen Zeichen der Besserung sehen können", sagte der Minister.

Flucht aus dem Krieg

Seit Jahresbeginn sind bereits mehr als 230.000 Flüchtlinge in Griechenland eingetroffen. Die meisten stammen aus Krisenstaaten wie Syrien oder dem Irak. Nach Lesbos kommen besonders viele Menschen von der nahen türkischen Küste. Die Insel liegt ganz im Osten der Ägäis, nur wenige Kilometer von der Türkei entfernt.

Schon in den vergangenen Tagen gab es auf Lesbos gewaltsame Zusammenstöße zwischen der Polizei und Flüchtlingen sowie zwischen verschiedenen Flüchtlingsgruppen. Am Sonntag wurden zwei 17-jährige Inselbewohner unter dem Verdacht festgenommen, in einem Park in Mytilini zwei Brandflaschen auf schlafende syrische Familien geworfen zu haben.

jj/stu (dpa, afp, rtr)