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"Ausländische Investoren sehen Kasachstan ausschließlich als Quelle ihrer kolossalen Gewinne"

17. Januar 2003

– Präsident Nasarbajew verschlechtert Investitionsbedingungen für westliche Unternehmer

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Moskau, 16.1.2003, NESAWISSIMAJA GASETA, russ., Wassilina Wassiljewa

Seinen Arbeitstag hat der Präsident Kasachstans, Nursultan Nasarbajew, mit der Unterzeichnung der neuen Fassung des skandalösen Gesetzes über ausländische Investitionen begonnen. Damit hat die Führung des Landes den Anfang für die aktive Förderung der einheimischen Investoren gemacht.

Wegen des neuen Gesetzes gab es in der letzten Zeit viele heftige Diskussionen und Spekulationen. Das Dokument wurde aktiv von großen Finanz- und Industriegruppen Kasachstans gefördert, die an seiner Annahme äußerst interessiert waren, da im Rahmen dieses Gesetzes die Rechte und die Verantwortung der ausländischen und einheimischen Investitionsgruppen gleichgestellt werden. Die lokale Businesselite hat jetzt praktisch einen Freibrief für die Tätigkeit in vorrangigen Wirtschaftsbranchen der Republik bekommen.

Das neue Gesetz muss zwei ehemalige Gesetze ersetzen: die Gesetze "Über ausländische Investitionen" und "Über die staatliche Unterstützung direkter Investitionen". Der größte Unterschied des neuen Gesetzes liegt in der Legalisierung der Klausel, die die Interessen des Investors vor ungünstigen Änderungen an Gesetzen des Aufenthaltslandes schützt. Und obwohl die Verfasser des neuen Gesetzes versichern, dass sie sich bei der Gleichstellung der Rechte der einheimischen und der ausländischen Investoren bemüht haben, die Bedingungen für die letzten nicht wesentlich zu verschlechtern, passt den westlichen Unternehmern diese wirtschaftliche Konstellation nicht.

Nach der Logik der wirtschaftlichen Entwicklung mussten die Interessen der einheimischen und der ausländischen Investoren irgendwann aufeinanderprallen. In erster Linie in Wirtschaftszweigen, die hohen Gewinn bringen, unter anderem der Erdöl- und Gasbranche. Die letzten Änderungen in den gegenseitigen Beziehungen zwischen dem Staat und ausländischen Investoren waren zu erwarten. Im Laufe von praktisch 10 Jahren hat die Führung Kasachstans eine Politik zur Schaffung günstiger Bedingungen eben für westliche Investoren betrieben. Deshalb gelang es in den Jahren der Unabhängigkeit bis zu 20 Milliarden Dollar an Investitionen ins Land zu locken. Der größte Teil dieser Gelder floss in die Erdöl- und Gasbranche. Eben dort bevorzugen ausländische Investoren zu arbeiten. Heute gehört ihnen der Löwenanteil bei der Förderung, der Herstellung und dem Transport kasachischen Öls und Gases. Und wenn in den ersten Jahren der Unabhängigkeit des Landes für ausländische Investoren Treibhausbedingungen unter anderem in Bezug auf Steuerpräferenzen und die Umwelt geschaffen wurden, so ist die Führung Kasachstans jetzt dahintergekommen, dass die ausländischen Investoren das Land ausschließlich als Quelle ihrer kolossalen Gewinne benutzen und dabei nicht zur wirtschaftlichen Entwicklung des Landes beitragen. Außerdem ist das Potential des einheimischen Business gestiegen, das mit seiner Tätigkeit in gewinnbringenden Wirtschaftsbranchen dem Haushalt des Landes viel mehr Nutzen bringen wird als die ausländischen Investoren.

Die meisten ausländischen Unternehmen und Vertreter der politischen und der Businesselite äußerten sich in der letzten Zeit immer öfter gereizt darüber, dass "das Land nicht mehr so offen ist und das Investitionsklima im Vergleich zu den ersten Jahren der Unabhängigkeit immer schlechter wird". "Wir wollen hoffen, dass sich die Regierung und das Volk Kasachstans von diesem wirtschaftlichen Nationalismus verabschieden", erklärte der stellvertretende US-Außenminister für Fragen der Wirtschaft, des Business und der Landwirtschaft, Alan Larson, bezüglich des neuen Investitionsgesetzes. "Kasachstan kann sich nicht erlauben, kurzfristige Vorteile zum Nachteil für ausländische Investoren zu erhalten und das mit so viel Mühe gewonnene Ansehen eines günstigen Investitionsplatzes zu verlieren."

Heute sind die ausländischen Investoren vor allem über die neuen Bestimmungen beim Ankauf in der Erdöl- und Gasbranche, über die Einschränkungen bei der Erteilung von Arbeitsgenehmigungen für das Personal der ausländischen Investoren sowie über zweifelhafte Umweltstrafen gereizt. Der am meisten unerwünschte Punkt in den Beziehungen der kasachischen Führung und der westlichen Unternehmer sind die Zweifel der Investoren und der internationalen Finanzpresse an den Versicherungen der Führung des Landes, alle bereits vorher geschlossenen Verträge nur mit Einverständnis beider Seiten zu ändern. Die Regierung Kasachstans hat versichert, dass die Vergünstigungen für Investoren, die diesen im Rahmen bereits unterzeichneter Verträge gewährt wurden, mindestens bis 2008 oder 2009 beibehalten werden. Was die Vergünstigungen für künftige Investoren angeht, so sieht das Gesetz die Senkung der Besitz- und der Gewinnsteuer im Austausch gegen Investitionen in die vorrangigen Wirtschaftsbereiche Kasachstans vor. Es geht in erster Linie um die Landwirtschaft, Wirtschaftsbranchen, die nichts mit Rohstoffen zu tun haben, sowie Objekte der Infrastruktur, die ausländische Investoren in der Regel nicht anziehen. (lr)