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Immobilienboom auf Sylt

4. September 2009

Trotz Wirtschafts- und Finanzkrise boomt der Immobilienmarkt auf der nordfriesischen Insel. Häuser kosten bis zu zehn Millionen Euro. Und manchmal sogar noch mehr. Dennoch stehen Interessenten Schlange.

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Häuschen kostet 6,3 Millionen Euro (Foto: DPA)
Dieses Häuschen kostet 6,3 Millionen EuroBild: AP

Sylt liegt nicht nur geographisch gesehen in Deutschland ganz weit oben, sondern die nordfriesische Insel rangiert auch in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise bei den Immobilienpreisen an der Spitze. So belief sich die Gesamtsumme von Grundstücks- und Hausverkäufen in den letzten zwölf Monaten auf die bisherige Rekordsumme von annähernd 700 Millionen Euro. Makler können sich angesichts einer Umsatzsteigerung von rund 40 Prozent mehr als zufrieden die Hände reiben. Schließlich hat sich das Verkaufsvolumen innerhalb von nur zehn Jahren verdoppelt. Und die Nachfrage, bestätigt Makler Lars Axmann, steigt weiter.

Der Klenderhof in Kampen, die frühere Sylter Burg, gehörte einst Axel Springer
Eines der teuersten privaten Wohnobjekte auf Sylt: Der Klenderhof in Kampen gehörte einst Axel SpringerBild: dpa


Vor allem im Hochpreissektor suchen Interessenten große Anwesen mit sehr luxuriöser Ausstattung. Bevorzugt im Nobelort Kampen oder am Wattenmeer. Und diese steigende Nachfrage treibt auch die Preise immer weiter nach oben.

Auf Sylt sprengen die Preise trotz der angesagten Krise inzwischen jede normale Kalkulation. Für eine Haushälfte veranschlagen Makler wie Axmann im Durchschnitt zwischen anderthalb und zwei Millionen Euro. Je nach Lage und Größe des Grundstücks kann der Preis aber auch schnell bis zehn Millionen hochschnellen - und sogar darüber hinaus.

Domizil auf Sylt verspricht Prestige

Dennoch steht die wohlhabende Klientel aus der ganzen Republik förmlich Schlange, da die Nachfrage das verfügbare Angebot bei weitem übersteigt. Makler Axmann beschreibt den Kreis der Interessenten, die es nach Sylt zieht: "Das sind Industrielle, Geschäftsleute aus dem Ausland, Rechtsanwälte, Ärzte - also die ganze Bandbreite."

Sylt zieht vor allem Käufer an, die durch ihren Wohnsitz auf der Insel der vermeintlich Reichen und Schönen signalisieren möchten, dass sie zu den Erfolgreichen in der Republik gehören. Ihr Domizil als Ferienwohnung an Urlauber zu vermieten und damit Geld einzunehmen, das haben sie nicht nötig. Nach den Erfahrungen von Axmann werden die hochpreisigen Häuser und Wohnungen eigentlich nur von der Familie des Besitzers genutzt oder hin und wieder auch einmal Geschäftskunden oder leitenden Mitarbeitern zur Verfügung gestellt.

Die Preisspirale dreht sich weiter

Strand von List auf Sylt mit Strandhafer zur Sicherung der Insel (Foto: DPA)
Bild: dpa

Sylt scheint keiner antizyklischen Konjunktur ausgesetzt zu sein. Auf der liebsten Insel der Deutschen ein Domizil zu besitzen, das verschafft Prestige. Und das lässt sich, wer viel übrig hat, gerne auch viel kosten. Das wiederum treibt die Preise auf dem Eiland seit Jahren kontinuierlich in die Höhe. Eine Immobilie auf Sylt gilt in kapitalkräftigen Kreisen, wie Axmann bestätigt, mittlerweile als veritable Wertanlage. "Die Preiserhöhung ist nach oben gegangen. Das wissen auch die Käufer. Es ist eine gute Anlage."

Die Südspitze von Sylt aus der Luft (Foto: DPA)
Bild: dpa

Nun lässt sich die von der Nordsee umtoste und gerade einmal 99 Quadratkilometer große Insel nicht wie ein Nudelteig ausrollen. Gleichwohl haben gewiefte Geister einen Weg gefunden, das knappe Bauland geldbringend zu vermehren. Zum Verdruss des Arztes und engagierten Umweltschützers Roland Klockenhoff, der diesen Bau-Boom so erklärt: "Die Siedlungsgrenzen in unseren Dörfern und der Stadt Westerland sind weitgehend erschöpft. Es gibt kaum noch Freiflächen oder Baulücken mehr, so dass in den Dörfern im Grunde genommen noch gar nicht so alte Häuser aus den 60ern oder frühen 70er-Jahren abgerissen werden, um größeren Einheiten zu weichen. Gleichzeitig sind natürlich die Außenlagen oder Randlagen der Dörfer begehrt. Dort finden Sie dann auch die Hotelbauten."

Neues Wahrzeichen: Baukräne

Drei Männer spielen auf dem Golfplatz am Leuchtturm von Kampen Golf (Foto: DPA)
Bild: picture-alliance/HB-Verlag

Sowohl an der Südspitze in Hörnum als auch am nördlichsten Punkt der Insel, in List, wachsen Hotelanlagen aus dem Boden - natürlich in der gehobenen Preisklasse. Das Wahrzeichen Sylts sind mittlerweile nicht mehr die Leuchttürme, sondern die Baukräne.

Nicht ohne Grund befürchten bodenständige Insulaner wie Maike Ossenbrüggen vom nordfriesischen Heimatverein den Ausverkauf ihrer Insel. Investoren, beklagt sie, würden ihre Insel als eine Art Fabrik betrachten, die ihnen ordentliche Gewinne einbringen soll. Aber sie gibt die Hoffnung nicht auf, dass sich die Investoren mit ihren Projekten verspekulieren und setzt trotzig auf die Naturelemente rund um ihre Insel: "Ich schwöre ihnen, auch das Klima ist nicht so danach, dass man uns vermarkten könnte wie Mallorca." Aber wenn die Nachfrage das Angebot weiter um mehr als das 100fache übersteigt, dann kennt der Markt keine Rücksicht.

Autor: Klaus Deuse
Redaktion: Hartmut Lüning