Auf Augenhöhe: Kinderfilme auf der Berlinale
Seit 1978 widmet die Berlinale dem Nachwuchs eine eigene Sektion. Sie nennt sich "Generation" und umfasst zwei Programme: "kplus" für Kinder und "14plus" für Jugendliche. Zu sehen gibt's Filmkunst auf höchstem Niveau.
Zum Abheben
Ein kleiner Papierflieger kann ein ganzes Leben verändern. Jedenfalls das von Dylan, der gerade mal elf Jahre alt ist, irgendwo auf dem Land in Australien lebt, ein begabter Kunstflieger ist und sich soeben für die Weltmeisterschaft in Tokio qualifiziert hat. Ein Geschichte zum Abheben, mitreißend erzählt in dem australischen Film "Papierflieger", mit dem das Kinderfilmfest eröffnet wurde.
Für Einsteiger
Wie schön Kino sein kann, erleben bei der Berlinale schon Vier- und Fünfjährige. Und sie sind ein tolles Publikum, zittern mit den Helden auf der Leinwand, klatschen vor Begeisterung und biegen sich vor Lachen, wenn es lustig wird. Für die jungen Kinoeinsteiger stehen Kurz- und Animationsfilme wie die Flohzirkusgeschichte "Mini und die Fahrradmücken" auf dem Programm.
Für Profis
Rund 60.000 Zuschauer hat die Kinderberlinale mittlerweile, viele sind Stammgäste. Sie werden mit dem Festival groß und wissen, was sie hier erwartet: Filmkunst auf höchstem Niveau, schonungslos ehrlich erzählt. Gonzalo aus dem argentinischem Film "El Guri" ist erst zehn Jahre alt. Aber er muss sich um seine Schwester kümmern. Die Mutter ist einfach weggegangen. Ein kompliziertes Kinderleben!
Debüts willkommen!
In diesem Jahr konkurrieren 65 Lang- und Kurzfilme aus 35 Ländern um die Gunst des jungen Publikums. Darunter sind auch mehrere Erstlingsfilme. Einer von ihnen ist "Prins", eine coole niederländische Produktion über das gar nicht immer lustige Vorstadtleben von Jugendlichen, die sich nach Geld, Liebe und Abenteuern sehnen.
Junge Welten
Wer etwas über das Leben von Kindern und Jugendlichen, über ihre Gefühle, Sorgen und Sehnsüchte erfahren möchte, der ist in der Sektion "Generation" genau richtig. Im einzigen japanischen Beitrag des diesjährigen Programms, "Wonderful World End", spielt sich das Leben hauptsächlich in den quietschbunten Welten sozialer Netzwerke ab. Beruhigend, dass dennoch wirkliche Freundschaft entsteht.
Mehr als Kino
Hauptspielort der Kinderfilme ist das Haus der Kulturen der Welt. Im Kinosaal ist Platz für 1000 Gäste, nach den Vorstellungen wird mit Darstellern und Regisseuren diskutiert. Immer dabei sind junge Reporter, die auf einer eigenen Homepage über das Festival berichten. Und natürlich die kritischen Mitglieder der Kinder- und Jugendjury.
Ungewöhnliche Abenteuer
Das Schöne an dieser Berlinale-Sektion ist die Vielfalt der Themen und Erzählformen. Abenteuergeschichten gibt es dieses Jahr gleich mehrere, und nicht selten spielen sie in weit entlegenen Ländern. "Das Himmlische Kamel" nimmt Kinder ab sieben mit in die kalmückische Steppe und zu einem Hirtenjungen, der sich auf der Suche nach einem entlaufenen Kamel auf eine gefährliche Reise begibt.
Unbekannte Kulturen
Ein Abenteuer erlebt auch das Maya-Mädchen Rocia – vielleicht das größte ihres Lebens. Weil bei ihrer Mutter die Wehen einsetzen, muss sie die Schafherde ganz alleine durch das zerklüftete Hochland Guatemalas treiben. Was folgt, ist eine ungewöhnliche Geschichte und ein bemerkenswerter Einblick in eine unbekannte Kultur.
Leben, Überleben
Rund 1800 Filme standen dieses Jahr zur Auswahl, eine Herkulesaufgabe. Unter den Beiträgen, die die Auswahlgremien überzeugt haben, sind gleich fünf, in denen der Buddhismus eine Rolle spielt. Besonders beklemmend die amerikanische Produktion "Golden Kingdom". Entfernte Schüsse und mysteriöse Vorfälle bedrohen zusehends das meditative Leben von vier kleinen Mönchen in Myanmar.
Harte Realitäten
Die Berlinale mutet ihrem jungen Publikum einiges zu: Fester Bestandteil des Programms sind ungeschönte Einblicke in bedrohte, prekäre oder verletzte Leben. "Mina Walking" ist so ein Film. Gedreht in Kabul, erzählt er von einer 12-Jährigen, die das Leben ihrer vom Krieg zerstörten Familie zusammenhalten muss. Mina gibt nicht auf, trifft aber eine bittere Entscheidung, um selbst zu überleben.
14+
In der Reihe "14plus" spielen Musik, Gewalt und Sex eine ziemlich große Rolle. Und natürlich gibt es deswegen eine ganze Menge Probleme. Die russische Produktion heißt wie die Reihe, in der der Film gezeigt wird. nämlich "14+". Er spielt zwischen tristen Hochhäusern und erzählt die berührende Geschichte einer ersten Liebe.
Coming of Age
Wie wachsen junge Menschen auf? Welchen Regeln müssen sie folgen? Welche Grenzen werden ihnen gesetzt? Und was heißt es, erwachsen zu werden? Die Antworten hängen auch davon ab, wo und in welcher Kultur man lebt. Das verdeutlicht der Dokumentarfilm "Coming of Age", der vier Teenager im Hochland von Lesotho beim Erwachsenwerden begleitet.
Ein Fest für das Kino
Zehn Tage lang wird in Berlin das junge Kino gefeiert – vom Publikum und von seinen Machern. Am Ende gibt es Auszeichnungen. In den Wettbewerben "kplus" und "14plus" vergeben zwei internationale Jurys Preise. Außerdem ehren elf Kinder und sieben Jugendliche ihre besten Filme mit Gläsernen Bären. Der Jubel ist immer unbeschreiblich. Und die Vorfreude auf die nächste Berlinale riesengroß.