Auch Ministerien offenbar ausgespäht
20. Dezember 2013Das deutsche Magazin "Der Spiegel", die britische Zeitung" Guardian" und die "New York Times" berichten unter Berufung auf Dokumente aus dem Fundus des Whistleblowers Edward Snowden, das Kommunikationsnetz deutscher Regierungsbehörden sei im Visier der NSA und ihres britischen Partnerdienstes GCHQ gewesen.
In den ausgewerteten Unterlagen aus den Jahren 2008 bis 2011 seien hunderte Telefonnummern mit insgesamt 60 Ländervorwahlen als Überwachungsziele aufgeführt. Aus diesen Dokumenten gehe aber nicht hervor, ob und gegebenenfalls wie lange überwacht wurde - sowie welche Informationen dabei gesammelt worden seien, schreiben die drei Medien. In den Listen sei auch die Vorwahl des Telefonnetzes der Bundesregierung aufgeführt, das von Berliner Ministerien genutzt wird. Außerdem werde die damalige Nummer der deutschen Botschaft in Ruanda genannt.
Innenministerium: Netz sicher
Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte in einer ersten Reaktion, die Kommunikation innerhalb des Regierungsnetzes sei nach hiesigen Erkenntnissen sicher. Im Herbst war bereits bekanntgeworden, dass die NSA das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgehört hatte. Das sorgte für erhebliche Spannungen zwischen Berlin und Washington. Damals hieß es auch, Telefonnummern von mindestens 35 internationalen Spitzenpolitikern seien überwacht worden.
Wie "Spiegel", "Guardian" und "New York Times" jetzt weiter melden, wurden auch EU-Kommissar Joaquin Almunia und höchstwahrscheinlich auch Israels damaliger Regierungschef Ehud Olmert überwacht. Almunias Name finde sich unter anderem in einer Auswertung von Januar 2009, heißt es. Er war zu der Zeit inmitten der Finanz-Krise Wirtschaft- und Finanzkommissar. Außerdem werde Almunia in einem weiteren Dokument von 2008 erwähnt, in dem es um Verbindungen aus Frankreich in Richtung Afrika gehe. Almunia ist aktuell Wettbewerbskommissar und befasst sich auch mit diversen großen Fällen, die US-Unternehmen betreffen.
Der GCHQ betonte auf Nachfrage der Medien, dass es bei der Überwachung "definitiv nicht um Wirtschaftsspionage" gehe. Die EU-Kommission erklärte, wenn die Enthüllungen stimmten, sei dies inakzeptabel. "Das ist nicht die Art von Verhalten, das wir von unseren strategischen Partnern, geschweige denn von unseren eigenen Mitgliedsstaaten erwarten."
E-Mail-Adresse von Olmert
Ein Dokument von Januar 2009 - so die drei Medien weiter - enthalte eine E-Mail-Adresse, die ohne Nennung eines Namens dem israelischen Premierminister zugeordnet werde. Im Amt war damals Ehud Olmert. Außerdem enthalten die Listen eine E-Mail-Adresse, die von Verteidigungsminister Ehud Barak genutzt worden sei.
Der frührere US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden hatte im Frühsommer das umfangreiche, weltumspannende Ausspähprogramm der NSA enthüllt. Auf der Flucht vor der US-Justiz hat er im August Asyl in Russland erhalten.
wl/se (dpa, rtr)