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Abele wird zum König der Athleten

8. August 2018

Deutschland hat wieder einen König der Leichtathleten: Arthur Abele krönt sich zum ältesten Zehnkampf-Europameister der Geschichte. Es ist ein unerwarteter Triumph - denn im Winter stoppte ihn noch eine Gesichtslähmung.

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2018 European Championships - Berlin - Arthur Abele
Setzte sich die Krone auf: Arthur AbeleBild: Reuters/M. Dalder

Arthur Abele stürzte unter Freudentränen ins Ziel, dann setzte Maskottchen Berlino Europas neuem König der Athleten eine goldene Pappkrone auf. Und die steht ihm ziemlich gut. Artur Abele drehte freudestrahlend seine Ehrenrunde durch das Berliner Olympiastadion und konnte sein Glück kaum fassen. "Ich kann es nicht glauben, das ist einfach irre", stammelte Abele nach einem letzten packenden 1500-m-Kraftakt ins Stadionmikrofon.

Nach langen Jahren voller Verletzungen und bitterer Rückschläge hat Zehnkämpfer Abele mit Gold bei der Leichtathletik-EM in Berlin mit 32 Jahren die unerwartete Krönung zum Europameister erlebt. Abele hatte nach zwei Tagen und zehn Wettkämpfen 8431 Punkte auf dem Konto und setzte sich damit gegen den neutralen Athleten Ilja Schkurenjow (8321) sowie den Weißrussen Witali Schuk (8290) durch. Der deutsche Youngster Niklas Kaul (8220) wurde glänzender Vierter. Trotz der Ausfälle von Vizeweltmeister Rico Freimuth und Kai Kazmirek, dem WM-Dritten, erlebte Berlin die große deutsche Zehnkampf-Party: Abele war nur die etatmäßige Nummer drei im Team, Kaul nur nachgerückt, da Kazmirek kurzfristig passen musste.

Abele geht kalkulierbares Risiko

Abele, der die fünfte Medaille für das deutsche Team bei der EM holte, rollte dabei das Feld von hinten auf. Erstmals übernahm er nach dem Speerwurf, der vorletzten Disziplin, die Führung. Und gab sie bis zur Erschöpfung kämpfend über die 1500 m nicht mehr her. Dabei nutzte Abele die Gunst der Stunde: Topfavorit Kevin Mayer (Frankreich) hatte bereits am ersten Tag alle Titelhoffnungen begraben müssen. Der Weltmeister leistete sich drei ungültige Versuche im Weitsprung und stieg anschließend aus - und so war der Weg für Abele frei. "Für Kevin ist es natürlich schade, er war in einer megakrassen Form und wäre normal vorne weggezogen", sagte Abele: "Ich glaube, er wollte den Weltrekord angreifen und hat deshalb alles riskiert."

2018 European Championships - Berlin - Arthur Abele
Erst nach dem Speerwurf, der vorletzten Disziplin, übernahm Abele die FührungBild: Reuters/K. Pfaffenbach

Auch Abele riskierte alles, aber nicht zu viel. Das Kraftpaket mit dem hellen Schopf leistete sich keine Schwäche und schob auch kleinere Rückschläge wie die 4,60 Metern im Stabhochsprung schnell beiseite. Endlich belohnte sich der Familienvater für seinen großen Aufwand und sicherte sich die erste Medaille seiner Karriere. Seine beste internationale Platzierung war bisher Rang fünf bei der EM 2014.

Morgens mit einer Gesichtslähmung aufgewacht

Vermutlich hätte Abele, der schon bei der WM 2007 dabei war, längst mehr Erfolge gefeiert - doch viel zu oft machte dem Sportsoldaten der eigene Körper einen Strich durch die Rechnung. Ein Achillessehnenriss warf ihn zurück, ebenso Brüche von Unterschenkel und Nabel, dazu kamen ein Ellbogensehnenriss sowie Bandscheibenvorfall. Seine Krankenakte weist wohl so ziemlich jede Verletzung auf, die man sich vorstellen kann. Doch jeden Rückschlag steckte er weg.

Einer davon ging aber besonders tief. Die Erinnerungen an jene Horror-Nacht im vergangenen Winter sind noch frisch bei Abele. "Ich bin morgens aufgewacht und habe gedacht, ich hätte einen Schlaganfall gehabt. Es war eine einseitige Gesichtslähmung, genannt Fazialisparese. Dabei hatte sich ein Infekt über den Kiefer und das Mittelohr auf meinen Gesichtsnerv hinter dem linken Ohr gelegt", sagte Abele zuletzt: "Es ging sofort ins Bundeswehrkrankenhaus. Dort wurde mir Hirnwasser im Rücken entnommen und getestet. Denn es bestand die Gefahr, dass die Lähmung nie wieder weggehen würde." Aber Abele ist ein Kämpfer, rappelte sich wieder auf und wurde wieder gesund. 

Für ihn war der EM-Sieg der größte Erfolg seiner langen und mehrfach unterbrochenen Karriere, noch nie hatte er eine große Medaille im Zehnkampf gewonnen. Zudem sicherte er dem deutschen Leichtathletik-Team das erste Gold der "Heimspiele".

jw/rb (mit sid/dpa)