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Armstrong, der ungebetene Gast

Joscha Weber16. Juli 2015

Er ist zurück: Der ehemalige Rekordsieger Lance Armstrong stattet der Tour de France einen Besuch ab. Und die ist alles andere als erfreut. Dabei will der geständige Doper doch eigentlich nur Gutes.

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Lance Armstrong (AP Photo/Lionel Cironneau)
Bild: picture-alliance/AP Photo/Cironneau

Es ist wie früher: Alle Augen sind auf ihn gerichtet. Kameras, Fotoobjektive und Autogrammjäger lauerten Lance Armstrong bereits am Morgen auf, als er sein silbernes Titan-Rad ins Freie schob. Das kleine Örtchen Le Vernet im Département Alpes-de-Haute-Provence wurde zum Schauplatz der großen Armstrong-Show. Rund 100 Journalisten und 18 Kamerateams waren auf einem Supermarkt-Parkplatz in Le Vernet dabei, als der gestänidge Dopingsünder am Rande der Tour de France seine Rückkehr bei der Frankreich-Rundfahrt zelebrierte.

Immer noch austrainiert und gut gelaunt

Weißer Helm, schwarze Sonnenbrille, blaues Trikot und darunter ein zwar inzwischen etwas kräftigerer, aber immer noch ziemlich austrainierter Körper - Lance Armstrong präsentierte sich gut gelaunt und grinsend der wartenden Menge. "Manche Dinge ändern sich nicht", sagte er mit Blick auf das große Interesse um seine Person in Le Vernet. Von dort aus startet er zu einer Zwei-Etappen-Mission eines Charity-Rennens, das der Tour de France einen Tag vorausfährt. Der 43 Jahre alte US-Amerikaner nimmt auf Einladung des früheren Profifußballers Geoff Thomas daran teil. Mit der Charity-Aktion soll eine Summe von rund 1,4 Millionen Euro zusammengekommen, die für die Leukämie-Forschung gesammelt wird.

Lance Armstrong (Foto: dpa)
Der Blick zurück: Lance Armstrong und die Tour haben ein kompliziertes VerhältnisBild: picture-alliance/dpa

"Es ist schön, hier zu sein. Geoff hat etwas Großartiges ins Leben gerufen", sagte Armstrong und gab zu: "Ich verstehe, dass es Vorbehalte gibt. Das wird mich noch eine lange Zeit begleiten." Der frühere Radprofi hatte seine letzte Frankreich-Rundfahrt 2010 bestritten. Wegen Dopings waren ihm alle sieben Tour-Siege, die er zwischen 1999 und 2005 errungen hatte, aberkannt worden. Bei der Tour und im Radsport gilt er weiterhin als unerwünschte Person. Brian Cookson, Chef des Radsport-Weltverbandes UCI, findet es "respektlos und unangebracht", dass Armstrong der Tour einen Besuch abstattet. Es gebe viele andere Möglichkeiten, Geld für gute Dinge einzusammeln, sagt der Brite.

Verbal-Attacke gegen Chris Froome

Armstrong kann die ganze Aufregung nicht verstehen. "Dass Geoff und ich durch Frankreich radeln, ist nun wirklich das geringste Problem von Cookson", sagt Armstrong und hofft nach seinem notgedrungenen Doping-Geständnis vor zwei Jahren endlich auf Vergebung.

Gleichzeitig teilt der Texaner aber wie zu früheren Zeiten verbal aus: "Froome/Porte/Sky sind sehr stark. Zu stark, um sauber zu sein? Fragt mich nicht. Ich habe keine Indizien", twitterte der US-Amerikaner nach dem famosen Sieg des Briten auf der ersten Pyrenäenetappe nach La Pierre-Saint-Michel. Eine klare Provokation des geständigen Dopers Armstrong in Richtung des Tour-Führenden, auch wenn Armstrong kurz darauf zurückruderte und angeblich niemanden beschuldigen wollte.

Die Antwort von Froome ließ nicht lange auf sich warten: "Er ist nicht zurück bei der Tour," sagte Froome schmallippig, "er ist nicht zurück an der Startlinie der Tour de France oder etwas in dieser Art", meinte der Brite und bezeichnete die Charity-Etappe als "Non-Event". Armstrong beeilte sich zu sagen, dass er mitverantwortlich sei für das Misstrauen, das der aktuellen Fahrer-Generation entgegenschlägt. "Um ehrlich zu sein, vieles davon ist mein Fehler." Nur scheint ihm im Peloton kaum jemand diese Reue abzunehmen.

Was macht ein US-Postal-Betreuer bei Team Sky?

Die Gräben zwischen der Vergangenheit und Gegenwart des Radsports sind sichtbar, werden vielleicht aber auch absichtlich stark betont. Denn tatsächlich gibt es weiterhin Verbindungslinien zwischen beiden angeblich so unterschiedlichen Epochen dieser Sportart. So steht derzeit das Team Sky von Chris Froome massiv in der Kritik, weil es einen Betreuer verpflichtete, der früher auch für das Team US-Postal gearbeitet hat - die Mannschaft von Lance Armstrong.

Peter Verbeken hat US-Postal-Fahrer im Jahr 1999 betreut, dem Jahr, in dem Armstrong dank Epo und anderer verbotener Mittel überlegen seinen ersrten Tour-Sieg einfuhr. Aus Dopinggeständnissen diverser Fahrer und Verantwortlicher geht hervor, dass die sogenannten "Soigneurs" (Betreuer) nicht selten eine Schlüsselrolle im Dopingsystem der Radteams übernommen haben. Die von Team Sky allzu oft wiederholte "Zero-Tolerance"-Politik in Doping-Fragen erscheint vor diesem Hintergrund eher zweifelhaft.