Argentinien: Chronologie einer Verschuldung
Argentinien ist erneut zahlungsunfähig - zum zweiten Mal innerhalb von 13 Jahren. Die Verhandlungen zwischen dem Land und seinen Gläubigern haben nichts gebracht. Die Situation ist verfahren. Doch wie kam es dazu?
Die Wurzeln reichen 13 Jahre zurück
Die Auslandsverschuldung hält Argentinien seit 2001 in Atem. Damals erklärte die Regierung in Buenos Aires inmitten einer tiefen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Krise den Zahlungsausfall. Wir zeigen eine Chronologie der Ereignisse von den Anfängen bis heute.
Der bislang größte Zahlungsausfall eines Staates
Am 23. Dezember 2001 verkündet der argentinische Übergangspräsident Adolfo Rodríguez Saá die Einstellung der Schuldenzahlung - unter Applaus der Parlamentarier. Zu diesem Zeitpunkt belaufen sich die Anleiheschulden auf rund 100 Milliarden US-Dollar. Das Land befindet sich seit Jahren in einer schweren Rezession, der fest an den US-Dollar gekoppelte argentinische Peso ist stark überbewertet.
Nur Zinsen werden gezahlt
Anfang 2002 wird Eduardo Duhalde neuer Übergangspräsident Argentiniens. Im Dezember jenen Jahres erklärt er schließlich, dass Argentinien nur die Zinsen für die Auslandsschulden bezahlen werde. Um die Wirtschaftskrise in den Griff zu bekommen, löst er die feste Bindung des Peso an den Dollar. Der Peso verliert stark an Wert.
Argentinien will nur 25 Prozent zurückzahlen
Im Mai 2003 wird Néstor Kirchner, der verstorbene Mann der heutigen argentinischen Präsidenten Cristina Fernández de Kirchner, neuer Präsident. Im September 2003 schlägt sein Wirtschaftsminister Roberto Lavagna (Bild) den Gläubigern einen Kapitalschnitt von 75 Prozent vor. Diese weisen den Deal zurück.
Verbessertes Angebot in drei Varianten
Die Regierung bietet den Gläubigern 2004 einen durchschnittlich geringeren Kapitalschnitt durch die Einführung von drei neuen Bondstypen an: Einen ohne Abschlag mit niedrigem Zinssatz bei längerer Laufzeit, einen mit einem Abschlag von fast 70 Prozent, höherem Zinssatz und kürzerer Laufzeit und einen, der an die Inflationsrate gebunden ist und einen Kapitalschnitt von 30 Prozent bedeutet.
2005: Die Umschuldung beginnt
Rund 75 Prozent der Gläubiger nehmen das Angebot an. Der durchschnittliche Kapitelschnitt beträgt gut 65 Prozent. Über den Rest - Anleihen im Werte von rund für 20 Milliarden Dollar - wird weiter gestritten. Zu den Gläubigern gehören Hedgefonds, die in der Krise argentinische Staatsanleihen billig gekauft haben und die vollständige Begleichung zum Nennwert fordern.
Dauerstreit mit dem IWF
Die Regierung betont, dass sie kein neues Umschuldungsangebot machen will, obwohl der Internationale Währungsfonds (IWF) dies fordert. Der hat Argentinien schon mehrfach finanziell ausgeholfen, das Land kritisiert aber die Auflagen, macht den Fonds gar für die Krisen verantwortlich. Im Januar 2006 zahlt Argentinien seine Schulden vorzeitig an den IWF zurück, um weitere Einmischungen zu verhindern.
Argentinien einigt sich mit Spanien
2007 einigen sich Argentinien und Spanien auf eine Umstrukturierung der Schulden aus einem Kredit, den Spanien dem südamerikanischen Land 2001 gewährt hatte. Die Schulden belaufen sich auf rund 1 Milliarde Dollar. Die Rückzahlung soll über sechs Jahre laufen.
Gescheiterte Einigung
Argentinien schuldet den im Pariser Club zusammengeschlossenen Gläubigerländern rund sieben Milliarden Dollar. Der Club besteht aber auf der Beteiligung des IWF. Im September 2008 verkündet Buenos Aires dennoch, die Schulden auf einen Schlag begleichen zu wollen. Zwei Wochen später ist Lehman Brothers insolvent und die Weltfinanzkrise bricht aus - Argentinien macht einen Rückzieher.
Zweite Umschuldung
2010 macht die Regierung um Cristina Fernández de Kirchner ein neues Umschuldungsangebot mit einem Kapitelschnitt von 66 Prozent für institutionelle Investoren und 50 Prozent für private Anleger. 66 Prozent der Anleihegläubiger, bei denen Argentinien in Verzug ist, akzeptieren das Angebot.
Hedgefonds wollen ihr Geld
Die Hedgefonds, mit denen sich Argentinien nicht einigen kann und die die Regierung als "Geierfonds" bezeichnet, tragen den Streit vor ein US-Gericht. Das ist deshalb möglich, weil Argentinien seine Anleihen nach US-Recht ausgegeben hatte, um diese attraktiver für Investoren zu machen. Es geht um 1,5 Milliarden Dollar.
Das Urteil des Thomas Griesa
Der US-Richter Thomas Griesa stellt sich auf die Seite der Hedgefonds. 2012 urteilt er, dass Argentinien 100 Prozent der Forderungen der Hedgefonds NML Capital und Aurelius für Bonds zahlen muss. Sie hatten zuvor andere Angebote abgelehnt. Er kritisiert außerdem Aussagen der argentinischen Regierung, nach denen sie "nicht einen Dollar an die Geierfonds zahlen werde".
Einigung mit dem Pariser Club
Argentinien legt Einspruch gegen das Urteil ein, der Oberste Gerichtshof der USA bestätigt das Urteil aber. Im Mai 2014 einigt sich die Regierung jedoch mit dem Pariser Club, ihre Schulden von rund sieben Milliarden Dollar innerhalb von fünf Jahren zu bezahlen.
Neuer Zahlungsausfall
Wenn Argentinien die kompletten Schulden an die Hedgefonds zahlt, besteht die Befürchtung, dass Gläubiger, die der Umschuldung 2005 zustimmten, auch 100 Prozent ihres Geldes zurückfordern könnten. Argentinien müsste dann rund 120 Milliarden Dollar zahlen - wozu das Land nicht in der Lage ist. Die Barreserven des Landes belaufen sich auf 30 Milliarden Dollar.