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Deutsche wollen weniger Flüchtlinge aufnehmen

30. Januar 2025

CDU und CSU wollen die Asylpolitik verschärfen. Damit treffen sie einen Nerv bei den Bürgern. Die meisten sind allerdings für europäische Lösungen und gegen deutsche Alleingänge.

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Ein Mann betritt neben einem Schild vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Landesaufnahmebehörde Niedersachsen am Standort Braunschweig.
Einlass am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Braunschweig. Bild: Julian Stratenschulte/dpa/picture alliance

Der 29. Januar 2025 wird in Erinnerung bleiben. CDU und CSU, die als Union die größte Oppositionskraft im Bundestag bilden, stellten einen "Fünf-Punkte-Plan" zur Verschärfung der Asyl-Politik zur Abstimmung. SPD und Grüne, die seit dem Platzen der sogenannten Ampel-Koalition eine Minderheitsregierung bilden, stimmten dagegen, ebenso die Linkspartei. Allein mit der FDP hätte die Union keine Mehrheit für ihren Antrag gehabt.

Mehrheitsbeschafferin wurde die in Teilen rechtsextreme AfD. Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat der Union, nahm die Stimmen der AfD billigend in Kauf. Entscheidend sei, "das Richtige zu tun, auch wenn die Falschen" zustimmten. Wie die Bürger das Vorgehen von Merz beurteilen, ist im aktuellen ARD-Deutschlandtrend aufgrund des Erhebungszeitraums noch nicht abgebildet. Doch nicht zuletzt nach dem tödlichen Messerangriff in Aschaffenburg haben die Deutschen Sympathien für durchgreifende Änderungen in der Migrationspolitik. 68 Prozent meinen, dass Deutschland weniger Flüchtlinge aufnehmen soll.

22 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Aufnahme in der aktuellen Größenordnung bleiben soll. Drei Prozent könnten sich vorstellen, mehr Flüchtlinge aufzunehmen. Das Meinungsforschungsinstitut infratest-dimap hat für den ARD-Deutschlandtrend zwischen dem 27. und 29. Januar repräsentativ 1336 wahlberechtigte Deutsche befragt. 

Grenzen kontrollieren und Asylbewerber abweisen?

Der Plan der CDU/CSU verlangt unter anderem "dauerhafte Grenzkontrollen" zu den Nachbarstaaten sowie die "Zurückweisung ausnahmslos aller Versuche illegaler Einreise". Dies soll auch für Asylsuchende gelten. Auch wenn der Antrag im Bundestag angenommen wurde, hat er keine rechtliche Bindung, sondern ist nur eine politische Absichtserklärung. Eine Mehrheit der Deutschen würde laut ARD-Deutschlandtrend die Forderungen der Union aber gutheißen.

67 Prozent der Befragten fänden dauerhafte Grenzkontrollen richtig. 57 Prozent sind dafür, Menschen ohne gültige Einreisepapiere den Zutritt nach Deutschland grundsätzlich zu verwehren - auch, wenn die Menschen Asyl beantragen wollten.

Verstoßen die Forderungen der Union gegen europäisches Recht?

Unklar ist, ob solche Maßnahmen mit europäischem Recht vereinbar wären oder dagegen verstoßen würden. Bei einem Treffen der EU-Innenminister in Warschau gab es bereits Kritik. Innerhalb des sogenannten Schengen-Raums gilt das Prinzip offener Grenzen. Um irreguläre Zuwanderung nach Deutschland zu reduzieren, führt die Bundespolizei seit Herbst bereits an allen Landesgrenzen Kontrollen durch, die bis März 2025 befristet sind.

Luxemburg kündigte einen Einspruch bei der EU-Kommission an, sollte Deutschland eine Verlängerung der bereits bestehenden Kontrollen beantragen. Auch Spanien kritisierte, im Schengen-Raum müssten die Grenzen grundsätzlich offen bleiben.

Trotz der laufenden Grenzkontrollen ist im ARD-Deutschlandtrend nur eine Minderheit der Befragten der Ansicht, dass Deutschland die Art und Weise, wie Flüchtlinge ins Land kommen, im Griff hat. Nur jeder Zehnte attestiert den Behörden, Identität und Zahl erfolgreich zu kontrollieren.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) versicherte ihren EU-Amtskollegen, Deutschland werde weiterhin auf europäische Lösungen setzen. "Oberste Priorität hat für uns nach wie vor die schnellstmögliche Umsetzung des gemeinsamen Asyl- und Migrationspakts" der EU, sagte Faeser in Warschau. Auch im Zusammenhang mit Abschiebungen sprach sich Faeser für ein EU-weit einheitliches Vorgehen aus. "Ein effektives Rückkehrsystem auf europäischer Ebene ist zwingend", betonte die Ministerin.

Die meisten Deutschen sehen es wie die Bundesinnenministerin. 61 Prozent der für den ARD-Deutschlandtrend Befragten setzen auf gemeinsame europäische Lösungen in der Flüchtlingskrise. Lediglich bei den Anhängern der AfD favorisiert eine Mehrheit nationale Alleingänge.

Miese Stimmung in Deutschland 

Deutlich negativ präsentiert sich drei Wochen vor dem Wahltermin die Grundstimmung der Bundesbürger. Für 83 Prozent liefern die derzeitigen Verhältnisse in Deutschland Anlass zur Beunruhigung, 13 Prozent sehen Gründe für Zuversicht. Sorgen bereitet den Wahlberechtigten neben der Zuwanderung vor allem die wirtschaftliche Lage. Mehr als ein Viertel der Befragten nennen die beiden Themen. 20 Prozent beunruhigen die kriegerischen Auseinandersetzungen und Konflikte in der Welt. Über einen Rechtsruck in der Gesellschaft machen sich 18 Prozent Sorgen. 

Jeder Vierte meint, dass von den Parteien in Deutschland derzeit keine für Optimismus sorgt. Auch mit CDU/CSU als derzeit stärkster Kraft in den Wahlumfragen verbinden nur 23 Prozent Zuversicht, mit Friedrich Merz als möglichem künftigen Kanzler 21 Prozent. Wenn bereits am kommenden Sonntag ein neuer Bundestag gewählt würde, kämen die Unionsparteien auf 30 Prozent (-1). Die SPD liegt in der Umfrage unverändert bei 15 Prozent. Diesen Wert würden auch die Grünen erreichen, die damit leicht zulegen (+1). Die AfD käme auf 20 Prozent Zustimmung, die Linkspartei auf fünf Prozent. FDP und BSW würden knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheitern. 

Nur die Hälfte der Wähler hat sich bereits festgelegt

Bis zum Wahltag am 23. Februar ist Bewegung in der Zustimmung immer noch möglich. Laut infratest-dimap steht lediglich für gut die Hälfte der Wahlberechtigten ihre Entscheidung bereits fest. Immerhin gut jeder fünfte Wahlberechtigte (21 Prozent) gibt an, dass sich seine derzeitige Parteipräferenz bis zum Wahltag noch ändern könnte. Etwa jeder Vierte (23 Prozent) neigt zur Nichtwahl beziehungsweise lässt bislang keine Neigung zu einer Partei erkennen.

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