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Angst vor Eskalation

22. Februar 2008

Die seit Jahren größte türkische Bodenoffensive gegen kurdische Rebellen im Nordirak hat international Besorgnis ausgelöst. Bundesregierung und EU befürchten die Destabilisierung der ganzen Region.

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Türkische Panzer auf dem Weg in den Nordirak
Türkische Panzer auf dem Weg in den NordirakBild: AP

Laut türkischen Medien sind mehr als 10.000 türkische Soldaten bis zu zehn Kilometer tief in das Nachbarland eingedrungen. In Bagdad hieß es dagegen, es hätten lediglich ein paar hundert Kräfte die Grenze überschritten. Die von der türkischen Luftwaffe und Artillerie vorbereitete Offensive der Bodentruppe gegen Rebellen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) begann nach Angaben des Generalstabs in Ankara bereits am Donnerstagabend (21.02.2008).

Die Militäraktion richte sich einzig gegen die PKK und nicht gegen die nordirakischen Kurden, betonte der Generalstab. Zudem sei der Einsatz zeitlich begrenzt. Medienberichten zufolge soll die Bodenoffensive 15 Tage dauern. Diesen Zeitraum hätten Sicherheitsvertreter genannt, berichtete der Nachrichtensender CNN Türk am Freitag. Bei der Offensive sind nach kurdischen Angaben zwei türkische Soldaten getötet worden.

Sprecher der USA weicht Fragen aus

Bei früheren Bodeneinsätzen musste die Türkei auch Landminensuchgeräte einsetzen
Bei früheren Bodeneinsätzen musste die Türkei auch Landminensuchgeräte einsetzenBild: AP

Dabei waren sowohl die USA als auch der Irak vorab über die Offensive informiert worden. Das bestätigte das Weiße Haus am Freitag. "Wir wurden unterrichtet, und wir haben die türkische Regierung aufgefordert, ihre Einsätze zu begrenzen", sagte US-Präsidentensprecher Scott Stanzel in Washington. Die USA hätten der Türkei geraten, bei ihrem Einsatz "präzise auf die PKK abzuzielen" sowie Umfang und Dauer der Operationen zu begrenzen.

Auf Journalisten-Fragen, ob die USA bei der Koordinierung der Offensive geholfen hätten, antwortete der Sprecher lediglich, die USA pflegten als NATO-Verbündeter seit langem einen geheimdienstlichen Austausch mit der Türkei. Dieser Austausch sei im Hinblick auf die PKK intensiviert worden.

Maliki versteht die Türkei

Der irakische Ministerpräsident Nuri el Maliki mahnte die Türkei, die Souveränität seines Landes zu respektieren. Bei einem Gespräch mit dem türkischen Regierungschef Erdogan nach Beginn der Offensive habe Maliki auch Verständnis für die Türkei geäußert, deren Sicherheit durch die PKK im Nordirak bedroht werde, teilte Malikis Sprecher mit.

Dagegen warnte die Bundesregierung vor einer Eskalation. Außenamtssprecher Martin Jäger sagte, die Regierung verfolge die Entwicklung "mit großer Sorge". Die Präsenz türkischer Truppen im Irak sei ein "nicht unerhebliches Destabilisierungsrisiko". EU-Chefdiplomat Javier Solana sagte zum Abschluss eines Treffens der EU-Verteidigungsminister im slowenischen Brdo: "Die Aktion ist nicht die beste Antwort." Die EU habe zwar grundsätzlich Verständnis für die türkischen Probleme mit der PKK. "Aber die territoriale Integrität des Iraks ist uns sehr wichtig", sagte Solana.

40.000 Tote

Auch UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Regierung in Ankara auf, die irakischen Grenzen zu respektieren. Von den kurdischen Kämpfer der verbotenen Arbeiterpartei PKK verlangte er im Gegenzug, nicht länger in die Türkei einzudringen und keine Terror-Anschläge mehr zu verüben.

Die Türkei hatte seit Herbst bis zu 100.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen, aber eine große Bodenoffensive bislang unter dem Druck der USA aufgeschoben. Die PKK kämpft seit 1984 für einen eigenen Staat und hat rund 3000 Kämpfer auf irakischem Boden. Ankara wirft der politischen Führung in der autonomen kurdischen Regierung im Nordirak vor, nicht ausreichend gegen die PKK-Rebellen vorzugehen, die die Grenzregion als Rückzugsgebiet für ihren Kampf gegen die Regierung in Ankara nutzen. Der Konflikt hat laut Expertenschätzungen bislang rund 40.000 Menschen das Leben gekostet. (ag)