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Der Kampf um den Lebenstraum

Christian Ebner dpa
7. Dezember 2021

Im Corona-Schock dampft Lufthansa die Pilotenausbildung ein. Doch was geschieht mit den Flugschülern, die mit ihrer Ausbildung noch nicht fertig waren? Der Kampf um ihre Lebensträume führt vor die Gerichte.

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Lufthansa Pilotenausbildung
Bild: Kathrin Schubert/imago-images

Schon beim ersten Flug als Passagier war es um den jungen Mann geschehen. "Ich wusste sofort: Pilot ist das, was ich machen will", berichtet der Lufthansa-Flugschüler, der nun für seinen Lebenstraum vor Gericht zieht. Am Mittwoch (8. Dezember) werden am Arbeitsgericht Frankfurt voraussichtlich die ersten Klagen von Lufthansa-Flugschülern und Schülerinnen verhandelt, deren Ausbildung in der Corona-Krise abgebrochen wurde. Fortsetzen will die Ausbildungstochter Lufthansa Aviation Training (LAT) ihre Lehrgänge nur unter stark veränderten Bedingungen.

"Verträge sind zu erfüllen", sagt hingegen die Frankfurter Anwältin Martina Stickler-Posner, die nach eigenen Angaben bereits 100 Klagen eingereicht hat und weitere rund 200 Flugschüler juristisch berät. Insgesamt sollen Anwälten zufolge bis zu 400 Flugschüler zu juristischen Schritten bereit sein.

Ausbildung meist nur noch unter dem Niveau der Lufthansa-Mutter

Ein größerer Teil von ihnen gehört zu der handverlesenen Elite, die sich bereits von der Verkehrsfliegerschule Bremen auf dem direkten Weg in die Cockpits der Lufthansa-Kerngesellschaft wähnte, wie schon seit 1955 viele Piloten-Generationen vor ihnen. Doch der Lufthansa-Konzern hat sich von dem Modell verabschiedet, Piloten in einem speziellen MPL-Ausbildungsgang (Multicrew Pilot Licence) allein für die Bedürfnisse ihrer Haupt-Airline und der Lufthansa Cargo auszubilden.

Stattdessen sollen künftig sämtliche Absolventen den allgemeineren ATPL-Abschluss (Airline Transport Pilot Licence) erreichen und sich damit bei allen Konzerngesellschaften bewerben, die meist deutlich unter dem Niveau der Lufthansa-Mutter zahlen.

Lufthansa Pilotenausbildung
Flugsimulator in SchoenefeldBild: Jochen Eckel/imago images

Der neue LAT-Chef Matthias Spohr, jüngerer Bruder des Konzernchefs Carsten Spohr, setzt angesichts der schrumpfenden Konzernflotte harte Schnitte im Ausbildungssystem des Konzerns durch, die deutlich Kosten einsparen sollen. Die traditionsreiche Verkehrsfliegerschule Bremen wird durch eine Neuorganisation ersetzt und ihre praktischen Ausbildungsteile nach Rostock-Laage verschoben. Bereits verkauft ist die seit 1955 betriebene Flugschule in Goodyear im US-Staat Arizona, an der künftige LAT-Schüler nur noch Gast der neuen Betreiberin United sein werden.

Gleichwertige Alternative im Angebot?

Die von der Corona-Krise kalt erwischten Flugschüler sollen nach dem Willen der LAT ihre Ausbildung entweder abbrechen oder bei der privaten Flugschule TFC Käufer in Essen vollenden, dann allerdings ohne garantierte Übernahme. "Das ist eben nicht die vereinbarte Ausbildung", sagt dazu die Anwältin Stickler-Posner.

Corona bremst Flugschüler aus

Der betroffene Flugschüler will seine günstigen Karriereperspektiven aus dem MPL-Lehrgang nicht verlieren, will sich auch nicht in einem neuen Auswahlverfahren noch einmal qualifizieren müssen. Und selbst wenn es bei der Lufthansa nicht weitergehen sollte, wäre nur eine MPL-Lizenz von einer der weltweit renommiertesten Flugschulen auf dem engen Piloten-Arbeitsmarkt ein echter Startvorteil, sagt er.

Dass Lufthansa in den kommenden Jahren kaum einen Bedarf an jungen Piloten haben könnte, mag der Kläger nicht recht glauben. "Wir haben derzeit zwar eine sehr heftige Krise, aber keinen Einschnitt für immer. Wenn sich der Verkehr in den Jahren 2024/2025 wieder normalisiert und die vielen Babyboomer langsam in den Ruhestand gehen, ist der Bedarf ganz positiv."

"Der ursprüngliche Schulungsvertrag kann nicht mehr umgesetzt werden", sagt aber ein Sprecher der LAT. Die angebotene Alternative sei gleichwertig. Er verweist auch auf den gekündigten Tarifvertrag mit der Vereinigung Cockpit, der bislang den exklusiven Zugang der Bremer Schüler in die Lufthansa geregelt hat.

Einen ersten arbeitsrechtlichen Dämpfer hat die LAT allerdings bereits erhalten: Im Eilverfahren hat das Arbeitsgericht eine einstweilige Verfügung bestätigt, nach der zehn weit fortgeschrittene Schüler an der US-Flugschule zu Ende ausgebildet werden müssen.

Diesen Beschluss hat dieselbe Richterin gefasst, die nun für die Einzelklagen der Flugschüler zuständig ist. Für die Anwälte der LAT war dies der Anlass zu Befangenheitsanträgen, die zumindest dazu geführt haben, dass die für den 1. Dezember geplanten Verhandlungen ins neue Jahr vertagt wurden.