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GesellschaftDeutschland

Amnesty: "Europaweiter Angriff" auf Versammlungsfreiheit

9. Juli 2024

Die Versammlungsfreiheit ist klassisches Grundrecht. Doch wie steht es aktuell eigentlich darum in den Staaten Europas? Das untersuchte jetzt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International.

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Während einer Straßenblockade der Gruppe Letzte Generation in Köln führen Polizisten einen der Demonstranten ab (März 2024)
Während einer Straßenblockade der Gruppe Letzte Generation in Köln führen Polizisten einen der Demonstranten ab (März 2024)Bild: Hesham Elsherif/Anadolu/picture alliance

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert den Umgang zahlreicher europäischer Länder mit politischen Protesten. Ihr Bericht zum Zustand des Rechts auf Protest in 21 europäischen Ländern, darunter Deutschland, zeige, dass die Versammlungsfreiheit in vielen Ländern eingeschränkt werde. Abweichende Meinungen würden durch Überwachung, Gewalt, Verbote oder Einschüchterung unterdrückt.

Der Bericht mit dem Titel "Under-protected and over-restricted: The state of the right to protest in 21 countries in Europe" spricht von repressiven Gesetzen, unverhältnismäßiger Gewaltanwendung, willkürlichen Festnahmen sowie ungerechtfertigten oder diskriminierenden Einschränkungen. Friedliche Demonstranten würden stigmatisiert, kriminalisiert und angegriffen. Nach Ansicht der Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Julia Duchrow, zeichnen die Recherchen "ein zutiefst beunruhigendes Bild eines europaweiten Angriffs auf die Versammlungsfreiheit".

Übermäßige Gewalt und Diffamierung

Der Bericht stellt eine weit verbreitete Anwendung übermäßiger Gewalt durch die Polizei gegen friedliche Demonstrierende dar. Von 2020 bis September 2023 gab es demnach bei Protesten zahlreiche Beispiele für übermäßige oder unnötige Gewaltanwendung. Darin enthalten seien auch Vorfälle, die Folter gleichkämen. "Die Recherche ergab außerdem, dass es in mindestens 13 der 21 untersuchten Länder, darunter auch Deutschland, Fälle von Straflosigkeit oder mangelnder Rechenschaftspflicht der Polizei gibt", kritisierte Amnesty.

Polizisten stehen vor einen Gruppe Demonstranten, die die Straße blockieren
Laut dem Bericht von Amnesty International wird die Arbeit der Polizeibehörden nicht genügend überprüft (Symbolbild)Bild: Stefan Sauer/dpa/picture alliance

Zudem könne man auch einen Trend zur Diffamierung von Protesten sowie eine zunehmende Darstellung von friedlichem zivilem Ungehorsam als Bedrohung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung beobachten. So hätten Behörden in Deutschland, Italien, Spanien und der Türkei Klimaaktivisten als "Öko-Terroristen" oder "Kriminelle" bezeichnet. Zugleich hätten sie diese "auch mit Maßnahmen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität und unter Heranziehung terrorismusbezogener Gesetze ins Visier genommen".

Kritische Schutzvorkehrungen

Amnesty übt nicht nur Kritik an dem Umgang mit den Protesten selbst, sondern auch an den Präventivmaßnahmen in Deutschland, Italien und dem Vereinigten Königreich. Diese ermöglichten es, "Personen von bestimmten Orten oder zukünftigen Aktivitäten auszuschließen und in einigen Fällen sogar in Haft zu nehmen , um sie an der Teilnahme an Aktionen des zivilen Ungehorsams zu hindern".

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Außerdem sei ein zunehmender Einsatz invasiver Überwachungstechnologien zu beobachten, der zu "Abschreckung und Einschüchterung und damit zu einer systematischen Einschränkung des Demonstrationsrechts" führe. Europaweit schränkten Behörden zudem vor allem pro-palästinensische Proteste ein oder verböten sie ganz. Diese Maßnahmen sind aus Sicht der Menschenrechtsorganisation oft unverhältnismäßig. 

ch/sti (epd, dpa)