1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
KonflikteÄthiopien

Amnesty: Eritrea begeht Kriegsverbrechen in Tigray

4. September 2023

Menschenrechtler berichten von schweren Gräueltaten eritreischer Soldaten im Nachbarland Äthiopien. Es geht um ermordete Zivilisten, versklavte Frauen und Plünderungen in Tigray.

https://p.dw.com/p/4VxJK
Vertriebene vor UN-Zelten
Vertriebene in einem Flüchtlingslager in Tigray (Aufnahme vom 17.07.2023) Bild: Million Haileselasie/DW

Eritreische Soldaten haben nach Erkenntnissen von Amnesty International im benachbarten Äthiopien auch nach der Waffenstillstandsvereinbarung Kriegsverbrechen in der nördlichen Region Tigray verübt. Die Militärs hätten im Anschluss an das Abkommen vom November weiter Zivilisten getötet, Frauen vergewaltigt und versklavt sowie Dörfer geplündert, erklärte die Menschenrechtsorganisation in Kenias Hauptstadt Nairobi bei der Veröffentlichung eines entsprechenden Berichts. Die Studie dokumentiert Verbrechen bis Anfang 2023. Die Taten kämen Kriegsverbrechen und möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleich, schreiben Autorinnen und Autoren des Berichts.

Hintergrund des zweijährigen Krieges in Tigray war ein Machtkampf um die Kontrolle dort zwischen der äthiopischen Zentralregierung und der in der Region regierenden Volksbefreiungsfront von Tigray (TPLF). Unter Vermittlung der Afrikanischen Union (AU) schlossen Äthiopiens Regierung und die TPLF am 2. November 2022 einen Waffenstillstand. Die eritreischen Streitkräfte unterstützten zu diesem Zeitpunkt die äthiopische Armee, wurden in der Vereinbarung aber kaum erwähnt.

Sexualisierte Gewalt trotz Friedensabkommen

Amnesty-Mitarbeiter sprachen mit elf Frauen, die angaben, nach Abschluss des Waffenstillstands vergewaltigt oder sexuell versklavt worden zu sein. Zusätzlich schilderten mehr als 40 Frauen einer lokalen zivilgesellschaftlichen Organisation ähnliche Vorfälle. Einige seien in einem Militärlager der eritreischen Streitkräfte vergewaltigt worden, andere in ihren eigenen Häusern oder in von den Streitkräften besetzten Gebäuden, heißt es in dem Bericht.

Zeugen berichten von vorsätzlichen Tötungen

Amnesty sprach außerdem mit Zeugen und Familienangehörigen von mindestens 20 Zivilisten, die bei Hausdurchsuchungen durch eritreische Streitkräfte vorsätzlich getötet worden seien. Darüber hinaus habe ein lokaler Sozialarbeiter mehr als 100 außergerichtliche Hinrichtungen von Zivilisten gezählt. Diese habe Amnesty jedoch nicht unabhängig bestätigen können.

Seit Kriegsbeginn im November 2020 hat Amnesty Verbrechen gegen das Völkerrecht und andere Menschenrechtsverletzungen durch alle Konfliktparteien, einschließlich der eritreischen Streitkräfte, dokumentiert. Die Organisation mahnte Eritrea und Äthiopien, Verbrechen gegen das Völkerrecht wirksam zu untersuchen und strafrechtlich zu verfolgen.

Mitarbeiter des AU-Beobachterteams im Mai in Tigrays Hauptstadt Mekele
Mitarbeiter des AU-Beobachterteams im Mai in Tigrays Hauptstadt Mekele Bild: Million Hailesilassie/DW

Auch fordert Amnesty, dass die AU dringend ihre Untersuchungskommission zur Lage in der Region Tigray wieder einberufen soll. Im Juni 2023 wurde das Mandat beendet, bevor das Gremium einen Abschlussbericht vorgelegt hatte. Auch die Vereinten Nationen (UN) sollten ihre Untersuchungen fortführen und veröffentlichen.

Nach UN-Schätzungen wurden seit November 2020 in der Tigray-Region rund 600.000 Menschen getötet. Mehrere Millionen Frauen, Kinder und Männer wurden vertrieben. Die Forschungsgruppe International Crisis Group (ICG) bezeichnete den Konflikt im Norden Äthiopiens, wo gut sieben Millionen Menschen leben, als "einen der tödlichsten weltweit".

se/mak (epd, dpa, afp)