Alltagsgeschäft Erpressung
Zur Zeit ist DHL das Ziel. Das Schicksal, Opfer von Erpressern zu werden, teilt der deutsche Logistiker mit vielen anderen Unternehmen weltweit. Reich werden damit die wenigsten, viele Fälle werden gar nicht bekannt.
Angst in der Weihnachts-Paket-Zeit
Mitten in der Vorweihnachtszeit - wo besonders viele Pakete verschickt werden - landete eines mit explosivem Inhalt in einer Potsdamer Apotheke. Diese Paketbombe soll DHL davon überzeugen, eine Millionensumme an den oder die Erpresser zu zahlen, andernfalls könnten weitere unliebsame Päckchen verschickt werden.
Paketflut kann noch steigen vor Weihnachten
Im Jahresdurchschnitt transportiere die Post rund vier Millionen Pakete pro Tag, derzeit seien es teilweise über sieben Millionen, heißt es von DHL. Zum Höhepunkt des Weihnachtsgeschäfts werde sogar mit über acht Millionen gerechnet. Es sei daher unmöglich, jede einzelne Sendung zu überprüfen. Immer wieder werden Unternehmen erpresst - mit Bomben, mit lahmgelegten Computern oder auch mit Gift.
Angriff an der schwächsten Stelle
Es ist der Alptraum junger Eltern: Gift im Babybrei. Im September diesen Jahres hatte ein Erpresser in fünf Supermärkten in Friedrichshafen vergiftete Gläschen ins Regal gestellt. Zwar hatte er danach mitgeteilt, wo die Gläser stehen. Aber auch gedroht, weitere Lebensmittel zu vergiften, wenn nicht ein zweistelliger Millionenbetrag an Lösegeld gezahlt würde. Der Mann wurde schnell gefasst.
Hohe Dunkelziffer
Überhaupt - die Drohung, Lebensmittel zu vergiften, ist eine beliebte Erpressermasche. Wie häufig genau solche Erpressungen sind, weiß niemand. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes würden solche Taten nicht separat erfasst. Experten schätzen die Dunkelziffer aber hoch ein.
Viele Erpresser - wenig Lösegeld
"Bei den sieben bis zehn größten Lebensmittelkonzernen gehen pro Woche etwa zehn bis zwölf [Erpresser] Schreiben ein", sagt Frank Roselieb, Direktor des Instituts für Krisenforschung in Kiel gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Über alle Branchen seien es 2016 etwa 150 Erpressungen pro Woche und 7800 pro Jahr gewesen.
Am Ende werden die meisten erwischt
Dabei würden Entführungs-Drohungen seltener umgesetzt, als Lebensmittel-Erpressungen, erklärt Roselieb. Hier würden drei von vier Tätern zuschlagen. Am Ende aber zahlten die Unternehmen selten das Lösegeld und die Aufklärungsquote sei hoch - "sie liegt bei den wirklich großen Fällen bei 80 bis 90 Prozent", meint Roselieb.
Aus der Traum von Spanien
So wurden im Oktober 2017 zwei Männer zu fast drei Jahren Gefängnis verurteilt, weil sie versucht hatten, den Lebensmittel-Discounter Lidl mit vergifteten Produkten zu erpressen. Etwa ein Jahr davor wurde ein Pärchen festgenommen, das über Jahre Lidl mit kleinen Bombenanschlägen erpresst hatte. Ihr Traum: Mit dem Geld nach Spanien zu ziehen. Nun müssen die beiden erstmal eine Haftstrafe verbüßen.
Vorsicht: Tiefkühlpizza und Gummibärchen
Nur noch 3 Euro hatte ein 74jähriger Rentner angeblich im Portemonnaie, als er beschloss, Erpresser zu werden. Sein Geschäftsmodell: Die Vergiftung von Tiefkühlpizza und Gummibärchen. Erst drohte er Lidl, als keine Reaktion kam, Haribo und Kaufland. Eine Million Euro in der Internet-Währung Bitcoin forderte er. Zwar hatte er im Endeffekt nichts vergiftet, musste aber trotzdem ins Gefängnis.
Immer öfter kommen Erpresser über das Internet
Die Schadsoftware "WannaCry" blockierte im Mai 2017 über ein einziges Wochenende 200.000 Computer in 150 Ländern. Nur wer Lösegeld zu zahlen bereit war, sollte wieder Zugriff auf seine Rechner erhalten, so die Erpresser. Anzeigentafeln der Deutschen Bahn zeigten Fehlermeldungen an. Beim Autobauer Renault wurde für Tage die Produktion zurückgeworfen, in britischen Krankenhäusern herrschte Chaos.
Nächster Angreifer: Petya
Im Juni diesen Jahres griff "Petya" weltweit Unternehmen an, darunter die Deutsche Post, der Handelsriese Metro, der Nivea-Hersteller Beiersdorf, die weltgrößte Reederei Moller-Maersk und der russische Ölkonzern Rosneft. Auch Petya legte Computer lahm, indem er Festplatten verschlüsselte. Zugriff wurde den Geschädigten erst wieder nach Zahlung von 300 Dollar in der Cyberwährung Bitcoin gewährt.
Einer der bekanntesten Erpresser in Deutschland
Im Juni 1992 erscheint im "Hamburger Abendblatt" eine kuriose Anzeige: "Onkel Dagobert grüßt seine Neffen." Es ist kein Scherz, sondern ein Signal für die Zahlungsbereitschaft vom Kaufhaus-Konzern Karstadt. Eine Million Mark forderte der Erpresser, sonst werde er Bomben in den Kaufhäusern zünden. Nachts explodiert eine erste Bombe in einer Hamburger Karstadt-Filiale.
Vom Erpresser zum Buchautor
Zwei Jahre lang spielt Dagobert mit der Polizei Katz und Maus. Er initiiert rund 30 kreative Geldübergaben, entwischt aber jedesmal - ohne viel Geld. Weitere Bomben detonieren, aber die Öffentlichkeit sympathisiert mit Dagobert. Am Ende muss er jahrelang ins Gefängnis, wo er seine Autobiografie schreibt und Karikaturen zeichnet. Seit seiner Entlassung im Jahr 2000 ist er Grafiker und Buchautor.