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Literatur

Comic-Preis für "Krazy Kat"-Neuauflage

27. Juli 2020

Der Zeitungscomic "Krazy Kat" um eine tierische Dreiecksbeziehung ist Kult. Alexander Braun hat ihn neu herausgegeben und erhielt dafür den "Comic Oscar".

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Cover von George Herrimans Comic Krazy Kat
Eine Dreiecksgeschichte zwischen Katze, Maus und Hund reüssierte als ZeitungscomicBild: Taschen Verlag

Dieses Werk ist buchstäblich schwere Kost: Es wiegt 7,4 Kilo, zählt 632 Seiten und ist gut fünf Zentimeter dick. Es trägt den Titel: "Krazy Kat. George Herriman. Die kompletten Sonntagsseiten 1935-1944 in Farbe". Drei Jahre lang recherchierte der deutsche Künstler und Kurator Alexander Braun in den USA und begab sich in die Tiefen der Archive, um das Material für dieses Schwergewicht der Comicwelt zusammenzutragen und es so für die Nachwelt zu erhalten. "Krazy Kat ist ein intellektueller Parforceritt mit unglaublich schönen sentimentalen Zügen, der auch nach hundert Jahren seinen Reiz nicht verloren hat", sagt der Comic-Experte im DW-Interview. Die Strips um die Katze "Krazy Kat" nähmen das absurde Theater von Samuel Beckett vorweg und trügen viele dadaistische Züge.

Blaupause für "Katze jagt Maus"

Worum geht es? Eine Katze liebt eine Maus. Und zwar ohne Wenn und Aber. Das ist die bizarre Ausgangssituation der Comicserie "Krazy Kat", die 1913 erstmals in einer Zeitung in den USA erschien und bis 1943 in vielen Variationen von dem Zeichner Georg Herriman durchdekliniert wurde. Die Maus namens Ignatz Mouse erwidert diese Liebe nicht. Im Gegenteil: Sie tut alles, um der Katze zu schaden und schmeißt ihr mit schöner Regelmäßigkeit Ziegelsteine an den Kopf. Komplettiert wird das Duo durch "Officer Pop", einen Hund in der Rolle eines Polizisten. Und der hat ein Geheimnis: Er ist nämlich seinerseits in die Katze verliebt und achtet darauf, dass es nicht allzu hoch hergeht im animalischen Dreigestirn.Braun hat all diese Geschichten der drei tierischen Helden also gesammelt und wurde dafür mit dem Branchenpreis der Comic Con-Messe im kalifornischen San Diego geehrt, der nach dem US-amerikanischen Comiczeichner Will Erwin Eisner benannt ist. Einmal im Jahr wird er verliehen und gilt als Oscar der Branche. Braun wurde in der Kategorie "Best Archival Collection/Project-Strips" ausgezeichnet - also für die beste Neuausgabe eines historischen Comics. 

Eine Seite des Comics Krazy Kat
"Krazy Kat"-Comics erschienen zwischen 1935 und 1944 in der Sonntagsbeilage Bild: Taschen Verlag

Selbst Picasso war Fan 

Die Geschichte von "Krazy Kat und Ignatz", wie sie in der Anfangszeit noch hieß, erschien in den USA in den Zeitungen des Verlegermoguls William Randolph Hearst. Der Zeichner Georg Herriman entwickelte sie aus zwei Tier-Nebenfiguren der ebenfalls von ihm stammenden humoristischen Comicserie "The Dingbat" über eine ganz normale anormale Familie. Dann hielt Herriman bis zu seinem Tod im Jahr 1944 an der Geschichte von Maus, Katze und Hund fest. Trotz Kritik genossen die "Krazy Kat"-Strips bei Satire-Fans großes Ansehen. Kein geringerer als der damalige US-Präsident Woodrow Wilson oder auch der Schriftsteller F. Scott Fitzgerald erwärmten sich für die Hassliebe zwischen Katze und Maus. Auch der Maler Pablo Picasso war begeistert. Das liege daran, so Braun, dass die Dreiecksgeschichte trotz hohen Unterhaltungswerts durchaus anspruchsvoll war. "Herriman begreift damals schon das Medium als Kunst. Das hat zwar den gemeinen Leser überfordert, weil es auf 'l'art pour l'art' hinauslief, dafür nahm die intellektuelle Elite Krazy Kat zur Kenntnis."

Werbung für Krazy Kat-Film
Krazy Kat kam auch ins Kino Bild: Imago Image/Cinema Publishers Collection

George Herriman – eine Art Shakespeare des Comics

Krazy Kat berühre auch heute noch aktuelle Belange wie Sehnsucht, Liebe oder den Kampf um persönliches Glück. "Was interessiert uns heute noch an Shakespeare?", fragt Braun und die Antwort ist klar: eben diese Themen. "Auch Herriman gelang es, viele Themen zeitlos zur Sprache zu bringen", so Braun, der sich durch seine Tätigkeit als Herausgeber und Ausstellungskurator dafür engagiert, dass Comics nicht bloß als Unterhaltungs-, sondern auch als künstlerische Medien wahrgenommen werden - denn kaum ein Museum fühlt sich für Comics verantwortlich. "Wenn wir die Strips nicht erhalten, dann werden wir sie vielleicht für immer verlieren", mahnt er. Immerhin gebe es in den USA einige Institutionen, die sich um das Genre Comic kümmern. Deutsche Werke haben es schwer, eine Würdigung bei den Eisner Awards zu erhalten. Das habe schon allein mit der Sprachbarriere zu tun. "Wir haben das Glück, dass das Buch auf Englisch vorliegt. Den Juroren war es egal, dass es sich um einen deutschen Autor und einen deutscher Verlag handelte", so Braun. So gelang es einem Deutschen, einem der erfolgreichsten Comiczeichner der US-Geschichte ein Denkmal zu setzen. Sein Engagement wurde jetzt durch den Eisner Award geehrt. Ein gelungener Import-Export.

Alexander Braun
Für Alexander Braun sind auch Comics KunstBild: picture-alliance/dpa/A. Arnold

"Krazy Kat. George Herriman. Die kompletten Sonntagsseiten 1935-1944 in Farbe" ist 2019 im Taschen Verlag erschienen.

Autorin Sabine Oelze
Sabine Oelze Redakteurin und Autorin in der Kulturredaktion