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Alessandro Mendini - "Zwischen den Künsten"

20. September 2001

Zum 70. Geburtstag Alessandro Mendinis zeigt das Westfälische Landesmuseum Münster eine große Retrospektive des Design-Stars.

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Mal schrill, poppig, bunt und kitschig, dann auch wieder melancholisch, auf jeden Fall originell sind die Objekte des Design-Stars Alessandro Mendini immer. Von Flaschenöffnern, Uhren, Sofas über Fahrräder, Museen bis zum Teddybär - kaum ein Gegenstand ist vor dem Italiener sicher. Mendini, in dem einige nur den Oberflächen-Dekorateur sehen, passt einfach in keine Schublade. Der Designer, Architekt, Maler und Philosoph, einst Agent Provocateur, brachte das traditionelle Design-Verständnis ins Wanken. Zum 70. Geburtstag Alessandro Mendinis zeigt das Westfälische Landesmuseum Münster eine große Retrospektive seines Schaffens.

Aus grau wird bunt

So kommt Farbe in den grauen Alltag: Der Korkenzieher Anna G. der Firma Alessi ist ein Bestseller. Mit ihm lässt sich eine Flasche spielend leicht öffnen. Dem ausgefallenen Modell in Gestalt einer Frau (Hausfrau?) sind nur die Arme runter zu klappen. Hinter der witzigen Idee steckt der einfallsreiche Designerkopf Alessandro Mendini, der für Alessi, aber auch für Unternehmen wie Swatch und viele andere Alltagsgebrauchsgegenstände aufpeppte. Unter dem Titel "Zwischen den Künsten" zeigt das Westfälische Landesmuseum jetzt 180 Arbeiten aus 30 Jahren seiner Arbeit, darunter Möbel, Vasen, Architekturmodelle, Zeichnungen und Malereien.

Italienische Avantgarde des Designs

Zu den berühmtesten Arbeiten Alessandro Mendinis zählen das "Re-Design" eines Tisches mit Kandinsky-Motiven und Prousts Armsessel (1980). Der 1931 in Mailand geborene Mendini kam erst mit rund vierzig Jahren zum Design und begann seine Karriere als Architekt. In den 70er Jahren war er als Chefredakteur mehrerer Zeitschriften, "Casabella", "Mode" und "Domos", aktiv, daneben im Studio Alchimia, das für eine neue Designer-Generation stand. Die italienische Bewegung des "Neo-Modern-Designs", die er mitprägte, forderte die radikale Neubetrachtung der kulturellen und politischen Rolle des Designs. Im Gegensatz zur traditionellen, auch bürgerlichen "Moderne" betonte diese gegenüber der reinen Funktionalität den ästhetischen bzw. sinnlichen Wert. Ironie, Kitsch und grelle Farben waren Mittel, das rein Zweckmäßige von Gebrauchsgegenständen zu unterminieren und den herkömmlichen Geschmack in Frage zu stellen.


Re-Mix aus Traditionen

In Mendinis Arbeiten, die teils verspielt und unbekümmert wirken, steckt ein theoretischer Plan. Der ist nicht sofort erkennbar, erst auf den zweiten Blick, zum Beispiel bei seinen auffälligen Oberflächendekorationen, ein häufig wiederkehrendes Stilmittel, das Irritationen hervorruft. Scheinbar respektlos nimmt sich Mendini einen Entwurf - etwa den Sessel von Marcel Breuer, einer der "Ikonen des Designs" - vor, um ihn mit bunten Wolken zu verfremden. Ob Futurismus oder Kubismus, dem Designer ist nichts fremd, bei seinen neuen Kreationen bedient er sich in allen Formensprachen und Traditionen. Kritiker Mendinis mögen sich mit dessen Einsicht schwer tun, die der Künstler im Manifest von Alchimia 1981 so formuliert hat: "Es existiert keine Originalität mehr. Die Erfindung neuer Formen widersetzt sich durch die Variationen an Dekorationen und Oberflächen. Das Design ist Re-Design." Vielleicht rührt aus der Erkenntnis, alles sei schon gemacht worden, die Melancholie, aber auch der Witz und die Ironie Alessandro Mendinis, zum Beispiel wenn er eine Rechenmaschine als Schokoladentafel entwirft.

Architektur und Ausblick

Mendini, der 1981 in Mailand ein Design-Studio eröffnete, hat als enger Berater für Swatch gearbeitet und das Grundkonzept für deren Shops entworfen. Auch seine Architektur-Projekte spiegeln den Ansatz der Collage wieder. Beim Museum von Groningen gestaltete er nur den Eingangsbereich und beauftragte für die einzelnen Abteilungen internationale Baukünstler und Designer wie Coop Himmelbau und Michele de Lucci. Als nächstes plant der noch sehr rege 70-jähriige Multikünstler die Neugestaltung von zwei Metrostationen und des Bahnhofs in Neapel. Auf die Frage, was er sich für die Zukunft wünsche, gab er in einem Interview die Auskunft, er würde gern einen sakralen Platz gestalten, egal für welche Religion. Ob sich ein Auftraggeber findet? Spannend wär's allemal.

Die Ausstellung "Alessandro Mendini - Zwischen den Künsten" im Westfälischen Landesmuseum ist bis zum 21. Oktober zu sehen.