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Albaniens Premier Nano in Athen: Tabu gebrochen - Camenfrage soll gelöst werden

6. Mai 2004
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Bonn, 6.5.2004, DW-RADIO / Albanisch, Nikos Anagnostou, Adelheid Feilcke-Tiemann

In die zwischenstaatlichen Beziehungen Albaniens und Griechenlands kommt Bewegung: Nach Jahrzehnten der Tabuisierung sollen nun erstmals die ungelösten Eigentumsfragen von Albanern in Griechenland und Griechen in Albanien angegangen werden. Das ist das wichtigste Ergebnis von Gesprächen zwischen dem neuen griechischen Regierungschef Kostas Karamanlis und dem albanischen Premier Fatos Nano. Besonders die so genannte Camenfrage - Camen sind muslimische Albaner aus Nordgriechenland, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach Albanien vertrieben/geflohen waren - war bisher von Griechenland abgestritten worden. Die von den Camen erhobenen Ansprüche auf Rückerstattung von enteignetem Eigentum war in den letzten Wochen wieder in Tirana Anlass intensiver politischer Debatten gewesen. Dass es Nano nun gelang, dieses Thema mit dem südlichen Nachbarn, der den Kriegszustand mit Albanien seit 1945 noch immer nicht offiziell aufgehoben hat, auf die politische Agenda zu setzen, bedeutet eine historische Zäsur in den bilateralen Beziehungen und ist auch für Nano, der innenpolitisch seit Monaten unter Beschuss ist, ein wichtiger innenpolitischer Punktgewinn.

Premierminister Nano: "Ausgehend von der Sensibilität der Frage, wie es auch in letzter Zeit wieder deutlich wurde, haben wir mit gebührender Umsicht die Frage behandelt und wir haben jetzt unseren gemeinsamen politischen Willen zum Ausdruck gebracht, uns für die Lösung der Fragen einzusetzen, die aus der Vergangenheit ungeklärt geblieben waren, so die Frage des Eigentums der albanischen Bürger in Griechenland oder der griechischen Bürger in Albanien. Deshalb haben wir beschlossen, sofort gemeinsame Konsultationen auf Expertenebene aufzunehmen, um die Verpflichtungen umzusetzen, die sich aus dem "Traktat der Freundschaft, der Sicherheit und der Zusammenarbeit", das unsere beiden Staaten abgeschlossen haben, ergeben, insbesondere den Paragraphen 15, der 1996 unterschrieben und von den beiden Parlamenten 1997 ratifiziert wurde."

Griechenlands neuer Premier Kostas Karamanlis hatte bereits früher angekündigt, auch vor außenpolitischen Tabubrüchen nicht zurückzuschrecken. Die Thematisierung der Camenfrage ist ohne Zweifel ein solcher Schritt. Karamanlis Entgegenkommen ist verbunden mit einer Garantie, die ihm sein Gesprächspartner Nano gab, auch die Situation der griechischen Minderheit in Albanien spürbar zu verbessern. Dieses sei eine wesentliche Vorrausetzung beim Integrationsprozess Albaniens in die europäischen Strukturen. Albaniens Premier versprach ebenfalls, die Anstrengungen im Kampf gegen das organisierte Verbrechen zu erhöhen. Besonders im Umfeld der Olympischen Spiele, die in diesem Sommer in Athen stattfinden werden, sei die Festigung der Sicherheitslage eine Herausforderung für die gesamte Region, sagte Nano.

Der albanische Ministerpräsident war der erste offizielle Staatsgast Karamanlis‘ nach dessen Dienstantritt aus der Region. Er unterstreicht die neue Linie der griechischen Politik, in der Balkanregion eine führende und konstruktive Rolle als EU- und Nato-Land zu spielen. Entsprechend sagte Karamanlis seinem albanischen Amtskollegen auch Unterstützung in der Frage der europäischen Annäherung zu:

Premierminister Karamanlis: "Was die europäische Perspektive Albaniens anbelangt, steht fest, dass man jetzt klare Schritte unternimmt. Und es gibt in Albanien eine große Anstrengung, die Anforderungen zu erfüllen, die die Europäische Kommission aufgesellt hat. Unser Nachbar Albanien wird Griechenland bei seinen großen Bemühungen, in die Europäische Union zu kommen, an seiner Seite haben. " (fp)