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Albaniens Premier Majko de facto entmachtet

16. Juli 2002

- Machtkämpfe innerhalb der regierenden Sozialistischen Partei deuten auf baldige Regierungsumbildung hin

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Köln, 16.7.2002, DW-radio, Adelheid Feilcke-Tiemann

Auch wenn der albanische Regierungschef Pandeli Majko offiziell noch nicht zurückgetreten ist, gilt er seit Montag (15.7.) doch als praktisch abgesetzt. Das zentrale Leitungsgremium der regierenden Sozialistischen Partei Albaniens hat mit großer Mehrheit das Parteistatut geändert, demzufolge nunmehr der Vorsitzende der Partei gleichzeitig Ministerpräsident sein kann - und soll. Somit ist Sozialisten-Chef Fatos Nano automatisch einziger Kandidat für das Amt des Regierungschefs, auch wenn die Regierungsumbildung institutionell noch nicht bestätigt ist.

Nach monatelangen Flügelkämpfen hat sich der umstrittene Sozialisten-Führer Fatos Nano mit der Änderung des Parteiprogramms nun endgültig gegen Partei-interne Widersacher durchgesetzt. Es ist nur noch eine Frage von Tagen, bis er auch das Amt des Regierungschefs übernehmen wird. Nano kommentierte die Satzungsänderung mit den Worten, dass alle in der Partei nun die Notwendigkeit einer Zusammenlegung der Ämter verstanden hätten, um die anstehenden Herausforderungen zu bewältigen:

"Wir werden unsere gesamte legislative Vertretung, unsere ganze politische Vertretung in der Exekutive, alle Strukturen in der Partei und in ihre politische Führung vereinigen. Und wir werden diesen wichtigen politischen Beschluss nicht nur erklären, sondern auch umsetzen. Dies ist ein Zeichen dafür, dass wir die Sache ernst nehmen und keine Zeit verlieren wollen. Deshalb sind auch die Stunden und die Tage, die vor uns liegen, wichtig, um die Beschlüsse, die wir heute gefällt haben, umzusetzen."

Damit ist der vor fünf Monaten angetretene Premier Pandeli Majko - Nanos Partei-Genosse - de facto entmachtet. Majko kritisierte die Statut-Änderung und verwies darauf, dass er 1999 vom Amt des Ministerpräsidenten hatte zurücktreten müssen, gerade weil er gegen eine Trennung der beiden Führungsposten gewesen war. Dies hatte Nano seinerzeit durchgesetzt, um Majko, der damals erstmals Premier war, von der Übernahme des Parteivorsitzes abzuhalten. Pandeli Majko:

"Heute möchte ich daran erinnern, dass ich vor drei Jahren von den gleichen Posten zurücktrat, weil damals der Posten des Vorsitzenden der Mehrheitspartei und des Leiters der Exekutive getrennt sein sollten. Heute ist der Grund für meine Absetzung die Vereinigung dieser beiden Posten. Ich glaube, dass die Emanzipation der gesamten albanischen Politik auf dem Prüfstand steht. Deshalb, liebe Genossinnen und Genossen, will ich mich von Ihnen in meiner Entscheidung leiten lassen, ob ich im Amt des Ministerpräsidenten bleibe oder gehe. Ich für mein Teil habe mich entschieden."

Wie seine Entscheidung ausgefallen ist, teilte der Premier vorerst nicht mit. Allerdings ist davon auszugehen, dass er seine Absetzung auf institutionellem Weg abwarten wird. Dies bedeutet, dass nun der Parteivorstand der Sozialisten die Regierungsumbildung beschließen wird, um sie dann über die Parlamentsmehrheit der Sozialisten durchzusetzen. Nano würde damit zum dritten Mal seit der Demokratisierung 1991 Premierminister.

Die Regierungsumbildung wird voraussichtlich erst nach dem 24. Juli erfolgen, da der neu gewählte Staatspräsident Alfred Moisiu erst dann sein Amt antreten wird. Der noch amtierende Präsident Rexhep Meidani, der in den vergangenen Jahren immer wieder offen gegen Nano opponiert hatte, weigert sich, in den letzten Tagen seines Mandats eine neue Regierung zu dekretieren. Denn er bleibt nach wie vor bei seiner Ansicht, dass es überhaupt keine Regierungskrise gebe.

Der designierte Präsident Moisiu seinerseits stellt sich einer erneuten Nano-Regierung nicht in den Weg. Er erhebt lediglich die Forderung, dass keine korrupten Minister in der neuen Regierung vertreten sein dürften. Über den Vorwurf der Korruption waren in den vergangenen Monaten und Jahren seit dem Regierungsantritt der Sozialisten 1997 immer wieder Minister gestürzt worden.

Majko, der vor fünf Monaten - ebenfalls nach einer Korruptionsdebatte - zum zweiten Mal Ministerpräsident geworden war, erklärte in diesem Zusammenhang, er habe sich nicht der Korruption schuldig gemacht:

"Fünf Monate sind nicht genug, um das Profil einer Regierung zu verdeutlichen. Aber meine Regierung hat sich seit dem ersten Tag der Korruption verkauft. Sie hat das Verbrechen nicht politisch unterstützt. Sie ist derartigen 'Krankheiten' fern geblieben, für die wir selbst frühere sozialistische Regierungen kritisiert haben. Als ich das Amt übernahm, beschloss ich, wie ein Gladiator mit Schwert und Herz standhaft zu bleiben, auch wenn mancher von Ihnen unzufrieden sein mag, wenn ich diesen Ausdruck gebrauche." (fp)