Albanien: Machtkampf in der Sozialistischen Partei
7. September 2006Nano gibt vor, Rama verfolge in seinen Ämtern nur persönliche Interessen. Er bezeichnete Rama zudem als "deformierte Kopie" des jetzigen konservativen Regierungschefs Sali Berisha. Der Kampf gegen "das Original", womit er Berisha meine, müsse mit einem Kampf innerhalb der eigenen Reihen beginnen – nämlich gegen Rama. Nano warf Rama vor, dieser betreibe "die Degradierung der Sozialistischen Partei". Taulant Bala, einer der Unterstützer von Nano, beteuerte gegenüber der Deutschen Welle: "Nano hat eine Bewegung geschaffen, deren Ziel die Gesundung der Partei ist. Es ist die beste Antwort auf die Willkür, die wir in der jetzigen Parteiführung unter Edi Rama feststellen."
Parteiführung droht mit Ausschluss Nanos
Rama, der neben dem Parteivorsitz auch das Amt des Bürgermeisters von Tirana innehat, wischte die Angriffe von Nano beiseite, indem er die Kritik aus den eigenen Reihen als "atmosphärische Störungen" abtat. Er verteidigte seine politische Strategie für die kommenden Monate, die darauf abzielt, zuerst die Lokalwahlen, die bis zum Ende des Jahres stattfinden müssen, zu gewinnen und dann vorgezogene Parlamentswahlen im kommenden Jahr zu erzwingen. Rama betonte: "Unsere Agenda ist durch irgendwelche atmosphärischen Faktoren nicht abzuändern." In Bezug auf Nanos schillernde Vergangenheit – dessen Amtszeit als Premierminister war durch zahlreiche Skandale und Korruptionsvorwürfe in den Medien überschattet – sagte Rama, Nanos politische Karriere sei beendet. "Die Telenovellen sind vorüber", kommentierte Rama.
Zudem droht die Parteiführung Nano indirekt mit einem Parteiausschlussverfahren, falls dieser mit seiner Bewegung der Partei Schaden zufügen werde. Erion Brace, einer der Mitglieder des Parteipräsidiums erklärte: "Jeder, der gegen diese Agenda vorgeht, deren Ziel die Verkürzung der Amtszeit von Sali Berisha ist, stellt sich selbst außerhalb der Sozialistischen Partei. Und es wird keinerlei Zögern geben, diese Splittergruppe und alle ihre Unterstützer aus der Partei auszuschließen."
Nano gibt sich moderat
Nano hält die Drohung mit einem Parteiausschluss hingegen für einen schweren Fehler: "Es wäre ein sehr falscher Schritt, der Sozialistischen Partei mit dem Verlust ihres Repräsentanten zu drohen", betonte er. Nano, der selbst jahrzehntelang mit Berisha rivalisiert hatte, versucht nun, sich als moderat zu präsentieren. Er befürwortete das jüngste Abkommen zwischen den sozialistischen und den demokratischen Parteien, mit dem ein monatelanger Streit um die Reform des Wahlgesetzes beigelegt wurde. Zudem könne die politische Blockade des Landes nur überwunden werden, wenn, wie er sagte, "weise Vertreter der beiden großen Parteien" sich direkt träfen und ihre Konflikte beilegten.
Ani Ruci, Tirana
DW-RADIO/Albanisch, 6.9.2006, Fokus Ost-Südost