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"Albanien hat sich europäisch verhalten"

25. Juni 2002

– Interview von DW-radio / Albanisch mit der Albanien-Berichtserstatterin des Europaparlaments, Doris Pack

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Köln, 25.6.2002, DW-radio / Albanisch

Frage:

Frau Pack, die Empfehlung für die Wahl eines Konsens-Präsidenten kam ursprünglich von Ihnen und dann vom Europaparlament. Inwiefern stimmt das Prozedere der Präsidentenwahl in Albanien mit ihren Vorstellungen überein?

Antwort:

Ich denke, wir haben einen Präsidenten, der im Konsens gewählt wurde. Er hat bereits mehr Stimmen im Parlament bekommen, als er benötigt hat. Die beiden großen rivalisierenden Parteien haben sich auf diesen Namen geeinigt und ich denke, das ist ein Fortschritt, an den noch vor vier Wochen nicht zu denken war. Ich bin eigentlich sehr stolz, dass mein Vorschlag, den ich im November auf den Tisch gelegt hatte, der dann im Frühjahr vom europäischen Parlament angenommen wurde und dem albanischen Parlament vermittelt wurde, seine Früchte getragen hat.

Frage:

Entspricht die Persönlichkeit des Herrn Moisiu diesen Vorstellungen? Stellt er Ihrer Ansicht nach die erwünschte Persönlichkeit für die Integration Albaniens in die europäischen und euroatlantischen Strukturen dar?

Antwort

: Ich kann die Persönlichkeit des neuen Präsidenten nicht beurteilen, da ich ihn nur oberflächlich kenne. Ich bin auch nicht der Ansicht, dass das Europäische Parlament Einfluss nehmen kann auf die jeweiligen Kandidaten, wenn er ein Konsens-Kandidat ist. Was uns damals im Kopf umging, war die Tatsache, dass die Wahlen im letzten Jahr gefälscht waren mit dem einzigen Zweck, einen Kandidaten der Szialistischen Partei zum Präsidenten zu wählen. Und es war auch ganz klar, dass Nano das werden wollte. Wir haben gesagt, man kann eine Wahl nicht benutzen, um fälschlich dann einen Präsidenten zu wählen, der keine Mehrheit hat. Darüber hinaus ist es nicht unsere Aufgabe, den albanischen Politikern und Parteien zu sagen, wen sie jetzt zu wählen haben. Wir haben zu wenig Kenntnisse der Persönlichkeiten, aber ich denke, der jetzt gewählte Präsident zeigt sicherlich sehr viele Vorzüge auf, soweit ich mich kundig machen konnte. Er kennt die Situation seines Landes, er hat seinem Land als Minister gedient, er hat davor lange Zeit als General gedient und ist, glaube ich, in Unfrieden mit Hoxha entlassen worden. Ich denke, wir können uns von außen her nicht einmischen. Wir können nur verhindern, dass das passierte, was die Sozialistische Partei wollte.

Frage:

Aber im Falle vom Herrn Nano gab es das. In diesem Fall hieß es : Nano würde dem erwünschten Bild nicht entsprechen.

Antwort:

Nein, das werden Sie nirgendwo finden. Wir haben das nicht gesagt. Wir haben gesagt, die Wahl wurde gefälscht, um einen Präsidenten zu küren, den man aus den sozialistischen Reihen küren wollte. Es wäre kein Konsens-Präsident gewesen. Wenn die Wahl ordentlich gegangen wäre, ohne dass die Fälschungen in einigen Wahlkreisen so eklatant gewesen wären, dann hätte sich keiner von uns an diesem Ausgang der Wahl stören können, dann hätte auch keiner was dagegen haben können, wenn ein Herr Nano kandidierte und auch gewählt worden wäre. Aber, da diese Wahl so gefälscht war mit dem einzigen Zweck, einen solchen Kandidaten zu bringen, war unser Vorschlag: Entweder muss man neue Wahlen machen, oder man muss am Ende nicht einen vorher ausgesuchten Kandidaten (nehmen), sondern einen, der eine große Mehrheit hinter sich vereinigt. Und das ist in diesem Fall geschehen. Bitte unterstellen Sie uns nicht, dass wir uns in die Person einmischen wollten. Wir wollten uns einmischen ganz eindeutig in die Fälschungen dieser Wahl und sagen: so geht es nicht. Wenn ihr jetzt gefälscht habt, dann müsst ihr jetzt versuchen, das zu korrigieren, indem ihr Neuwahlen macht oder aber einen Konsens-Kandidaten findet, und den haben sie gefunden.

Frage:

Kann man jetzt behaupten, dass die Folgen des Klimas nach den Wahlen und die Manipulationen der letzten Parlamentswahlen, wie angestrebt, dadurch geheilt sind?

Antwort:

Ja, ich würde sagen, damit sollten sich alle zufrieden geben. Mehr war nicht zu erreichen, sonst hätte man sofort Neuwahlen machen müssen, die aber unter dem damals herrschenden Wahlgesetz wieder so ausgegangen wären wie bisher. Deswegen, glaube ich, ist das Kapitel Wahlfälschungen vorbei. Jetzt soll man sich auf die Arbeit im Lande konzentrieren und das Land wirklich ein Stück vorwärts bringen. Ich hoffe, dass der Präsident allen denen, die ihn gewählt haben, diesen Satz ins Stammbuch schreibt.

Frage:

Für wie echt halten Sie den Konsens zwischen den albanischen Sozialisten und Demokraten - wie lange kann er halten?

Antwort

: Ich stelle mir diese Frage gar nicht. Ich bin froh, dass dieser Konsens gefunden wurde und an diesem Konsens ist auch nichts mehr zu rütteln. Der Präsident ist gewählt, er ist fünf Jahre im Amt und ich hoffe sehr, dass er in diesen fünf Jahren dieses Amtes würdig ist und versuchen wird, denen, die ihn gewählt haben, zu zeigen, wohin der Weg geht, nämlich nach Europa und nicht wieder zurück in die gegenseitigen Beschimpfungen. Natürlich kann man jetzt nicht sagen, dass jetzt eitel Sonnenschein herrschen soll. Das kann nicht sein, denn das sind unterschiedliche Parteien, die sich auch sicherlich politisch bekämpfen dürfen und müssen, aber ich denke, dass die Tatsache, dass man jetzt so weit gekommen ist, schon eine sehr positive Wirkung ist, und man sollte sie nicht kleiner reden.

Frage:

Albanien erfüllt damit eine Voraussetzung - die albanische Politik kommt zumindest einer Empfehlung nach. Was wäre der darauffolgende Schritt seitens der europäischen Strukturen?

Antwort:

Wir haben überhaupt keine Schritte zu machen. Die Albaner haben ihre Arbeit zu tun, mehr ist da gar nicht gefragt. Wir arbeiten ja die ganze Zeit zu ihren Gunsten, wir versuchen ihnen ja auch zu helfen auf diesem Wege. Es gibt ja keinen Schritt, den wir zu gehen hätten. Haben Sie da eine bestimmte Vorstellung?

Frage:

Ja. Was ist mit dem Prozess der Assoziierungs- und Stabilitätsabkommen?

Antwort:

Der Prozess ist ja eingeleitet worden. Der Rat hat gesagt, er möchte dies beginnen. Die Kommission hat diesen Auftrag, und das Parlament hat gesagt: bevor die albanische Politik nicht zumindest die Wahlfälschungen durch einen Konsens-Kandidaten heilen konnte, ist das Europäische Parlament dagegen. Erfreulicherweise haben sie ja bis jetzt gewartet mit der Eröffnung dieser Verhandlungen. Ich denke aber, dass im Herbst wahrscheinlich die Verhandlungen beginnen werden.

Frage

: Also man kann sagen, dass die Albaner diesen Verhandlungen damit ein Stück näher gerückt sind?

Antwort: Ja. Sie haben sich so verhalten, wie man es von ihnen erwartet hat. Sie haben sich anständig verhalten, haben einen Fehler, den einige von ihnen gemacht haben, geheilt. Ich denke, das ist eine gute Voraussetzung, es ist ein europäisches Verhalten. Ein Konsens-Kandidat in diesem Falle hier war ein europäisches Verhalten. Und ich denke, dass das Europäische Parlament und ich als Berichterstatterin für Albanien in diesem Fall hier keine Einwände mehr haben werden, dass die Verhandlungen begonnen werden. Aber Verhandlungen zu beginnen und sie zu beenden, Sie wissen, das dauert eine gewisse Zeit. Interview: Mirela Oktrova – Demiraj (MK)