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Albanien: Berishas Comeback

15. September 2005

Vor acht Jahren musste Sali Berisha vom Präsidentenamt zurücktreten. Damals erklärten ihn viele für politisch tot. Heute hofft das albanische Volk, dass er Albanien aus der Krise befreien kann. Ein Porträt.

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Sali BerishaBild: AP

Der heute 61-jährige Sali Berisha ist Professor der Medizin und zweifacher Vater. Geboren wurde er im nordalbanischen Tropoja. Während des kommunistischen Regimes konnte er auch im Ausland studieren. Bis 1990 galt Albanien als letzte Bastion des Stalinismus in Europa. Erst mit den Studenten-Demonstrationen 1990/91, bei denen Sali Berisha eine sehr wichtige Rolle spielte, setzte ein Wandlungsprozess ein. Schon 1990 gründete Berisha mit seinen Mitarbeitern die Demokratische Partei. Zwei Jahre später, im März 1992, wurde er zum ersten nicht-kommunistischen Präsidenten Albaniens gewählt.

Die Präsidenten-Jahre

Berisha wollte aber noch mehr Macht, was ihm in den Folgejahren heftige Kritik einbrachte. Bei seiner Wiederwahl 1996 warf man ihm massive Manipulationen vor. Berisha schreckte nicht davor zurück, Polizei auf politische Gegner zu hetzen und einige von ihnen verhaften zu lassen - zum Beispiel seinen stärksten politischen Gegner, Fatos Nano. Berisha und Nano waren in den letzten 15 Jahren die beiden Hauptfiguren auf der politischen Bühne Albaniens.

Sali Berishas Präsidialzeit ging wenige Monate später seinem Ende entgegen, als dubiose albanische Investment-Geschäfte - so genannte Pyramiden-Systeme - zusammenbrachen. Viele Bürger verloren ihr Vermögen und gaben der Regierung die Schuld. Nach Massenprotesten 1997 musste Berisha Mitte 1997 zurücktreten, das Land versank in Gewalt und bürgerkriegs-ähnlichen Zuständen.

Die Oppositions-Zeit

In den folgenden Oppositions-Jahren war er nicht immer konstruktiv: Er warf nun seinerseits den regierenden Sozialisten Wahlmanipulation vor, zeitweise blieb seine Partei sogar dem Parlament fern. Die sozialistischen Regierungen kritisierte er wegen ihrer Untätigkeit in Sachen Korruption und Kriminalität - so auch die letzte unter Fatos Nano. Das hat bei den Wählern offensichtlich gewirkt.

Berishas Versprechen

"Unsere Alternativen sind: Kampf gegen die Korruption, mehr Beschäftigung, Verbesserung der ökonomischen Lage und die Integration des Landes in EU. Wir werden das Gesetz verstärken, die Zahl der Arbeitslosen verringern und viele Verbesserungen in Bildung, Infrastruktur und Rechtsstaatlichkeit bringen. Das Monopol der Regierungsvertreter wird abgeschafft. Der Handel wird frei und durch freie Konkurrenz bestimmt. Die öffentlichen Ausschreibungen werden für alle zugänglich. Deswegen verspreche ich, dass ich im Kampf gegen das Geschwür Korruption kompromisslos sein werde."

Mit solchen Versprechen hat Berisha wieder das Vertrauen der Wähler gewonnen. Von Berishas Regierung werden nicht nur Erfolge im Kampf gegen Korruption und Kriminalität erwartet sondern auch gegen die Armut, weil Albanien zurzeit das ärmste Land Europas ist.

Ziel euroatlantische Integration

Berisha hofft, trotz aller Probleme eine Annäherung Albaniens an die euroatlantischen Strukturen zu schaffen. Heute gibt er sich etwas ruhiger und gemäßigter als früher: "In der Außenpolitik strebt Albanien an, ein Faktor des Friedens und der Stabilität zu bleiben. Wir wollen eine enge Zusammenarbeit mit allen Nachbarländern. Albanien wird die internationale Gemeinschaft dabei unterstützen, alle offenen Fragen in Südosteuropa zu lösen. Albanien bemüht sich um eine volle Integration in euroatlantische Bündnisse, denn nur durch diese Integration kann es ein Faktor der Stabilität und des Friedens sein."

"Berisha hat dazugelernt"

Berisha hat eine breite Regierungskoalition zustande gebracht, die ihm eine komfortable Mehrheit im Parlament sichert. Deshalb setzen internationale Beobachter wie Franz-Lothar Altmann von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin Hoffnungen in ihn: "Ich gehe davon aus, dass Berisha über die Jahre hinweg doch einiges dazugelernt hat. Was mich überrascht hat, war, dass doch eine ganze Reihe von bekannten Personen zu ihm zurückgekehrt sind und ihn in diese Wahl begleitet haben. Dass heißt, er hat diese Personen überzeugen können, dass er tatsächlich eben gelernt hat."

Bahri Cani
DW-RADIO/Albanisch, 9.9.2005, Fokus Ost-Südost