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Junge Wilde fordern alte Dame

9. April 2019

Nach dem Coup gegen Real Madrid will Ajax Amsterdam auch im Champions-League-Viertelfinale gegen Juventus Turin begeistern. Das Potential der Ajax-Talente ist enorm - aber kann Amsterdam seine neuen Stars auch halten?

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Niederland Eredivisie | Ajax vs PSV
Bild: picture-alliance/PRO SHOTS/S. Gontha

Die Ajax-Torfabrik läuft wie geschmiert. Am vergangenen Samstag schoss sich Ajax Amsterdam für das Viertelfinalhinspiel der Champions League gegen Juventus Turin (Anstoß am Mittwoch um 21 Uhr MESZ) warm: 4:1 gewann das Team von Trainer Erik ten Hag in der "Eredivisie" bei Willem II Tilburg und verdrängte damit die PSV Eindhoven von der Tabellenspitze der ersten niederländischen Liga. Der vierte Treffer durch Mittelfeldspieler Hakiem Ziech war bereits das 100. Saisontor für Ajax im 29. Spiel.

Das junge Ajax-Team - das Durchschnittsalter liegt bei knapp 24 Jahren - ist bereit für die "alte Dame" Juve (deren Spieler im Schnitt gut vier Jahre mehr auf dem Buckel haben). "Das ist ein großes Spiel für uns", sagt Trainer ten Haag. Juve, das sei nicht nur Cristiano Ronaldo, sondern "ein Team, das schon viele Titel gewonnen hat".

"Ramos bedankt!"

Das Achtelfinale der Königsklasse sollte für den italienischen Traditionsverein als Warnung genügen, Ajax nicht zu unterschätzen. Genau das hatte nämlich Real Madrid getan, Champions-League-Sieger der vergangenen drei Spielzeiten. Als Real im Hinspiel 2:1 geführt hatte, hatte Abwehrstar Sergio Ramos eine Gelbe Karte und damit die Sperre fürs Rückspiel provoziert - so sicher war sich der Kapitän, dass in Madrid nichts mehr anbrennen würde. Doch Ajax brannte im Bernabeu-Stadion ein regelrechtes Feuerwerk ab. 4:1 gewannen die Niederländer, warfen Real aus dem Rennen, und die 4000 mitgereisten Ajax-Fans skandierten "Ramos bedankt!" (Danke, Ramos!).

Mischung zwischen Jung und Alt

Überragender Spieler an jenem denkwürdigen Abend war mit einem Treffer und zwei Torvorlagen Dusan Tadic. Der 30 Jahre alte Serbe beweist, dass es zu kurz gegriffen wäre, den Erfolg von Ajax einzig auf die in Amsterdam schon fast traditionell hohe Qualität der jungen Spieler im Team zu reduzieren. Vielmehr stimmt einfach die Mischung.

Fußball Champions League l Real Madrid gegen Ajax Amsterdam
Jubel um Dusan Tadic (2.v.l.)Bild: Reuters/S. Vera

"Wir haben viele herausragende Talente und dazu auch erfahrene Top-Spieler", sagte Trainer ten Hag bereits Ende vergangenen Jahres in einem Interview der "Sport Bild": "In dieser Truppe steckt riesiges Potenzial." Das bewies sie schon in der Vorrunde der Champions League, als Ajax dem deutschen Meister FC Bayern zwei Unentschieden (1:1 in München, 3:3 in Amsterdam) abtrotzte und als Gruppenzweiter ohne Niederlage ins Achtelfinale einzog.

Marktwert der Jungstars ist explodiert

Von 2013 bis 2015 hatte Hag die zweite Mannschaft der Bayern trainiert und in dieser Zeit auch dem damaligen Cheftrainer Pep Guardiola auf die Finger geschaut. Das sei "wie ein Sechser im Lotto" gewesen, sagt der 49-Jährige rückblickend. Ten Hag gilt - ähnlich wie Deutschlands Trainer des Jahres 2018, Florian Kohfeldt von Werder Bremen - als ein "Bessermacher", sprich als Coach, der junge Talente nach vorne bringt. Wie Eintracht Frankfurts französischen Torjäger Sebastien Haller, den ten Hag zu seiner Zeit als Trainer des FC Utrecht (2015-2017) entdeckte. Oder auch jetzt Ajax‘ "junge Wilde" wie Verteidiger Matthias de Ligt (19 Jahre), die Mittelfeldspieler Frenkie de Jong (21 Jahre) und Donny van de Beek (21) oder die Stürmer Kasper Dolberg (21) und David Neres (22).

Ajax Amsterdam Frenkie de Jong
De Jong wechselt nach BarcelonaBild: picture-alliance/PRO SHOTS

Ihr Marktwert ist in dieser Saison fast explosionsartig nach oben geschnellt. De Jong wird nach der Saison für 75 Millionen Euro zum FC Barcelona wechseln. Und Europas Topvereine - darunter die Bundesliga-Spitzenklubs FC Bayern und Borussia Dortmund - stehen bei Ajax Schlange, um auch die anderen Jungstars für zweistellige Millionenbeträge aus ihren Verträgen loszueisen. So wird de Ligt ebenfalls mit Barca in Verbindung gebracht. Unter 70 Millionen Euro dürfte der Defensiv-Shootingstar nicht zu haben sein.

Overmars bastelt schon am Team der Zukunft

Schon jetzt ist also klar, dass die Mannschaft, die in dieser Champions-League-Saison für Furore sorgt, vor der nächsten Spielzeit auseinanderfällt. Doch darüber wachsen bei Ajax Amsterdam niemandem graue Haare. Dass die besten Spieler aus der eigenen Talentschmiede für hohe Ablösesummen zu finanzkräftigeren Vereinen wechseln, ist fast schon Teil des Ajax-Erfolgsmodells.

Ex-Nationalspieler Marc Overmars, der seit 2012 als Sportdirektor für den Kader zuständig ist und dabei häufig eine glückliche Hand bewies, hat bereits begonnen, das Geld aus dem de-Jong-Transfer in neue Spieler zu investieren. So unterschrieb in der vergangenen Woche das rumänische Mittelfeldtalent Razvan Marin (22), bisher bei Standard Lüttich, in Amsterdam. Und an diesem Montag erhielt der 17 Jahre Junioren-Nationaltorwart Calvin Raatsie seinen ersten Profivertrag. Overmars schmiedet also bereits die nächste Ajax-Truppe, die den arrivierten Top-Klubs das Leben schwer machen soll.

Jetzt sind aber erst einmal de Jong, de Ligt und Co. gefordert, gegen die "alte Dame". Vorjahresfinalist Juventus sei eindeutig in der Favoritenrolle, beteuern alle bei Ajax. Doch das haben sie auch schon vor dem Achtelfinale gegen Real Madrid gesagt. 

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter