Afrikas Eurobonds-Schuldenberg wird fällig
29. Februar 2020Afrikanische Länder haben sich in den vergangenen Jahren große Summen Geld geliehen - in Form von Eurobonds. Das sind in US-Dollar ausgestellte Staatsanleihen außerhalb der USA, die nach dem historisch zweitgrößten Geldgeber Europa benannt wird. Heute ist Chinader größte Geldgeber des globalen Südens - deren Investitionen laufen aber wieder nach ganz eigenen Regeln.
Für viele der Eurobond-Schuldnerländer in Afrika fallen jetzt Rückzahlungen an ihre Gläubiger an, denn viele Geldanleihen laufen in den nächsten Jahren aus. Länder wie Mosambik oder Sambia stehen vor einem Dilemma, denn sie können ihre Schulden nicht zurückzahlen. Andere wiederum haben mit Abzahlungen bereits begonnen, darunter Südafrika, Marokko, Gabun, Ghana, Kenia und Nigeria.
In den vergangenen zehn Jahren haben viele afrikanische Regierungen hohe Schulden in Eurobonds gemacht - es hat eine Welle von Zahlungen an eine Reihe von Ländern im Süden gegeben. Südafrika lieh sich 1995 als erstes afrikanisches Land Geld über Eurobonds - und setzte damit einen Trend. Seit der globalen Finanzkrise Ende der 2000er sind die Kreditvolumina angewachsen. 21 Länder stehen laut der britischen Fondsgesellschaft M&G mit insgesamt 115 Milliarden US-Dollar in der Kreide.
Risiken gibt es immer
Um die Jahrtausendwende beschlossen große Geldgeber, die Schuldenlast der ärmsten Länder der Welt zu reduzieren. "Die große Entschuldungsinitiative der letzten zwanzig Jahre hatte zum Ziel, die Länder wieder oder überhaupt zum ersten Mal kapitalmarktfähig zu machen", sagt Jürgen Kaiser, politischer Koordinator des Bündnisses "erlassjahr.de" in Düsseldorf. Das Bündnis ist derzeit über 600 Organisationen aus Kirche, Politik und Zivilgesellschaft bundesweit getragen und ist eingebunden in ein weltweites Netzwerk nationaler und regionaler Entschuldungsinitiativen. Es setzt sich dafür ein, dass arme Länder bei künftigen Schuldenkrisen in einem fairen und transparenten Verfahren Schuldenerlasse erhalten können.
Nach den Entschuldungsinitiativen der 1990er- und 2000er-Jahrenahmen Staaten neue Anleihen in Form von Eurobonds auf. Dabei habe es auch Erfolgsgeschichten gegeben, sagt Kaiser im DW-Interview: "In solchen Fällen hatten Länder die Möglichkeit, Staatsanleihen auszugeben und waren auch in der Lage, deren Erträge produktiv zu investieren." Als Beispiele nennt er Senegal, Kenia und Nigeria.
Aber es bestehe bei jedem Kredit auch immer das Risiko, dass es zu Schwierigkeiten bei den Rückzahlungen komme. Darin sieht Kaiser kein Problem: Bei Verschuldungen in Staatsanleihen sei es normal - wenn die Anleihe fällig wird - sie durch neue Anleihen zu refinanzieren. Laufe es gut, dann seien neue Anleihen etwas billiger als die alten und man stehe besser da als vorher. "Allerdings ist es im Moment so, dass afrikanische Länder angesichts des globalen Niedrigzinsniveaus noch bemerkenswert hohe Zinsen zahlen." Ihre Staatsanleihen sind für Anleger also besonders attraktiv – weshalb sie häufig überzeichnet sind, also mehr Käufer da sind, als das Angebot hergibt.
Zinsen in Afrika zu hoch
Laut Kaiser seien die Zinsen in Afrika zu hoch: "Sie bilden keine Marktrealität ab, weil es viele Länder gibt, die überhaupt keine Zahlungsschwierigkeiten haben." In den Ländern, die Schwierigkeiten haben und auch vom Internationalen Währungsfonds als verschuldet eingestuft worden sind, hätten bestimmte Anleihen nicht verkauft werden dürfen, fügt Kaiser an. "Mosambik ist solch ein klassischer Fall, aber auch in Sambia hätten sich die Gläubiger besser nicht locken lassen von den hohen Zinssätzen, die Sambia angeboten hat."
Wer sind die Guten? Länder, die im großen Stil Staatsanleihen gewähren, sind zum Beispiel Kenia und Nigeria, sagt Kaiser. "Die haben jetzt keine Probleme, auch Senegal mit über vier Milliarden US-Dollar hat keine Rückzahlungsprobleme und keine generellen Schulden."
Eurobonds lukrativ für Afrika
Viele der von der britischen Fondsgesellschaft M&G genannten 21 Länder seien in der Lage, die Schulden abzuzahlen, sagt auch Misheck Mutize. Er ist Finanzexperte an der Universität Kapstadt. "Ghana hat den Eurobond-Markt vor wenigen Wochen verlassen. Das Land steht wirtschaftlich gut da, auch mit Blick auf die politischen Leitlinien", sagt Mutize im DW-Interview. Es habe die Zinsen auf seine Eurobonds mit acht Prozent sehr hoch angesetzt, fügt Mutize an. "Ghana hatte sich selbst in eine Ecke gedrängt, der Eurobond war fünfmal überzeichnet."
Lassen sich die Schuldenberge vermeiden? Lokale Finanzmärkte seien da keine Option, sagt Mutize. "Sie sind unterentwickelt und das Handelsvolumen ist klein." Er hält den Eurobond für ein lukratives Angebot. "Die bringen viel Spielraum mit sich, was die politischen Vorgaben angeht - im Vergleich zu anderen Geldanbietern." Das einzige Problem: Die Länder setzten sich mit ihren hohen Zinsversprechen zu sehr unter Druck, Bonds in fünf bis sieben Jahren zurückzuzahlen. Oft hätten sie in langfristige Infrastrukturprojekte investiert.
Schuldenkrise übertrieben
Mutize findet die Rede von der Schuldenkrise in Afrika übertrieben. "Der Wert der Eurobonds ist nicht von großer Bedeutung im Vergleich zum Einkommen Afrikas. Momentan machen Eurobonds jährlich ein Prozent des durchschnittlichen Bruttosozialproduktes von vier Prozent in Afrika aus." Es müssten aber kompetentere Berater an den Verhandlungstisch, die aus Sicht der afrikanischen Länder die optimalen Ergebnisse aushandeln könnten. "Die Länder sollten Geld nicht leihen, wenn ihre eigene Währung sehr schwach ist."
Sind Regierungen zahlungsunfähig, bleibt nur eine neue Aufgliederung der Schulden. Damit sinkt die Macht, mit Geldleihern gut verhandeln zu können und das Problem wird in die Zukunft verlagert. "Am Ende haben diese Situationen große Auswirkungen auf die Bevölkerung, denn wenn derStaatshaushalt schrumpft, leiden die Armen", sagt Mutize.
Auch Jürgen Kaiser von erlassjahr.de bestätigt: Verlässlich vermeiden kann niemand die Schuldenberge. Er fordert ein geordnetes Verfahren, Schulden zu reduzieren. Und zwar dann, wenn eine Krise eintritt: durch schlechte Regierungsführung, Korruption, verschlechterte Exportpreise oder Naturkatastrophen.