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AfD-Wahlerfolg: TikTok wohl mitverantwortlich

3. September 2024

AfD-Inhalte auf TikTok wurden laut einer Datenanalyse von Erstwählern doppelt so häufig angesehen wie alle Inhalte anderer Parteien zusammen. Dies könnte das gute Abschneiden der Partei bei jungen Menschen erklären.

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Eine Hand hält ein Mobiltelefon, auf dessen Display die Plattform TikTok und ein Video der AfD-Politikerin Alice Weidel zu sehen ist
Keine andere deutsche Partei scheint auf TikTok so erfolgreich wie die AfDBild: Guido Schiefer/IMAGO

Inwiefern hat TikTok der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen zu Rekordergebnissen verholfen?

In beiden Bundesländern sammelte die dort erwiesen rechtsextreme Partei am vergangenen Sonntag (1.9.2024) mehr als doppelt so viele Stimmen ein wie die Parteien von Olaf Scholz' Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP zusammen.

Gleichzeitig war die AfD laut Meinungsforschungsinstitut infratest dimap sowohl in Sachsen als auch in Thüringen die mit Abstand stärkste Kraft unter 18- bis 24-jährigen Wählern.

Angesichts der Beliebtheit von TikTok bei jungen Menschen könnte dies mit der starken Präsenz von AfD-Inhalten auf der Plattform zusammenhängen, so Roland Verwiebe, Professor an der Universität Potsdam und einer der Koordinatoren des Projekts "Potsdamer Social Media Monitor", das die TikTok-Aktivitäten der Parteien vor den Landtagswahlen untersucht hat.

"Wir gehen davon aus, dass der Erfolg der AfD auf TikTok sehr wahrscheinlich zum Wahlerfolg der Partei beigetragen hat", sagt Verwiebe gegenüber der DW. "Die Hälfte der 16- bis 24-Jährigen bezieht ihre politischen Informationen ausschließlich von TikTok. Das macht die Plattform außerordentlich einflussreich."

AfD-Dominanz in TikTok-Feeds

Für ihre Analyse erstellten die Potsdamer Forschenden 30 fiktive TikTok-Profile von Usern, die im Jahr 2006 geboren wurden und in Thüringen. Sachsen oder in Brandenburg leben. In Brandenburg finden am 22. September Landtagswahlen statt.

Anschließend analysierten sie mehr als 75.000 Videos, die in den Wochen vor der Wahl in den Feeds auftauchten. Dabei stellten sie durchschnittlich neun Videos pro Woche mit AfD-Inhalten fest - im Vergleich zu nur etwas mehr als einem Video pro Woche mit Bezug zur CDU oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht, und noch deutlich weniger Inhalten mit Bezug zu anderen Parteien.

Gleichzeitig ermittelnden die Forschenden, dass die Anzahl der Videos, die in den Feeds der Nutzer auftauchten, nicht direkt mit der Gesamtmenge der produzierten Inhalte zusammenzuhängen schien. "Die SPD hat zum Beispiel in den acht Wochen vor der Landtagswahl mehr Videos produziert als die AfD", sagt Verwiebe: "Aber das Ausspielen in die Feeds der Nutzer hat bei der Partei fast gar nicht stattgefunden."

Ein Grund dafür könnte sein, dass AfD-Inhalte von einem Netzwerk gut vernetzter rechter Influencer auf TikTok geteilt werden, so Verwiebe; ein anderer, dass die meisten AfD-Kandidaten - mehr als bei anderen Parteien - selbst auf der Plattform aktiv seien.

Vom Social Media-Erfolg zum Wahlerfolg?

Laut einer Studie der Bildungsstätte Anne Frank vom Juni 2024 ist die AfD auf TikTok aktiver als jede andere im Bundestag vertretene Partei. Politische Analysten führen die wachsende Popularität der AfD bei jungen Wählern zumindest teilweise auf diese Präsenz in sozialen Medien zurück. 

Bei der Europawahl im Juni 2024 stimmten 16 Prozent der jungen Wähler für die AfD - eine Verdreifachung in der Gruppe im Vergleich zur letzten Wahl vor fünf Jahren. Dieser Trend spiegele sich auch bei den Landtagswahlen am vergangenen Wochenende wider, so Verwiebe. 

TikTok-Erfolg der AfD bereitet Sorgen

Die Inhalte der AfD auf TikTok, die er und seine Kollegen vor den Landtagswahlen beobachten konnten, seien sehr unterschiedlich. Sie reichten von Ausschnitten aus politischen Reden über emotionale Videos zu Themen wie Migration bis hin zu scheinbar unpolitischen Inhalten wie Reise- oder Kochvideos.

"Die AfD behehrrscht es, den unterhaltenden Charakter von TikTok sehr gut zu bedienen", sagt er: "Sie haben das Playbook von TikTok sehr gut verstanden."

Kommentarbild Janosch Delcker
Janosch Delcker Chefkorrespondent für Technologie