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AfD dominiert Kommunalwahlen in ostdeutschen Bundesländern

10. Juni 2024

Bei den Kommunalwahlen parallel zur Europawahl hat die rechtsgerichtete Partei AfD in Ostdeutschland erstmals großflächig gewonnen. In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt besiegte sie die CDU.

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Ein Wähler wirft seinen Stimmzettel in eine Wahlurne in Frankfurt (Oder) in Brandenburg
Eine Wahlurne in einem Wahllokal in Frankfurt (Oder) in BrandenburgBild: Patrick Pleul/dpa/picture alliance

In den drei ostdeutschen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt erzielte die Partei "Alternative für Deutschland" (AfD) hohe Stimmengewinne und überholte die CDU. Auch in Sachsen ist nach Zwischenergebnissen ein Sieg der AfD zu erwarten.

Mit den vorliegenden Ergebnissen entsendet die AfD die meisten Politiker in die ostdeutschen Kommunalparlamente. In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen gilt die AfD nach Einstufung der jeweiligen Verfassungsschutzämter als gesichert rechtsextrem, in Brandenburg als Verdachtsfall. In Mecklenburg-Vorpommern ist die AfD nach Medienberichten ebenfalls ein Verdachtsfall, dort darf der Landesverfassungsschutz darüber nicht informieren.

Rückschlag für AfD in Thüringen

Eine Pleite erlebte die AfD nur in Thüringen, wo sie in den Stichwahlen um Landratsposten durchweg leer ausging. Nach Angaben des Thüringer Landesamts für Statistik in Erfurt setzten sich am Sonntag in zwölf Landkreisen die jeweiligen Kandidaten von CDU, SPD und Freien Wählern sowie in einem Fall eine parteilose Amtsinhaberin durch.

Wahlhelfer sortieren die Stimmzettel der Stichwahl zur Kommunalwahl sowie der Europawahl in einem Wahllokal in Erfurt
Wahlhelfer sortieren die Stimmzettel der Stichwahl zur Kommunalwahl sowie der Europawahl in einem Wahllokal in ErfurtBild: Martin Schutt/dpa/picture alliance

In Brandenburg legte die AfD im Vergleich zur Kommunalwahl 2019 deutlich um 9,8 Prozentpunkte bei den Kreistags- und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte auf landesweit 25,7 Prozent zu. Die CDU gewann zwar auch einen Prozentpunkt hinzu, mit 19,3 Prozent wurden die Christdemokraten aber nur mit Abstand zweitstärkste Kraft. Die SPD, die mit Dietmar Woidke im Bundesland den Ministerpräsidenten stellt, wurde mit 16,6 Prozent drittstärkste Kraft. Es folgen die Linken mit 7,8 Prozent und die Grünen mit 6,7 Prozent. Die FDP erreichte 3,2 Prozent - alle drei Parteien der Ampelkoalition auf Bundesebene verloren Stimmenanteile.

Starker Zuwachs in Sachsen-Anhalt

Nach deutlichen Stimmgewinnen gewann die AfD auf Kreisebene auch in Sachsen-Anhalt. Sie legte nach Auszählung fast aller Wahlbezirke erheblich um 11,6 Prozentpunkte auf 28,1 Prozent zu. Die CDU, die in Sachsen-Anhalt regiert, fuhr 26,7 Prozent ein, 2,1 Punkte mehr als 2019. Den dritten Platz erzielte die SPD mit 11,9 Prozent und einem Minus von 1,8 Punkten. Die Linke erhielt 8,3 Prozent, die Grünen bekam 4,5 Prozent und die FDP 3,4 Prozent.

In Mecklenburg-Vorpommern liegt die AfD knapp vor der CDU. Nach dem vorläufigen Ergebnis holte sie bei den Wahlen der Kreistage sowie der Stadtvertretung Schwerin und der Bürgerschaft Rostock insgesamt 25,6 Prozent der Stimmen. Die CDU kam nur auf 24 Prozent. Drittstärkste Kraft wurde die SPD mit 12,7 Prozent, gefolgt von der Linken mit 8,8 Prozent. Die Grünen holten 5,5 Prozent, die FDP 2,8 Prozent.

Soziologe Quent: Kein Grund zur Ohnmacht

Der Soziologe und Extremismusforscher Matthias Quent sieht in den Ergebnissen bei der Europawahlen und den Kommunalwahlen im Osten Deutschlands einen Fingerzeig für die anstehenden Landtagswahlen. Es sei von ähnlichen Ergebnissen bei den Abstimmungen im September in Sachsen, Thüringen und Brandenburg auszugehen, sagte Quent der Deutschen Presse-Agentur in Magdeburg. "Aber das bedeutet nicht, dass es nicht noch Handlungsspielräume gibt."

Die Mobilisierung anderer Parteien in Thüringen habe etwa dazu geführt, dass sich die AfD dort bei den Landratswahlen nicht durchsetzen konnte. "Es gibt jetzt keinen Grund für Ohnmacht." Bei den Landtagswahlen werde auch der Amtsinhaberbonus eine Rolle spielen. Die AfD habe dennoch viele "Geländegewinne" im Osten erzielt und ihre kommunale Verankerung gestärkt, so Quent. Wenn die AfD stärkste Fraktion sei, könne man noch weniger an ihr vorbei Politik betreiben.

CDU siegt im Saarland

Auch im Westen Deutschlands fanden Kommunalwahlen statt. Im Saarland konnte die CDU klar gewinnen. Die Christdemokraten kamen bei der Wahl der sechs Kreistage auf 34,4 Prozent der Stimmen und landeten damit vor den im Land regierenden Sozialdemokraten, die 29,9 Prozent einfuhren. Für die CDU bedeutete dies ein Plus von 0,4 Punkten im Vergleich zur Wahl von 2019, für die SPD ein Minus von 0,1 Punkten. Auf dem dritten Platz landete die AfD mit 10,4 Prozent und einem Plus von 1,9 Punkten, gefolgt von denen Grünen mit 7,3 Prozent und einem Minus von 5,3 Punkten. Die Linken holten nach Verlusten von 3,6 Prozentpunkten noch 4,1 Prozent. Das erstmals angetretene Bündnis Sahra Wagenknecht holte 3,6 Prozent der Stimmen. Die FDP kam auf 3,9 Prozent. Die Freien Wähler legten um 3,0 Punkte auf 3,5 Prozent zu.

Kommunalpolitiker - beleidigt, bedroht, angegriffen

Noch offen waren zuletzt die Kommunalwahlergebnisse in Baden-Württemberg, Hamburg und Rheinland-Pfalz. Die Auszählung für Kommunalparlamente ist wegen der Möglichkeit, mehrere Stimmen zu verteilen, deutlich komplizierter und kann sich über mehrere Tage hinziehen.

Kommunalwahlen als Stimmungstest

Insgesamt waren rund 22,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt aufgerufen, ihre Stimme für die künftige Besetzung von Kommunalparlamenten, Landratsämtern oder Rathäusern abzugeben. Im Stadtstaat Hamburg wurde über die Mandate für die Bezirksversammlungen abgestimmt. In Thüringen konnten zudem rund 1,3 Millionen Bürger in den Stichwahlen ihre Stimme abgeben. Die Wahlen galten ebenso wie die Europawahl als Stimmungstest für die Parteien - vor allem in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wo im Herbst Landtagswahlen stattfinden. Allerdings kandidieren in Gemeinderäten oder in kleineren Städten häufig auch Vertreter von Bürgerinitiativen und anderen Vereinigungen, die etablierten Parteien spielen dadurch bisweilen nur eine untergeordnete Rolle.

Gewählt wurde in den acht Ländern zuletzt vor fünf Jahren. In fünf von ihnen konnten Bürger bereits ab 16 Jahren, sonst ab 18 Jahren abstimmen. In Baden-Württemberg als einzigem Bundesland konnten 16-Jährige sogar selbst gewählt werden. Abstimmungsberechtigt bei Kommunalwahlen sind auch EU-Bürger mit Wohnsitz in den jeweiligen Städten und Gemeinden.

kle/sti (afp, dpa, rtr)