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60 Jahre Stalingrad

Esther Broders

Es sollte der große Coup des Diktators werden. Mit der Einnahme von Stalingrad wollte Adolf Hitler Geschichte schreiben, wollte dem Erzfeind Stalin seine Überlegenheit demonstrieren, wollte Russland in die Knie zwingen.

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Bild: AP

In die Geschichte eingegangen ist sie auch, die Schlacht um Stalingrad: der Begriff Stalingrad steht heute noch sinnbildlich für die Tragödie, die sich vor 60 Jahren abgespielt hat und insgesamt über eine Million Menschen das Leben kostete. Stalingrad- ein Synonym für das Massengrab des Kriegswinters 1942/43.

Schon im Juni 1941 hatten Hitlers Truppen die Sowjetunion überfallen. Mit der verlorenen Schlacht um Moskau im Winter 1941 erlebten die deutschen Truppen die erste entscheidende Niederlage des Krieges. Doch das schreckte den Diktator nicht ab: schon wenige Monate später startete Hitler einen neuen Versuch: die sogenannte "Operation Blau" – die Sommeroffensive der Wehrmacht auf das industrielle Herz der Wolga-Region – Stalingrad.

Horst Zank ist heute 83 Jahre alt. Mit 23 Jahren zog er als Hauptmann einer Infanterie-Division nach Stalingrad und war dabei relativ optimistisch:

O-Ton Horst Zank: Wir hatten ja immerhin schon ein Jahr Russland-Feldzug, und hatten ja schon erlebt – schon im ersten Jahr – dass der Krieg in Russland ein ganz anderer sein würde und die Erfolge in keiner Weise so zu erwarten waren wie wir es vorher in Frankreich und in Polen erlebt hatten. Aber sicher hatten wir noch am Beginn der Offensive gegen Stalingrad – die begann ja praktisch im Juni 1942 – hatten wir natürlich das Gefühl – und die ersten Erfolge auf dem Vormarsch nach Stalingrad bestärkten uns ja auch darin – dass wir wohl auch dieses Ziel Stalingrad durchaus erreichen könnten.

Mitte Juli begann die 6. Armee unter Führung ihres Oberbefehlshabers – General Friedrich Paulus – den Angriff auf Stalingrad. Und schon wenige Wochen später schienen die Deutschen fast am Ziel zu sein: im August brachen die Truppen in Stalingrad ein und begannen, die Stadt Stück für Stück einzunehmen. In Deutschland feierte die NS-Propaganda zu dieser Zeit schon den glorreichen Sieg ihrer Armee. Das Oberkommando der Wehrmacht prophezeite der Gegenseite Mitte Oktober den baldigen Untergang.

Ein Trugschluss. Denn den deutschen Truppen gelang es nie, Stalingrad ganz einzunehmen. In der Stadt musste um jedes einzelne Haus gekämpft werden. Ein zermürbendes Unterfangen, dem bis Mitte Oktober Tausende Soldaten zum Opfer fielen. Doch das drang nicht bis in die Heimat durch –was man in Deutschland vom Krieg an der Ostfront zu hören bekam, waren – Erfolgsmeldungen. Und mit denen brüstete sich auch der Führer. Stolz verkündet er am 8. November im Münchner Bürgerbräu die Einnahme Stalingrads:

O-Ton Hitler

Ich wollte zur Wolga kommen, und zwar an einer bestimmten Stelle, an einer bestimmten Stadt. Zufälligerweise trägt sie den Namen von Stalin selber. Aber denken Sie nur nicht, dass ich aus diesem Grund dorthin marschiert bin – sie könnte auch ganz anders heißen – sondern weil dort ein ganz wichtiger Punkt ist. Dort schneidet man nämlich 30 Millionen Tonnen Verkehr ab. Dort war ein gigantischer Umschlagplatz. Den wollte ich nehmen – und – wissen Sie – wir sind ganz bescheiden, wir haben ihn nämlich. Nun sagen die anderen: Warum kämpfen sie denn nicht schneller? – Weil ich kein zweites Verdun machen will! Sondern weil ich das lieber mit ganz kleinen Stoßtrupps mache. Die Zeit spielt dabei keine Rolle. Es kommt kein Schiff mehr die Wolga hoch, das ist das Entscheidende.

Während in der Heimat die Menschen Adolf Hitler zujubelten, bahnten sich an der Front Probleme an. Denn – was die deutsche Führung im Rausch der Erfolge übersah oder übersehen wollte: in punkto Versorgung kam es schon seit Beginn der Sommeroffensive zu Engpässen: immer wieder wurden Munition, Treibstoff und Verpflegung knapp. Und schon im September muss der Führung klar gewesen sein, dass die Stadt nicht mehr vor dem Winter fallen würde. Trotzdem ging der Sturm auf Stalingrad unvermindert weiter. Doch die Rote Armee begann nun, zurückzuschlagen. Und während die 6. Armee unter General Friedrich Paulus im Herbst kaum noch über Reserven verfügte, führten die Russen Truppenverstärkungen heran. Dann kam der 19. November - und mit ihm der Gegenschlag. Zuerst traf es nicht die 6. Armee selbst, sondern die verbündete rumänische 3. Armee. Die Rumänen allerdings waren schlecht ausgerüstet und konnten dem russischen Angriff nicht stand halten. Der 19. November – ein Wendepunkt zum Schaden der Deutschen. Davon allerdings drang in die Heimat nichts durch. Der Wehrmachtsbericht meldete – wie gewohnt – nur die Erfolge:

O-Ton OKW-Bericht vom 21.11.42

Aus dem Führerhauptquartier, den 21. November. Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: Südlich Stalingrad und in der Kalmückensteppe trat der Feind mit starken, von Panzern unterstützten Kräften zum Angriff an. Eine motorisierte feindliche Kräftetruppe wurde dabei aufgerieben. Auch am unteren Don dauerten die erbitterten Abwehrkämpfe deutscher und rumänischer Truppen an. Ein durch unsere Stellungen durchgebrochenes verstärktes sowjetisches Kavallerie-Regiment wurde eingeschlossen und vernichtet.

Auch Horst Zank und seine Division bekamen in diesen Tagen den Befehl, ihre damalige Stellung zu räumen – sie wurden zur Unterstützung der 6. Armee gerufen. Doch genaues über den russischen Gegenangriff und die Lage an der Front wussten Horst Zank und seine Soldaten nicht:

O-Ton Horst Zank

Es war ein ziemliches Durcheinander in diesen Tagen, man wusste gar nicht, wie weit ist der Russe vorgedrungen, wie stark ist er, in welchem Bereich müssen wir mit ständigen Angriffen rechnen, und erst Ende des November bis Anfang Dezember - wir mussten ja eine neue Front im Westen aufbauen als Kesselfront – erst da stabilisierte sich diese Front, und dann wussten wir natürlich genau, dass wir eingeschlossen waren, aber wie gesagt, diese Tage, diese ganzen Tage nach dem 19. November war für uns die Lage völlig unübersichtlich.

Aus dem Kessel gab es bis zum bitteren Ende kein Entrinnen mehr. Dabei hatte General Paulus einen Tag vor der Einschließung beim Oberkommando der Wehrmacht darum gebeten, die 6. Armee zurückzunehmen, um einer drohenden Einkesselung zu entgehen. Doch die Führung zeigte sich unbeeindruckt. Unter Berufung auf Adolf Hitler erteilte sie stattdessen den Befehl, Stalingrad mit allen Mitteln zu halten. Ausschlaggebend für diese Entscheidung soll unter anderem ein irrsinniges Versprechen von Luftwaffenoberbefehlshaber Herrmann Göring gewesen sein: er sagte zu, die eingeschlossenen Truppen - über 250.000 Soldaten - aus der Luft versorgen zu können – ein Versprechen, das an keinem einzigen Tag auch nur ansatzweise gehalten werden konnte.

Insgesamt 22 Divisionen waren im Kessel von Stalingrad gefangen. Unter den Eingeschlossenen war auch der damals 21jährige Theo Bergrath, Unter-Offizier einer schweren Flak-Batterie. Hitlers Durchhalte-Befehl war bis zu ihm und seinen Kameraden durchgedrungen – doch offene Klagen über diese offensichtlich fatale Entscheidung gab es aus den Reihen der Soldaten nicht:

O-Ton Theo Bergrath: Das ist kein Thema: Hitler war immer noch der Führer unseres Staates, in dessen Namen wir ja angetreten waren, die gesamte Wehrmacht. Der Fahneneid und all diese Dinge – diese dummen Sprüche – die haben damals noch eine Rolle gespielt.

Die Soldaten kämpften sich – Führer- und Fahnentreu – ihrem eigenen Untergang entgegen. Und das unter immer schlechter werdenden Bedingungen. Ende November hatte es begonnen zu schneien. Außerdem verschlechterte sich die Versorgungslage nach der Einkesselung dramatisch. Über Land waren die Wege für den Nachschub ohnehin komplett abgeschnitten, und auch die Versorgung aus der Luft reichte bei weitem nicht aus. Horst Zank erinnert sich:

O-Ton Horst Zank

Ab Dezember würde ich mal sagen, wurde die Verpflegung immer geringer im Kessel von Stalingrad, aber es ging wohl dann soweit, dass die Brotration zum Beispiel bis auf 50 Gramm am Tag herabging und dass dazu es vielleicht noch eine warme Verpflegung gab in Form einer Suppe, die dann in dieser besonders üblen Zeit nur noch dadurch angereichert wurde, dass wir die wenigen Pferde – viele hatten wir sowieso nicht im Kessel – dass die dann auch für die Verpflegung herangezogen werden mussten.

Mit Hunger und Kälte kam auch die Mutlosigkeit. Die eigene Lage schien ausweglos. Doch dann kam die Nachricht von einem geplanten Ensatz-Angriff, ein Befreiungsversuch von außen.– Der Strohhalm, an den sich nicht nur Horst Zank klammerte:

O-Ton Horst Zank: In dieser ganzen Zeit, will ich mal sagen, Dezember, hatten wir alle die Hoffnung, dass das eine vorübergehende Krise ist, in der wir uns hier befinden. Dazu kam ja noch, dass dann auch bei uns die Berichte bekannt wurden, dass inzwischen ein Entsatzangriff von draußen – nämlich von der 4. Panzerarmee von Südwesten – angesetzt war, der ja zur Befreiung unserer Armeen angetreten war, und darauf stützte sich natürlich all unsere Hoffnung.

Ein geplanter Entsatz-Angriff als Rettung für die Eingeschlossenen. Mitte Dezember begann der erhoffte Befreiungsversuch der 4. Panzerarmee unter Führung von Generaloberst Hermann Hoth. Doch der Plan scheiterte. Knapp 50 Kilometer vor Stalingrad kam der Angriff zum Erliegen...

...Und die Hoffnung im Kessel mit ihm. Für die eingeschlossenen Soldaten die traurige Gewissheit, verloren zu sein. Auch die Einheiten von Theo Bergrath und Horst Zank hatten von diesem Moment an kaum noch Hoffnung:

O-Ton Theo Bergrath: Wir hätten damals nur die Möglichkeit gehabt, uns zu ergeben, ausbrechen wäre uns niemals gelungen, dazu hatten wir nicht mehr die Substanz. Die Stimmung unter den Soldaten war – abgesehen von Einzelerscheinungen – gefestigt. Es gab auch Leute, die den Hitler lauthals verflucht haben, und wir haben dann Weihnachten 42, da haben wir alles verflucht und haben gesagt, die haben uns im Stich gelassen.

O-Ton Horst Zank: Nach Weihnachten, da wurde uns langsam bewusst, dass offensichtlich dieser Entsatzangriff nicht durchgekommen ist. Das hat natürlich dann dazu geführt, dass langsam uns klar wurde, dass wir wahrscheinlich – wahrscheinlich – hier aus dem Kessel von Stalingrad nicht mehr herauszukommen.

Die Zahl der Soldaten im Kessel verringerte sich im Dezember und Januar ständig. Neben den russischen Kugeln forderten auch Hunger und Kälte ihre Opfer. Anfang 1943 hatte die 6. Armee bereits 100.000 Tote zu beklagen. Am 8. Januar unterbreitete das sowjetische Oberkommando den Deutschen ein Angebot zur ehrenvollen Kapitulation. Paulus, der mittlerweile zum Generaloberst befördert worden war, wollte annehmen, doch auch im Angesicht der ausweglosen Lage siegte der Fanatismus des deutschen Diktators: Hitler verbot die Kapitulation und setzte damit mutwillig weitere Leben aufs Spiel. Wenige Tage später begann die russische Schlussoffensive. Damit war das Ende der 6. Armee besiegelt.

Für die eingeschlossenen Soldaten zeichneten sich nur noch wenige Möglichkeiten ab: Tod im Kampf, Fluchtversuch oder die gefürchtete russische Kriegsgefangenschaft. Für einige wenige bot sich allerdings noch eine andere Chance: in den Wochen der Einkesselung war es der Luftwaffe gelungen, über 30.000 Verwundete aus Stalingrad auszufliegen. Und darunter auch - Theo Bergrath. Er saß in einer der letzten deutschen Maschinen, die überhaupt aus der Stadt starten konnten. Am 19. Januar wurde Theo Bergrath während eines russischen Angriffs von Granat-Splittern am Kopf getroffen:

O-Ton Theo Bergrath:

Ich kriegte einen unheimlichen Schlag gegen den Kopf, ich vermute, ein großer Splitter ist gegen meinen Stahlhelm gegangen, das Auge war sofort ausgelaufen, und dann war ich blind, vielleicht 10 Minuten, 20 Minuten, und dann habe ich da gewartet, bis unsere ersten Fahrer kamen, die kamen nur bei Dunkelheit. Ich wollte nur schlafen, war völlig erschöpft. Am anderen Morgen kommt mich jemand vom Arzt holen und – das war ein Österreicher, unser Arzt – der sagt zu mir, ich habe einen Brief an meine Frau geschrieben, den möchte ich noch rausbringen, das geht aber nur mit einem Verwundeten. Ja ja, sag ich, ist gut.

Dieser Brief rettete Theo Bergrath vielleicht das Leben. Ohne einen Verwundeten als Boten hätte der betroffene Arzt die Nachricht an seine Frau wohl nicht mehr aus dem Kessel heraus bringen können. Für Theo Bergrath überschlugen sich plötzlich innerhalb weniger Stunden die Ereignisse: ehe er es realisieren konnte, saß er schon in einem Flugzeug. Und erst da begriff er, was er für ein Glück hatte:

O-Ton Theo Bergrath

Dann – habe ich da gesessen, es war zwar eine gewisse Ruhe in mir, aber ich habe das immer noch nicht kapiert, dass ich jetzt – von einer Viertelstunde auf die andere – mich aus dieser Hölle in die Lüfte erhoben habe. Und wir flogen über den Wolken, um, wenn russische Jäger kamen, sofort wieder einzutauchen, und dann habe ich das einfach nur ganz still, ohne über etwas nachzudenken, so genossen.

Währenddessen stand in Stalingrad das Ende unmittelbar bevor. Die Rote Armee spaltete den Kessel in mehrere Teile auf. Der endgültige Untergang der 6. Armee war nur noch eine Frage von wenigen Tagen. Doch auch im Angesicht der Katastrophe funktionierte in Deutschland die NS-Propaganda weiter: am 30 Januar, dem 10. Jahrestag der Hitlerschen Machtergreifung erklärte Reichsmarschall Herrmann Göring die Schlacht um Stalingrad für beendet – und leistete seinen Beitrag zur Legendenbildung:

O-Ton Göring

Jeder Deutsche – noch in 1000 Jahren – muss mit heiligen Schauern das Wort Stalingrad aussprechen und sich erinnern, dass dort Deutschland letzten Endes doch den Stempel zum Endsieg gesetzt hat.

Hitler versuchte derweil, sich seine Generäle bis in den Untergang zu verpflichten. Friedrich Paulus wurde am 30. Januar noch zum Generalfeldmarschall befördert – eine versteckte Aufforderung zum soldatischen Selbstmord. Doch dieses Mal widersetzte sich der sonst folgsame Paulus: am 31. Januar kapitulierte er mit dem Südkessel und begab sich in Gefangenschaft. Am 2. Februar folgte der Nordkessel unter General Strecker. Einen Tag später meldete das Oberkommando der Wehrmacht:

O-Ton Kapitulation

Aus dem Führerhauptquartier, 3. Februar 1943: Das Oberkommando der Wehrmacht gibt bekannt: Der Kampf um Stalingrad ist zu Ende. Ihrem Fahneneid getreu, ist die 6. Armee unter der vorbildlichen Führung des Generalfeldmarschalls Paulus der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen.

Offiziell war Stalingrad damit Geschichte. Doch nicht für Horst Zank. Während Göring am 30. Januar in Berlin den Untergang der 6. Armee beschrieb, saßen er und ein paar Kameraden in einem Keller in Stalingrad und lauschten via Radio den Worten des Reichsmarschalls. Die Betroffenen waren entsetzt über den "Abgesang auf die untergegangenen Helden von Stalingrad" und die Heroisierung der Katastrophe. Horst Zank hatte für sich eine Entscheidung getroffen. Er wollte fliehen. Zusammen mit drei Kameraden plante er einen Ausbruch auf Skiern. Zweimal startete die kleine Gruppe einen Versuch, beide Male vergeblich: einmal brachen die Männer das Unternehmen von sich aus ab, der zweite Versuch endete mit der Entdeckung. Am 1. Februar wurde Horst Zank festgenommen und kam in russische Kriegsgefangenschaft. Es vergingen sieben Jahre in unterschiedlichen Lagern, bevor er wieder nach Deutschland zurückkehren konnte. An seine Gefühle im Dezember 1949 – als er endlich wieder auf deutschem Boden stand – erinnert er sich genau:

O-Ton Horst Zank: Ich muss sagen, der größte und nachhaltigste Moment war der, als ich im Lager Friedland – ein Entlassungslager – als Einzelreisender, ich wurde als Einzelreisender entlassen, als ich da vor dem Lagertor stand. Und auf einmal kam ich mir vor also --- was ist nun, ne? – kein Mensch, kein Posten mehr und so. Das war also mit der größte und nachhaltigste Eindruck nach diesen ganzen Jahren, den ich dann da gehabt hab, wie ich dann nach Hause fahren konnte.

Trotz allem, was sie durchgemacht haben - Horst Zank und Theo Bergrath gehören zu den Glücklichen unter den Stalingrad-Kämpfern. Denn sie haben überlebt.

145.000 deutsche Soldaten sind im Winter 1942/43 zwischen den Flüssen Don und Wolga gestorben, verhungert, erfroren oder im Kampf gefallen. Über 90.000 teilten nach der Kapitulation das Schicksal von Horst Zank und kamen in russische Kriegsgefangenschaft. Von ihnen kehrten nur etwa 6000 nach Deutschland zurück, teilweise erst nach mehr als 10 Jahren. Das ist die traurige und erschreckende Bilanz eines Kriegswinters.

In den Köpfen von Horst Zank und Theo Bergrath ist die Erinnerung an Stalingrad auch 60 Jahre später noch frisch. Vergessen konnten sie nie. Beide waren seitdem schon mehrfach in der Stadt, die heute Wolgograd heißt. Es war wichtig, Frieden mit denen zu schließen, gegen die man einst kämpfen musste. Theo Bergrath erzählt:

O-Ton Theo Bergrath

Wir haben uns offen ausgesprochen, unsere beiden Völker sind von Verbrechern gegeneinander aufgehetzt und manipuliert worden. Und das war eine Einstellung, die wir durchaus teilen konnten, und die Freundschaft und die Offenheit mit den Russen war sehr schön, ein positives Erlebnis.

Genau 76 Tage vergingen zwischen der russischen Gegenoffensive im November und der deutschen Kapitulation Anfang Februar. Und diese Zeit reichte aus, um den Begriff Stalingrad zu einem Synonym werden zu lassen. Das Wort Stalingrad steht heute für sich selbst, es steht für den Anfang vom Ende des Dritten Reiches – und es bedeutet übersetzt: Katastrophe.