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Polen weist Botschafter-Kritik zu LGBT zurück

28. September 2020

In einem offenen Brief haben 50 Botschafter und Vertreter internationaler Organisationen in Polen zur Achtung der Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Trans-Menschen aufgerufen. Die Regierung reagiert pikiert.

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Mateusz Morawiecki
Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki von der regierenden Partei PiSBild: picture-alliance/PAP/R. Pietruszka

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wies hat dem Appell der Botschafter und internationalen Organisationen zum Umgang mit Menschen der LGBT-Gemeinde widersprochen. "Niemand wird uns in Sachen Toleranz unterweisen. Wir haben sie in unserer DNA", betonte Morawiecki auf einer Pressekonferenz. Das zeige nicht zuletzt ein Blick in die Geschichte, betonte der 52-jährige Politiker der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Zur Freiheit gehöre indes, dass auch die Gegenseite für ihre Rechte eintreten könne.

Polen LGBT Proteste
In vollem Einsatz: Ein Aktivist bei einer LGBT-Kundgebung in Warschau im August 2020Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Sokolowski

Angesichts einer Reihe von LGBT-feindlichen Äußerungen und Beschlüssen hatten 50 Botschafter und Vertreter internationaler Organisationen in Polen zur Wahrung der Menschenrechte aufgerufen. In einem offenen Brief heißt es, die Achtung der in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerten Grundrechte verpflichte die Regierungen, "alle Bürger vor Gewalt und Diskriminierung zu schützen und dafür zu sorgen, dass sie Chancengleichheit haben". Um schutzbedürftige Gemeinschaften vor Misshandlung und Hassreden zu schützen, müsse an einem "Umfeld der Nichtdiskriminierung, Toleranz und gegenseitigen Akzeptanz" gearbeitet werden.

Auch deutscher Botschafter beteiligt

Zu den Unterzeichnern gehören der deutsche Botschafter in Warschau, Arndt Freytag von Loringhoven, sowie seine Amtskollegen aus 20 weiteren EU-Staaten, dem Vereinigten Königreich, den USA und weiteren europäischen und außereuropäischen Staaten. Außerdem haben sich mehrere UN-Organisationen, eine Vertretung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und regionale Abgesandte Belgiens positioniert. Die belgische Botschaft hatte das Schreiben koordiniert.

Polens stellvertretender Außenminister Pawel Jablonski antwortete per Twitter, sein Land stimme der Botschaft des offenen Briefs voll zu. Gleichzeitig hob er die in der polnischen Verfassung übergeordnete Rolle einer Ehe zwischen Mann und Frau hervor. Die Bekundung dieser Tatsache sei keine Diskriminierung, sondern Zeichen des Respekts für die Werte, die Polen am Herzen liegen.

Klima der Intoleranz

Unter der nationalkonservativen Regierungspartei PiS sehen sich Lesben, Schwule, Bisexuelle und Trans-Menschen (LGBT) zunehmenden Verbalattacken ausgesetzt. So hatte Präsident Andrzej Duda mit homophoben Ressentiments erfolgreich um seine Wiederwahl gekämpft. Unter anderem sagte er mit Blick auf LGBT-Menschen: "Man versucht uns einzureden, dass das Menschen sind. Aber es ist einfach nur eine Ideologie."

Ende August hatte Duda den bisherigen Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses im Parlament, Zbigniew Rau, zum neuen Außenminister ernannt. Rau war, obwohl parteilos, 2019 auf der PiS-Liste ins Parlament eingerückt. In seinem Wahlkampf hatte er bei Facebook geschrieben: "Stoppt die LGBT-Ideologie, stoppt die Zivilisation des Todes."

Bereits rund 100 Gemeinden, überwiegend im katholisch-konservativen Süden und Osten Polens, haben Resolutionen gegen eine vermeintliche "LGBT-Ideologie" verabschiedet. Sie haben keine rechtlichen Folgen für Angehörige sexueller Minderheiten, verstärken jedoch ein Klima der Intoleranz gegen sie. Aus Protest haben bereits einige Städte in anderen EU-Staaten Partnerschaften mit polnischen Städten suspendiert oder aufgekündigt, andere setzen auf Dialog. Die EU-Kommission ist dazu übergegangen, Städten mit solchen Resolutionen keine Zuschüsse für Städtepartnerschaften mehr zu gewähren.

ehl/se/kle/ml (dpa, afp, ap)