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300 Leichen in Kolumbien verscharrt?

28. Juli 2015

Der Verdacht ist fürchterlich: Ermittler vermuten in der kolumbianischen Metropole Medellín eines der größten städtischen Massengräber der Welt - unter 24.000 Kubikmetern Schutt.

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Trauernde Angehörige von Vermissten (Foto: Reuters)
Trauernde Angehörige von Vermissten in MedellínBild: Reuters/F. Builes

Auf einer Müllhalde im kolumbianischen Medellin hat die Suche nach hunderten verscharrten Leichen begonnen. Die Ausgrabungen seien ein "historischer Prozess" für die Hinterbliebenen - und auch von nationaler Bedeutung, so Innenminister Juan Fernando Cristo. Nach einer religiösen Zeremonie im Beisein von Angehörigen der Vermissten wurde mit den Arbeiten begonnen.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass unter dem Müllberg 90 Opfer des bewaffneten Konflikts in Kolumbien begraben wurden. Menschenrechtsorganisationen rechnen sogar mit bis zu 300 Leichen. Die Ermittler wollen in den kommenden fünf Monaten 24.000 Kubikmeter Schutt wegräumen und sich acht Meter tief in die Halde vorarbeiten, um die Leichen zu bergen. Womöglich handele es sich um eines der weltweit größten städtischen Massengräber von Vermissten, sagte Generalstaatsanwalt Eduardo Montealegre.

Hochburg linker Guerilla-Gruppen

Während der Kämpfe zwischen linken Guerilleros, rechten Paramilitärs, Drogenkartellen und staatlichen Kräften seien in den vergangenen Jahrzehnten landesweit bis zu 50.000 Menschen verschwunden, erklärte Montealegre. Insgesamt wurden im kolumbianischen Bürgerkrieg bislang mehr als 200.000 Menschen getötet und mehr als sechs Millionen aus ihren Häusern vertrieben.

Auch in der Siedlung Comuna 13 in Medellín gab es bei Auseinandersetzungen zwischen den linken Guerrillagruppen FARC und ELN sowie rechten Paramilitärs zahlreiche Todesopfer. Die Gegend war einst eine Hochburg linker Gruppen. Ende der 90er Jahre sagten ihnen rechte paramilitärische Einheiten den Kampf an. Später ordnete der damalige Präsident Álvaro Uribe eine Militäroffensive gegen die linken Rebellen an.

Strafnachlass gegen Geständnis

Fotos von Vermissten vor einem mutmaßlichen Massengrab in Medellin (Foto: dpa)
Fotos von Vermissten vor einem mutmaßlichen Massengrab in MedellinBild: Reuters/F. Builes

Aktivisten begrüßten, dass dem Schicksal der Getöteten nachgegangen wird. Durch Geständnisse früherer Paramilitärs kamen die Ermittlungen zu den Massengräbern ins Rollen. Die Regierung hatte 2002 mit den Paramilitärs eine Demobilisierung vereinbart. Im Gegenzug wurde den Kämpfern angeboten, ihre Strafe zu reduzieren.

Medellín war einst Sitz des gleichnamigen Kartells des berüchtigten Drogenbarons Pablo Escobar. Derzeit leben in der Comuna 13, wo nach wie vor Drogenbanden aktiv sind, 250.000 Menschen. Die Regierung verhandelt seit November 2012 mit den FARC-Rebellen über ein Friedensabkommen. Die Gespräche in der kubanischen Hauptstadt Havanna wurden erst vor kurzem wieder aufgenommen.

jj/pg (dpa, afp)