25-Jahr-Feier Hongkong: Peking triumphiert
Ein Land, zwei Systeme? Ein Vierteljahrhundert nach der Übergabe der britischen Kronkolonie an China herrscht Resignation. Die Proteste für Demokratie und Freiheit sind verstummt, Peking lenkt und lässt sich feiern.
Historischer Händedruck
Heute vor 25 Jahren besiegelten der chinesische Präsident Jiang Zemin und der Ministerpräsident Li Peng (links) mit dem britische Thronfolger Prinz Charles und Premier Tony Blair (rechts) die Rückgabe Hongkongs an die Volksrepublik China. Nach 156 Jahren britischer Kolonialherrschaft gehört die Stadt seit dem "Handover" wieder zu China. 4000 Ehrengäste aus der ganzen Welt nahmen an der Feier teil.
Party in Peking
Auch in China wird die Rückgabe gefeiert: Am 1. Juli 1997 zelebrierten im Arbeiterstadion in Peking die chinesische Führungsspitze und 80.000 Menschen mit einem Feuerwerk farbenfroh die Rückkehr der Kolonie zum "Vaterland". Den Bewohnerinnen und Bewohnern Hongkongs wurden ein "hohes Maß an Autonomie" und viele politische Freiheiten bis 2047 garantiert.
Gebrochene Versprechen
Doch die Formel "Ein Land, zwei Systeme" wurde schrittweise abgeschafft: So wurden die Regierungschefs der Metropole von Anfang an nicht frei gewählt, sondern durch eine Kommission von Wahlleuten bestimmt. 2003 kam es zu Massenprotesten gegen den Entwurf eines Sicherheitsgesetzes, bekannt als Artikel 23. Hunderttausende gingen auf die Straße, darunter auch die junge Frau auf dem Bild.
Regenschirme und Revolte
Der Jahrestag der Übergabe Hongkongs an China entwickelte sich auch in einen Jahrestag der Proteste: An jedem 1. Juli gab es bisher Demonstrationen für die Einführung des allgemeinen Wahlrechts und mehr Unabhängigkeit Hongkongs. Hier demonstrieren am 1. Juli 2014 Zehntausende für mehr Demokratie. Einen Monat später beginnt die sogenannte "Regenschirm-Revolution".
Hatte Hongkong eine Wahl?
Von September 2014 an besetzen Demonstrierende wochenlang das Stadtzentrum. Der Protest richtet sich gegen die Entscheidung der chinesischen Regierung, die Wahlmöglichkeiten bei der Wahl des Hongkonger Regierungschefs 2017 zu beschränken. Auf dem Höhepunkt der "Occupy Central"-Proteste gehen mehr als 100.000 Menschen auf die Straße, zum Teil kommt es zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei.
Feiern mit Waffen
Mit einer Militärparade wird der Unabhängigkeitstag 2016 in Hongkong gefeiert. Dabei lässt ein Soldat der chinesischen Volksbefreiungsarmee ein kleines Mädchen durch das Zielfernrohr seines Gewehres schauen. Bei der Wahl des Hongkonger Legislativrates im September desselben Jahres sind junge Aktivisten in der Minderheit. Die Mehrheit der Volksvertreter sind pekingtreu.
Mehr Demokratie, bitte!
Zum 20. Jahrestag der Rückgabe Hongkongs an China 2017 besucht Chinas Staatschef Xi Jinping die Sonderverwaltungszone. Scharfe Sicherheitsvorkehrungen sollen Demonstrationen vermeiden - vergeblich, wie hier zu sehen ist. Ab 2018 wird die Repression gegen Verfechter der Unabhängigkeit Hongkongs weiter verschärft, unter anderem wird die Hong Kong National Party verboten.
Brücke der Superlative
Gleichzeitig wird die Stadt auch physisch enger an das chinesische Festland angebunden: Im September 2018 wird ein Hochgeschwindigkeitszug zwischen Hongkong und Guangzhou eröffnet, einen Monat später eine 55 Kilometer lange Autobahnbrücke von der chinesischen Stadt Zhuhai nach Macau und Hongkong. Es ist die längste Meeresbrücke der Welt.
Keine Auslieferung!
2019 kommt es erneut zu massiven Protesten: Grund ist ein neues Auslieferungsgesetz, das die Überstellung von Verdächtigen an Festlandchina erlauben würde. Hier demonstrieren im Juni rund eine Million Menschen dagegen – ein Siebtel der Bevölkerung Hongkongs. Im Juli gehen nach Angaben der Organisatoren sogar bis zu zwei Millionen Hongkongerinnen und Hongkonger auf die Straße.
Hongkongs Hardliner
Am 25. Jahrestag der Rückgabe bekommt Hongkong einen neuen Regierungschef: John Lee (r.) wird am 1. Juli 2022 vereidigt, er übernimmt das Amt von der scheidenden Regierungschefin Carrie Lam (l.). Lee gilt als Hardliner und ist berüchtigt für seine Loyalität gegenüber der chinesischen Zentralregierung. Als Sicherheitsminister Hongkongs war er an der Niederschlagung mehrerer Proteste beteiligt.
Resignation statt Revolte
In diesem Jahr wird es wohl erstmalig keine Demonstrationen am Jahrestag der Übergabe geben: Die pro-demokratischen Proteste sind zum Erliegen gekommen. Zum einen wegen der strikten Restriktionen im Zuge der Corona-Pandemie, zum anderen wegen des Sicherheitsgesetzes, das 2020 in Kraft trat. Kritische Stimmen sind verstummt, zahlreiche Oppositionelle haben die Stadt verlassen oder sitzen in Haft.