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100 Jahre Schwarz-Gelb

17. Dezember 2009

Vor genau einem Jahrhundert wurde Borussia Dortmund gegründet. Der Traditionsverein blickt zurück auf eine bewegte Geschichte voller Erfolge, befand sich mehrmals aber auch am Rande des Ruins.

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Logo 100 Jahre Borussia Dortmund (Foto: dpa)
Borussia Dortmund feiert den 100.Bild: picture-alliance/ dpa

Am Borsigplatz, im Dortmunder Norden, wurde die Borussia am vierten Adventssonntag 1909 geboren. 18 Schüler der Dreifaltigkeitsgemeinde gründeten den Klub aus Liebe zum Fußball und aus Protest gegen den Kaplan der Gemeinde, der das Fußballspielen am liebsten ganz verbieten lassen wollte. Nach Erfolgen in Gauliga und Oberliga-West wurde die Borussia in den Fünfziger Jahren endgültig zur deutschen Spitzenmannschaft. 1956, '57 und '63 wurde Dortmund Deutscher Meister. Dazu kamen der Pokalsieg 1965 und der Europapokal 1966 gegen Liverpool.

"Wir haben 1:0 geführt. Sigi Held schoss das 1:0", erinnert sich Nationalspieler Aki Schmidt, der 1956 nach Dortmund kam und für den der Europapokalsieg 1966 der schönste Titel seiner Karriere war. "Acht Minuten vor Schluss fiel der Ausgleich. Da habe ich gedacht: Jetzt packen wir es nicht mehr." In der Verlängerung aber versenkte Reinhard "Stan" Libuda einen Glückschuss im Liverpooler Tor. Dortmund kehrte als erster deutscher Europapokalsieger in die Heimat zurück.

"Am Flugzeug standen die Leute schon. Die ganze Autobahn war voller Leute und dann die ganze Stadt voll", erzählt Aki Schmidt. "Und wir waren kaputt. Wir haben die ganze Nacht nicht schlafen können. Wir waren so aufgeregt und voller Freude. Und vorher war das anstrengende Spiel noch mit schwerem Boden und Verlängerung. Also, was ein Mensch aushalten kann, das ist schon unglaublich."

Tiefer Fall und finanzielle Probleme

Unglaublich war auch der rapide Absturz der Borussia. Nur sechs Jahre nach dem Europapokalsieg steigt der Verein 1972 aus der Bundesliga ab und stand vor dem finanziellen Aus. "Das war die Zeit, als das Profitum losging", sagt Helmut "Jockel" Bracht, ehemaliger Spieler und Trainer des BVB. "Da haben wir gemerkt, dass unser Stadion, die Kampfbahn 'Rote Erde' zu klein war, um die Spieler marktgemäß zu bezahlen." Glücklicherweise bekam die Dortmund den Zuschlag für die Fußball-WM 1974. Das Westfalenstadion wurde gebaut und zog die Massen an. Vier Jahre nach dem Abstieg gelang die Rückkehr ins Oberhaus, 1982 war Dortmund sogar wieder im Europapokal dabei.

Norbert Dickel mit DFB-Pokal (Foto: dpa)
Norbert Dickel, der "Held von Berlin"Bild: picture-alliance / dpa

1986 drohte in der Relegation gegen Fortuna Köln der erneute Abstieg. Im zweiten Relegationsspiel fehlt Borussia Dortmund bis kurz vor dem Abpfiff ein zweites Tor, um wenigstens ein Entscheidungsspiel zu erzwingen. "Ich hatte vorher schon bei Borussia Dortmund unterschrieben und ich sah mich schon in der zweiten Liga", erinnert sich Norbert Dickel, ehemaliger BVB-Stürmer. "Zum Glück hat Jürgen Wegmann noch das entscheidende Tor gemacht." Mit einem 8:0-Kantersieg im Entscheidungsspiel hielt der BVB die Klasse und gab so den Anstoß für eine neue erfolgreiche Zeit. Höhepunkt war das 4:1 im DFB-Pokalfinale 1989 gegen Werder Bremen, zu dem Norbert Dickel zwei Treffer beisteuerte. Nach 23 Jahren endlich wieder ein Titel für Schwarz-Gelb.

Erfolgreiche Neunziger Jahre

Andreas Möller hält die Schale hoch (Foto: dpa)
Andreas Möller hält die Schale hochBild: picture-alliance / dpa

Anfang der Neunziger Jahre wurden mit Manager Michael Meier und dem damals in Deutschland noch unbekannten Trainer Ottmar Hitzfeld zwei Personen verpflichtet, die das Bild der Borussia entscheiden prägen sollten. Aus Italien holte der BVB mit Matthias Sammer, Stefan Reuter, Karl-Heinz Riedle, Andreas Möller und später noch Jürgen Kohler zahlreiche Nationalspieler nach Dortmund. Mit dem Star-Ensemble gelingt 1995 nach 32 Jahren wieder die Deutsche Meisterschaft. Die Entscheidung fällt erst am letzten Spieltag zu Hause gegen den Hamburger SV.

"Diese Atmosphäre die im Stadion herrschte", schwärmt Lars Ricken, damals einer der jüngsten Dortmunder auf dem Platz. "Jeder hatte ein Radio mit. Dann sind teilweise ganze Blöcke aufgesprungen und da lief mit teilweise schon während des Spiels Gänsehaut den Rücken runter. Das war von der Emotionalität her vielleicht mein tollstes Spiel."

Champions League, Weltpokal und Finanzkrise

Dabei sollten in Rickens Karriere noch viele tolle Spiele folgen: 1996 verteidigte die Mannschaft den Meistertitel, stand 1997 sogar im Champions-League-Finale gegen Juventus Turin. Ricken wurde nur zehn Sekunden nach seiner Einwechslung zum Matchwinner, als er das Leder mit seiner ersten Ballberührung zum entscheidenden 3:1 ins Turiner Tor lupfte. "So wie der Ball lag, war es die beste Möglichkeit", sagt er heute. "Wenn ich mir das heute nochmal im Fernsehen anschaue, muss ich sagen: Mache ich das zehnmal im Training, geht er neunmal nicht rein."

Champions League Sieg, anschließend sogar der Weltpokal - Dortmund war ganz oben, holte 2002 erneut die Deutsche Meisterschaft. Doch wie schon 35 Jahre zuvor ließ der tiefe Fall nicht lange auf sich warten: Teure Spieler in Verbindung mit sportlichem Misserfolg schlugen ein Loch von rund 120 Millionen Euro in die Vereinskasse. 2004 stand der Club vor dem finanziellen Aus. "Da bist du morgens zur Arbeit gefahren und hast manchmal gedacht: Bist du denn übermorgen auch noch da?", erinnert sich Norbert Dickel, der seit 1995 im Management der Borussia angestellt ist. "Wir wussten ja auch nicht genau, was in der Führungsetage vor sich geht und das hat uns alles sehr nervös gemacht. Da sitzt du hier und hast Pipi in den Augen."

Rettung und Konsolidierung

Gerd Niebaum und Michael Meier (Foto: dpa)
Schlechte Stimmung: Niebaum (l.) und MeierBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Nur mit größter Mühe gelingt die Rettung. Präsident Gerd Niebaum und Manager Michael Meier müssen gehen. Hans-Joachim Watzke und Reinhard Rauball übernehmen. Sportlich backt der große BVB allerdings kleinere Brötchen, muss auf junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs setzen. Borussia pendelt in der Tabelle zwischen dem 6. und dem 13. Platz. Drei vorzeitige Trainerwechsel sind die Folge. Nach dem verlorenen Pokalfinale 2008, das dem BVB die UEFA-Cup-Teilnahme beschert, wird Jürgen Klopp als der Trainer verpflichtet, der mit jungen Spielern eine neue Mannschaft aufbauen soll.

Ein Weg der in dieser Saison pünktlich zum 100. Geburtstag erste Erfolge zeigt und der auch von den alten Stars Lars Ricken, Norbert Dickel und Aki Schmidt unterstützt wird. "Hinten die beiden Subotic und Hummels sind mit Sicherheit die talentierteste Abwehr der Liga", sagt Ricken. "Davor setzt man auf zwei Schlüsselpositionen mit Nuri Sahin und Sven Bender zwei letztendlich noch blutjunge Spieler." So sieht es auch Norbert Dickel: "Wir haben ein tolles Team, wir haben einen überragenden Trainer, mit 76.000 die besten Fans. Der BVB steht richtig gut da, richtig gut." Sogar richtig erleichtert scheint Aki Schmidt zu sein: "Endlich mal. Da habe ich lange drauf gewartet, dass man jetzt diese Philosophie macht", freut er sich. "Das finde ich gut. Für uns, für die Zukunft."

Autor: Andreas Ziemons
Redaktion: Jens Krepela