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Politik

Irritationen um Waffenexport-Kompromiss

Nina Werkhäuser
29. März 2019

Der Exportstopp für deutsche Waffen nach Saudi-Arabien bleibt für weitere sechs Monate bestehen. Deutsche Bauteile für europäische Waffen dürfen aber wieder geliefert werden. Ein Hintertürchen?

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Flugzeugmesse Dubai Vereinigte Arabische Emirate
Modell des europäischen Kampfflugzeugs Eurofighter auf einer Flugshow in Dubai Bild: picture-alliance/AP

Es ist ein Kompromiss, der Irritationen auslöst: Der Export deutscher Waffen an  Saudi-Arabien bleibt verboten, deutsche Bauteile für europäische Waffen dürfen aber wieder geliefert werden. So lautet der Beschluss, den die Bundesregierung am späten Donnerstagabend gefasst hat. Das lasse eine Hintertür offen, durch die deutsche und europäische Waffen weiter im Jemen-Krieg landen könnten, kritisieren Oppositionspolitiker. Auch im Jemen tätige Hilfsorganisationen befürchten "Schlupflöcher" für die Lieferung von Rüstungsgütern. Deutschland müsse seine Verpflichtungen gegenüber den europäischen Partnern einhalten, argumentieren hingegen die regierenden Christdemokraten. Andernfalls könne man die Zusammenarbeit in der EU vergessen. 

Exportstopp seit November

Zuletzt hatten Frankreich und Großbritannien mit wachsendem Ärger auf das Verbot deutscher Rüstungsexporte an Saudi-Arabien reagiert. Den Exportstopp hatte die Bundesregierung nach dem Mord an dem regierungskritischen saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im vergangenen November verhängt und seither mehrfach verlängert.

Betroffen waren auch Bauteile aus Deutschland, etwa für das europäische Kampfflugzeug "Eurofighter". Dessen Fertigung in Großbritannien war dadurch ins Stocken geraten - sehr zum Unmut der Verbündeten und der beteiligten Unternehmen. Sie drohten mit Klagen auf Schadenersatz. Innerhalb der Bundesregierung drängten vor allem CDU und CSU darauf, den Exportstopp wieder aufzuheben. Die Sozialdemokraten hingegen bestanden auf einer Verlängerung.   

Deutschland Olaf Scholz in einer Kabinettssitzung
Die SPD-Minister Heiko Maas (Außen) und Olaf Scholz (Finanzen) neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)Bild: Imago/E. Contini

Mit ihrem Kompromiss sendet die Bundesregierung nun versöhnliche Signale an die Partner: Sie erlaubt den Export von deutschen Komponenten an europäische Hersteller wieder, wenn auch unter Auflagen: Diese Waffensysteme sollen nicht an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert und schon gar nicht im Jemen-Krieg eingesetzt werden.

"Die Bundesregierung wird sich in den Konsultationen gegenüber den Partnern dafür einsetzen, dass die gemeinsam produzierten Rüstungsgüter im Jemen-Krieg nicht zum Einsatz kommen", heißt es wörtlich in dem Beschluss. Die beteiligten Unternehmen wiederum sollen gegenüber den Vertragspartnern darauf bestehen, dass "keine endmontierten Rüstungsgüter an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate  ausgeliefert werden".

Im Jemen-Krieg wird mit deutschen Waffen gekämpft

Nach den Erkenntnissen des Rechercheverbunds #GermanArms werden deutsche Waffen sowohl von Saudi-Arabien als auch von den Vereinigten Arabischen Emiraten im Jemen-Krieg eingesetzt, etwa die Waffenstation "Fewas" des deutschen Herstellers Dynamit Nobel, in Deutschland gebaute Kriegsschiffe sowie das Kampfflugzeug Eurofighter. An den Recherchen war auch die Deutsche Welle beteiligt.

Obwohl die Bundesregierung im Koalitionsvertrag zugesagt hatte, keine Waffen mehr an Länder zu liefern, "die unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind", hatte sie weiter neue Exportgenehmigungen an Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate erteilt. Im Fall von Saudi-Arabien waren das Artillerie-Ortungsradare, die Vereinigten Arabischen Emirate erhielten Gefechtsköpfe für schiffsgestützte Flugabwehrsysteme. Erst nach dem Mord an Jamal Kashogghi wurden keine weiteren Genehmigungen erteilt und die Auslieferung gestoppt. 

DW Exclusive Deutsche Waffen in Jemen SPERRFRIST 26.02.2019 20 Uhr Oshkosh-Kampffahrzeuge mit Fewas-Waffenstation
Ein Gefechtsfahrzeug mit aufmontierter Fewas-Waffenstation aus deutscher Produktion in der Nähe der jemenitischen Hafenstadt HodeidaBild: EPA-EFE/REX/Shutterstock/N. Almahboobi

Verbündete liefern an Saudi-Arabien

Was der Beschluss der Bundesregierung nun etwa für den Eurofighter bedeutet, von dem Saudi-Arabien 48 Stück bei der britischen Regierung bestellt hat, bleibt unklar. Gleiches gilt für die europäische Luft-Luft-Rakete "Meteor", die ebenfalls auf dem Einkaufszettel der Saudis steht. Die Kritik der Verbündeten hatte sich ja gerade darauf bezogen, dass diese Waffen nicht fertiggebaut und dann auch an Saudi-Arabien geliefert werden können.

Die Kriterien, nach denen Großbritannien oder Frankreich über solche Exporte entscheiden, decken sich nicht zwingend mit denen der Bundesregierung. So seien Meteor-Raketen per Definition nicht dazu gedacht, "für Bodenangriffe eingesetzt zu werden, sondern nur zur Luftverteidigung", argumentiert die französische Regierung. Demnach bestehe auch keine Gefahr für Zivilisten, also auch kein Hinderungsgrund für den Export nach Saudi-Arabien. Die Regierung in London macht keinen Hehl daraus, dass Personal der britischen Luftwaffe Saudi-Arabien bei der Wartung von Kampfflugzeugen unterstützt, die in Großbritannien gebaut wurden- wie etwa der Eurofighter. 

Staatliche Hilfe für die Peene-Werft

Für rein deutsche Waffen hält die Bundesregierung ihren Exportstopp für weitere sechs Monate aufrecht. Auf den inzwischen eng verflochtenen Märkten für größere Rüstungsgüter sind das zwar die wenigsten, aber auf die Patrouillenboote der Firma Lürssen trifft das zu. 15 dieser Boote hat Saudi-Arabien schon bekommen, weitere sind bestellt. Diese waren bereits im Bau oder schon fertiggestellt, ausgeliefert werden durften sie nicht. Dabei bleibt es nun bis mindestens 30. September. Über die wirtschaftlichen Verluste will die Regierung der Peene-Werft in Wolgast hinweghelfen, die nach dem Lieferstopp Kurzarbeit angemeldet hatte.

 

Nina Werkhäuser Reporterin