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Energiesparen im Wolkenkratzer

29. Dezember 2011

Klimaschutz ist auch ein Thema in Taiwan, das früher eher für rücksichtsloses Wachstum stand als für schonenden Umgang mit Ressourcen. Das einst höchste Haus der Welt hat sich dort zum höchsten "grünen" Haus gewandelt.

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Taipeh Tower 101 Tower bei Nacht, Taipeh, Taiwan (Foto: DW)
Taipei 101 - der Wolkenkratzer in Taipeh, Taiwan, bei NachtBild: picture alliance/Chromorange

Eine Schar von Besuchern drückt sich die Nase am Sicherheitsglas platt. Fast 400 Meter unter ihnen breitet sich die Betonwüste von Taipeh wie ein Teppich bis zum Horizont aus. Spielzeugautos fahren durch Häuserschluchten, Menschen sind nur winzige Punkte. Geformt wie ein Bambus und mehr als 500 Meter hoch, ist das Taipei 101 Pflichtprogramm für jeden Touristen in Taiwan. Und doch hat der Wolkenkratzer an Renommee verloren. Seit knapp zwei Jahren darf er sich nicht mehr "höchstes Haus der Welt" nennen.

Noch bevor dieser Titel nach Dubai ging, machte Cathy Yang sich auf die Suche nach einem neuen Superlativ. Für die Vizepräsidentin der Betreibergesellschaft ist es selbstverständlich, dass für das Taipei 101 besondere Maßstäbe gelten. "Die Leute beobachten uns wie mit einer Lupe", sagt die Managerin in ihrem Büro im 59. Stock. "Wir müssen alles perfekt machen. Wir sind stolz auf das Taipei 101, denn es ist das Symbol Taiwans."

"Umwelt-Verantwortung tragen"

Cathy Yang, Vizepräsidentin der Betreibergesellschaft. (Foto:Taipei Financial Center Corporation)
Cathy Yang, Vizepräsidentin der BetreibergesellschaftBild: aipei Financial Center Corporation

Die Entscheidung fiel 2008. Steigende Energiepreise bereiteten ihr Kopfzerbrechen, als Yang von sogenannten LEED-Zertifikaten für besonders ressourcenschonende Gebäude erfuhr. Besitzer können ihre Gebäude freiwillig überprüfen lassen, je nach Bedarf nachrüsten, und wenn sie die Grenzwerte einhalten, gibt es ein Zertifikat. Für fünf Jahre, dann wird neu geprüft. Die Firma von Cathy Yang nutzte diese Möglichkeit, um sich von der breiten Masse abzusetzen. "So können wir zeigen, dass wir uns mit dem Taipei 101 um die Umwelt sorgen und als Unternehmen soziale Verantwortung tragen. Wenn ein so großes Gebäude grün und nachhaltig werden kann, dann beweist das anderen Besitzern, dass sie es auch schaffen können."

Know-How aus Deutschland

Zwei Jahre dauerte es, bis die Kriterien erfüllt waren. Weniger Strom und Wasser sollte das Taipei 101 verbrauchen, weniger Müll produzieren, und die Mieter eine bessere Raumluft atmen. 11.000 Menschen arbeiten in dem riesigen Gebäude. Technik-Know-How aus Deutschland sollte es richten. Siemens hat die energetische Optimierung als viel versprechendes Geschäftsfeld entdeckt. Gebäude bieten ein besonders großes Sparpotenzial für Energiekosten und CO2-Ausstoß. "Es reicht nicht, nur die Glühbirne auszutauschen", sagt Peter Weiss, Präsident von Siemens Taiwan. "Man muss sich mit einem ganzheitlichen Ansatz alle Elemente des Hauses anschauen. Dann kann man in der Summe den Energiebedarf um durchschnittlich 30 Prozent reduzieren."

Manuelle Mülltrennung tief unter dem Taipei 101 (Foto: DW)
Manuelle Mülltrennung tief unter dem Taipei 101: Ob ausgemusterte Tastaturen, CDs oder Getränkeflaschen - hier wird gleich sortiertBild: Klaus Bardenhagen

Ganz so viel ließ sich beim Taipei 101 nicht herausholen. Es wurde ja auch erst vor sieben Jahren eröffnet. Und mit fast 120.000 Quadratmetern Glasfassade rundum, die ständig der Sonne ausgesetzt sind, bleibt die Klimaanlage wie in vielen Hochhäusern der größte Stromschlucker.

Energie-Verbrauch gesenkt

Nach dem Motto "Optimierung statt Komplettsanierung" installierten die Ingenieure vor allem neue Steuerungssysteme und Sensoren für Beleuchtung, Lüftung und Klimaanlage. Das drückte den Energieverbrauch immerhin um fast 20 Prozent und spart pro Jahr 700.000 US-Dollar. Die Investition von zwei Millionen Dollar habe sich schon gerechnet, sagt Cathy Yang, und die Mieter freuen sich über geringere Nebenkosten. "In Zukunft werden LEED oder andere Zertifikate für große Unternehmen bei der Standortwahl eine wichtige Rolle spielen", sagt Yang. "Die Vermieter müssen sich entscheiden, ob sie ihre Gebäude nachhaltig umrüsten wollen oder nicht."

Taipei 101, war von 2004 bis 2009 der weltweit höchste Wolkenkratzer.(Foto: AP)
Taipei 101 war von 2004 bis 2009 der weltweit höchste WolkenkratzerBild: AP

Bisher ist das Taipei 101 nur ein Leuchtturmprojekt. Zwar hat Taiwans Regierung den Klimaschutz zum Programm erklärt, doch viele Maßnahmen bleiben halbherzig. Obwohl Taiwan weltweit einer der größten Produzenten von Solarzellen ist, sieht man vom Taipei 101 aus keine Solarmodule auf den Dächern der Stadt. Und der staatseigene Energiekonzern hält die Strompreise künstlich niedrig, was für das Energiesparen nicht gerade förderlich ist. Noch muss sich auch in Taiwan herumsprechen, dass sich mehr Energieeffizienz für alle rechnet, für den Staat, für die Mieter, die Besitzer und das Klima. Wenn sich diese Erkenntnis etabliert, dann könnten auch in Taiwan bald viele Gebäude stehen, die wie das Taipei 101 auf Effizienz setzen statt auf Verschwendung.

Autor: Klaus Bardenhagen
Redaktion: Gero Rueter/Ana Lehmann