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Berlin-Karlshorst

Marcel Fürstenau7. Mai 2012

Am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht bedingungslos. Die Urkunde wurde in einem ehemaligen Offizierskasino unterschrieben. Später entstand ein Museum, in dem heute Sieger und Besiegte zusammenarbeiten.

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Historische Aufnahme mit uniformierten Soldaten, die vor dem Eingang des Offizierskasinos der Wehrmacht stehen, in dem am 8. Mai 1945 das Ende des Zweiten Weltkriegs besiegelt wurde. (Quelle: Deutsch-Russisches Museum, Berlin-Karlshorst)
Bild: Deutsch-Russisches Museum, Berlin-Karlshorst

"Der 8. Mai war ein Tag der Befreiung. Er hat uns alle befreit von dem menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft." Die Sätze stammen aus Richard von Weizsäckers berühmter Rede, die der damalige Bundespräsident 8. Mai 1985 hielt - 40 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges. So deutlich und unmissverständlich hatte das bis dahin noch kein hochrangiger westdeutscher Politiker zum Ausdruck gebracht.

Bundespräsident Richard von Weizsäcker hält seine vielbeachtete Rede im Bonner Bundestag am 8. Mai 1985 während der Feierstunde zum Ende des Zweiten Weltkrieges (Foto: Egon Steiner / dpa)
1985: Richard von Weizsäcker spricht vom "Tag der Befreiung"Bild: picture-alliance / dpa

"Das war ein Tabubruch", sagt der Historiker Jörg Morré über Weizsäckers Rede. Morré ist Direktor des Deutsch-Russischen Museums in Berlin-Karlshorst - einem historischen Ort von ganz besonderer Bedeutung. Denn in diesem Gebäude, das von den Nazis kurz vor Kriegsbeginn als Offizierskasino errichtet worden war, kapitulierte das von Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel angeführte Oberkommando der Wehrmacht bedingungslos.

"Tag der Befreiung"

Osteuropa-Experte Morré, der viel in Moskauer Archiven recherchiert hat, verweist auf die unterschiedliche Wahrnehmung des 8. Mai im geteilten Deutschland. Während sich die in das westliche Bündnis eingebettete Bundesrepublik lange sehr schwer damit tat, das Kriegsende auch als Akt der Befreiung anzuerkennen, sei das in der DDR von Anfang an der Fall gewesen. Das antifaschistische Selbstverständnis fiel dem kommunistischen Regime leicht, zumal die DDR der strategisch wichtigste Verbündete der Sowjetunion war.

Die Sowjets hatten zu DDR-Zeiten in dem Karlshorster Gebäude das "Museum der bedingungslosen Kapitulation des faschistischen Deutschlands im Großen Vaterländischen Krieg" eingerichtet, kurz "Kapitulationsmuseum". Das sei ein passender Name, meint Historiker Morré. An der Doppeldeutigkeit des 8. Mai indes ändere das nichts. "Auf jeden Fall war es ein Tag der Befreiung", stellt Morré klar, auch wenn man dieses Datum aus militärischer Sicht notwendigerweise anders bewertet. Denn das Ziel der Anti-Hitler-Koalition war es, das Nazi-Regime zu besiegen.

Der Kapitulationsaal im Museum Karlshorst in Berlin. Hier unterzeichnete Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel die Kapitulationsurkunde. Hinter der Tisch- und Stuhlreihe hängen die Fahnen der Alliierten: USA, Frankreich, Sowjetunion und Großbritannien. (Foto: Museum Karlshorst)
Der Kapitulationssaal im Deutsch-Russischen MuseumBild: Museum Karlshorst

Die Umbenennung

Nach dem Abzug der Alliierten aus dem wiedervereinten Deutschland wurde das Kapitulationsmuseum 1995 umbenannt in Deutsch-Russisches Museum. Es wird von einem Verein geführt, den beide Länder gemeinsam tragen.

Diese Konstruktion ist einmalig. Sieger und Besiegte erinnern hier gemeinsam am historischen Ort an das Ereignis des 8. Mai 1945. Dies passiert mit einer Dauer-Ausstellung über das Kriegsende, mit Diskussionen, Filmreihen, Musikveranstaltungen, Lesungen und wissenschaftlichen Tagungen.