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Spirituelle und Piraten in den Bundestag?

17. Juli 2009

Rund zehn Wochen vor der Bundestagswahl lautete die entscheidende Frage: Wer darf mit ins Rennen? 29 Parteien, darunter 21 Splitterparteien, hat der Bundeswahlausschuss zugelassen.

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Wahlplakat der Tierschutzpartei (Foto: Tierschutzpartei)
Die Tierschutzpartei gehört zu den 21 zugelassenen Splitterparteien

Ironische Spaßvögel, spirituelle Sektierer und bierernste Politfunktionäre haben am Freitag (17.07.2009) frischen Wind in den oft so drögen Politikalltag gebracht. Der Bundeswahlausschuss hörte im Berliner Bundestag Vertreter von 52 Kleinstparteien und politischen Vereinigungen an, die alle zur Bundestagswahl am 27. September antreten wollten. 21 ließ das Gremium am Ende zu.

"Ich bin Imperator und Vorsitzender der APPD, mein Name ist Volker Stoi, Stoi wie Stoiber", so stellte sich etwa APPD-Chef Volker Stoi vor. Doch der Chef der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands (APPD) konnte die ernsthaften Anliegen der Partei nicht erklären. Auf die Frage, warum die APPD nur in drei Ländern antreten wolle, sagte Stoi: "Die anderen Landesverbände befinden sich im Untergrund, da kann man nichts machen." Das propagierte Partei-Motto "Euch die Arbeit, uns das Vergnügen. Nie wieder Arbeit!" konnte den Ausschuss nicht überzeugen.

Das Ziel: "SPD plus x"

Martin Sonneborn (Foto: DW-TV)
Er war sich seiner Sache so sicher: Martin Sonneborn

Der einstige "Titanic"-Chefredakteur Martin Sonneborn war sich der Sache so sicher, dass er nur seinen Schatzmeister zum Ausschuss nach Berlin schickte. Der Vorsitzende der Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative, kurz und kreativ die PARTEI, hatte keine Zweifel daran, zugelassen zu werden. "Unser Ziel ist SPD plus x", sagte Sonneborn. Dann die böse Überraschung: Schatzmeister Norbert Gravius konnte nicht sagen, wie viele PARTEI-Mitglieder es gibt und wie die Finanzen aussehen. Aus der Traum. Doch Sonneborn kämpft weiter und will Einspruch einlegen: "Wir sind keine Spaßpartei - die einzig legitime Spaßpartei ist und bleibt die FDP."

Mehr Spiritualität in die Politik bringen

Ihre Träume ad acta legen musste auch die Berg-Partei, die gerne das Verteidigungsministerium in ein "Zwischennnutzungs- und Querfinanzierungsministerium" umwandeln will und fordert, für jeden gefällten Baum ein Auto einzuschmelzen. Dass auch etwas abseitige Parteien durchaus eine Chance haben, beweist die Zulassung der "Violetten", die mehr Spiritualität in Öffentlichkeit und Politik tragen wollen. Die "Geistesfreunde" wollen laut ihrem Programm "das Verbindende anstatt des Trennenden betonen, in Liebe, Toleranz und Verantwortung handeln und das Göttliche in allem, was ist, sehen".

Auch Gabriele Pauli ist dabei

Gabriele Pauli (Foto: AP)
Gabriele Paulis Freie Union ist für die Wahl zugelassenBild: AP

Die erwarteten Erfolge konnten hingegen die Internet-Aktivisten von der Piratenpartei sowie die Freie Union feiern, die neue Partei der einstigen CSU-Rebellin Gabriele Pauli. Pauli hat ihre Partei erst im Juni gegründet und nach eigenen Angaben inzwischen mehr als 1.000 Mitglieder in ganz Deutschland. In ihrem nur sechsseitigen Parteiprogramm fordert die Freie Union unter anderem die Direktwahl von Kanzler und Ministerpräsidenten. Zudem will sie die Landtage mit Teilzeitpolitikern besetzen.

Keine Chance für Spaßparteien

Roderich Egeler, Vorsitzender des Bundeswahlausschusses (Foto: dpa)
Roderich Egeler, Vorsitzender des BundeswahlausschussesBild: picture-alliance/ dpa

Der seit 2008 amtierende Bundeswahlleiter und Vorsitzende des Bundswahlausschusses, Roderich Egeler, machte deutlich, dass er eines offensichtlich nicht mehr will: dass Spaßparteien die Bundestagswahl als Plattform nutzen und damit entwerten. Wichtig war die Frage, ob die Parteien Einfluss auf die politische Willensbildung nehmen können. Zu den Kriterien gehörten zudem, ob sie eine vorzeigbare Mitgliederzahl, eine verfestigte Organisation haben sowie Aktivitäten entfalten, um Wahlerfolge zu erringen.

Neben den 21 nun zugelassenen Splitterparteien dürfen zur Wahl acht Parteien antreten, die schon im Bundestag oder in einem Landtag ausreichend vertreten sind und sich nicht mehr dem Wahlausschuss stellen mussten. Das sind die CDU, CSU, SPD, Grüne, Linke, FDP sowie die DVU und NPD. (nem/kle/fw/ap/dpa/afp)