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Warum unsere Haare grau werden

Judith Hartl6. März 2009

Jeder bekommt irgendwann graue Haare. Das ist leider unser Schicksal. Aber wenigstens haben Forscher nun herausgefunden, warum das so ist. Und vielleicht erfinden sie ja bald auch ein Gegenmittel.

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Mann schaut sich besorgt im Spiegel an (Bild: picture alliance)
Oje, wieder ein graues Haar ...Bild: picture-alliance/chromorange

Manche finden es ja attraktiv, aber die meisten von uns stehen schon - zumindest kurzzeitig - unter Schock, wenn die ersten grauen Haare sprießen. Gut, man kann färben - aber der Haaransatz verrät, dass auch Haare altern. Jetzt endlich fanden Forscher die Ursachen für diese unnötige Altersbegleiterscheinung heraus. Gemeinsam mit britischen Kollegen entschlüsselten Mainzer Wissenschaftler, was auf molekularer Ebene passiert, wenn ein Haar seine Farbe verliert.

Übeltäter H2O2

Ein Haar unter dem Elektronenmikroskop (Foto: Institut für Rechts- und Verkehrsmedizin der Universität Heidelberg)
Ein Haar unter dem Elektronenmikroskop

Schuld an dem Desaster ist Wasserstoffperoxid, das man auch vom Bleichen kennt, sagt Professor Heinz Decker vom Institut für Biophysik der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz: "Im Laufe der Evolution sind bestimmte Schutzenzyme aufgebaut worden, die die Konzentration von Wasserstoffperoxid recht gering halten."

Eines dieser Schutzenzyme ist die so genannte Katalase. Sie zerlegt das Wasserstoffperoxid (H2O2) in die gefahrlosen Bestandteile Wasser (H2O) und Sauerstoff (O2). Nimmt allerdings die Konzentration an Wasserstoffperoxid überhand, dann kann es auch die Schutzenzyme angreifen. In der Folge nimmt die Bildung von Haar-Farbpigmenten, von Melanin, ab, da auch das Schlüsselenzym, die Tyrosinase, deaktiviert wird.

Ende der Grauköpfe?

Prof. Heinz Decker, Leiter Institut für Biophysik an der Universität Mainz (Foto: Uni Mainz)
"Das ist nicht nur ein kosmetisches Problemchen", sagt Professor Heinz DeckerBild: Heinz Decker / Universität Mainz

Zuerst wird das Haar grau, zum Schluss ist es weiß. Die Pigmente fehlen von der Haarwurzel bis zur Haarspitze. Könnte man diesen Prozess rückgängig machen - per Tablette oder Salbe, die das Schutzenzym Katalase enthalten? Bei dieser Frage lacht Heinz Decker. So simpel sei das leider nicht: "Eine Tablette muss erst durch den sauren Magen, dann durch den basischen Darm und sie muss außerdem ganz gezielt in den betroffenen Zellen aufgenommen werden." Nicht weniger kompliziert wäre es, die Enzyme per Salbe auf der Kopfhaut einzumassieren. Aber die Haarkosmetik-Industrie arbeitet daran. Auch er selbst sei schon kontaktiert worden, sagt Decker, betont aber, dass es in seinem Institut in Mainz vor allem um Grundlagenforschung, um das Molekulare gehe.

Mehr als nur Schönheitsforschung

Die Zusammenarbeit mit Kliniken und der Industrie ist für Heinz Decker besonders wichtig. Denn bei der Erforschung der Enzyme, die auf den Melanin-Haushalt Einfluss haben, geht es um mehr als um das kosmetische Schönheitsproblemchen graues Haar.

Ein Anwendungsbeispiel wäre die Therapie von Vitiligo-Erkrankungen: "Das ist eine Pigmentstörung der Haut, man ist gefleckt, hat viele weiße Stellen, das sieht furchtbar aus." Mit Albinismus habe das aber nicht zu tun, das sei eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der kein Pigment gebildet wird. "Ursache ist wahrscheinlich eine Mutation an der Tyrosenase, so dass das Starter-Enzym für die Melanin-Synthese inhibiert wurde", so Decker. Menschen mit Albinismus erleiden sehr schnell einen Sonnenbrand, erkranken deswegen auch leichter an Hautkrebs. Außerdem sehen sie unschärfer als Menschen mit gesunder Melaninsynthese. Zudem funktioniert ihr räumliches Sehen schlechter.