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Kommentar: Die Rosskur bei Volkswagen beginnt

19 de noviembre de 2016

VW streicht Tausende Jobs und investiert Milliarden in Zukunftstechnologien. Als Katalysator dieser Entscheidung diente ausgerechnet der Dieselskandal. Der Wandel kommt hoffentlich nicht zu spät, meint Henrik Böhme.

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Volkswagen Showcar I.D.
Imagen: Volkswagen

Es gab Zeiten beim Autobauer Volkswagen, da war klar: An Ferdinand Piëch kommt keiner vorbei. Aber auch der mittlerweile geschasste Patriarch wusste seinerseits eines: Ohne die Gewerkschaft geht bei VW auch nichts. In der Tat verfügen die Vertreter der Arbeitnehmer in keinem deutschen Konzern über soviel Macht wie in Wolfsburg. Zu welchen Verwerfungen eine solche Machtfülle führen kann, wurde schon vor Jahren deutlich, als die Korruptionsaffäre bei VW aufflog. Luxusreisen samt Dienstleistungen von Prostituierten sollten Mitglieder des Betriebsrates geschmeidig halten, damit im Konzern überhaupt was geht.

Boehme Henrik Kommentarbild App
Henrik Böhme, DW-Wirtschaftsredaktion

Diese Zeiten sind vorbei, die Machtverteilung ist geblieben. Bis heute ist nicht klar, welchen Anteil dieses einzigartige Konstrukt am Dieselskandal hat, der Europas größten Autobauer seit über einem Jahr umtreibt.

Hartes Ringen

Entsprechend hart wurde bei Volkswagen nun also zwischen Management und Betriebsrat um den sogenannten "Zukunftspakt" gerungen, mit dem sich der Autobauer für die Zukunft aufstellen will. Denn das ist nun auch dem Letzten in Wolfsburg und anderswo im riesigen VW-Reich klar geworden: So wie bislang kann es nicht weiter gehen. Die strategischen Weichen hat das Unternehmen schon vor einiger Zeit gestellt. Aber erst jetzt, nach einem weiteren halben Jahr, wird deutlich, wie und vor allem mit welcher Personalstärke der Konzern den Umbau umsetzen will.

Es war ja schon länger klar: Wenn der Autobauer verkündet, künftig ein Viertel seiner Autos mit Elektroantrieb auszustatten und diese wie alle anderen Modelle zu Smartphones auf Rädern zu machen, dann hat das unmittelbare Auswirkungen auf das Personal. Erstens braucht man weniger Verbrennungsmotoren und Getriebe. Also weniger Leute in den entsprechenden Zulieferer-Werken. Auch ist so ein E-Auto mit weniger Aufwand zusammen zu bauen. Also auch hier: Weniger Leute. Aber was man braucht, sind Physiker, Elektroingenieure, IT-Spezialisten. Das wird allein mit Umschulungsmaßnahmen nicht funktionieren.

Abbau hier, Aufbau da

Wie man diesen Wandel gestalten will, darum ging es bei den Verhandlungen um den Zukunftspakt. Am Ende stehen 30.000 Stellen, die weltweit gestrichen werden sollen, 23.000 davon an den deutschen Standorten. Das klingt erst mal viel, immerhin macht das fünf Prozent der weltweiten Belegschaft aus. Aber, und das kann die Gewerkschaft als Erfolg verbuchen: Der Abbau erfolgt über Altersteilzeit und ähnliche Regelungen, Kündigungen sind für die nächsten neun Jahre ausgeschlossen. Und es werden Tausende neue Stellen aufgebaut: Für Physiker, Elektroingenieure, IT-Spezialisten.

Nun also ist der Weg frei zum VW-Konzern der Zukunft. Ein Weg, den Volkswagen längst hätte einschlagen müssen. Schon unter Martin Winterkorn, dem langjährigen Vorstandschef. Aber es fehlte offenbar an entsprechenden Einsichten. Insofern hat der Abgasskandal, der das Unternehmen so kräftig durchgeschüttelt hat - und der es noch lange verfolgen und beschäftigen wird - doch etwas Gutes. Es bewegt sich was, sogar in der einstigen Wagenburg Wolfsburg.