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Politik

US-Wahlen: Herausforderung für Hacker

Michael Knigge bh
16. Oktober 2016

Seit Hacker den Server der Demokratischen Partei geknackt haben, ist in den USA eine Debatte über die Sicherheit des elektronischen Wahlsystems entbrannt. Experten halten einen politischen Aspekt für wichtiger.

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USA Vorwahlen Super Tuesday
Bild: Getty Images/AFP/P. J. Richards

Zusätzliche Spannung braucht dieses Rennen um die Präsidentschaft eigentlich nicht. Für noch mehr Spannung sorgt aber die Befürchtung, Hacker könnten das Wahlergebnis manipulieren. Denn wenn Hacker, so die Schlussfolgerung, in die Server des Nationalkomitees der Demokratischen Partei einbrechen können, wer sagt denn, dass sie dasselbe nicht auch mit dem elektronischen Wahlsystem schaffen? Dass IT-Sicherheitsexperten und US-Behörden jetzt die russische Regierung verdächtigen, bei der Cyberattacke auf die Demokraten ihre Hand im Spiel gehabt zu haben, mildert die Befürchtungen nicht - im Gegenteil.

Experten für E-Voting-Systeme werfen ein, dass die Angst, die ganze Wahl könne elektronisch manipuliert werden, völlig unverhältnismäßig sei und auf Unwissen beruhe. Sich in einen privaten E-Mailserver wie den der Demokraten oder den eines Konzerns wie Sony zu hacken, sei etwas völlig anderes, als die elektronische Stimmabgabe zu knacken, sagt David Becker vom Zentrum für Wahlinnovation und Wahlforschung in Washington. Bei den privaten und Firmenservern müssten Eindringlinge nur einen einzigen Angriffspunkt überwinden. Die Wahlcomputer in den USA funktionierten dagegen dezentral, seien nicht vernetzt und nicht mit dem Internet verbunden.

Differenziert und dezentral

"In den USA haben wir fast 10.000 unterschiedliche Wahlbehörden und 50 Bundesstaaten, und für den Ablauf der Wahl sind normalerweise die Kommunen verantwortlich", erklärt Becker. Was den Fall für Hacker noch schwieriger mache, sei die Tatsache, dass landesweit Dutzende unterschiedlicher Wahlgeräte eingesetzt würden und dass rund 80 Prozent der US-Bürger einen ausgefüllten Wahlzettel in die Urne würfen, statt den elektronischen Wahlautomaten zu benutzen. "Um also die Wahlergebnisse zu manipulieren", resümiert Becker, "bräuchte es eine Verschwörung hunderttausender Menschen, die direkten Zugang zu den Geräten im ganzen Land hätten."

USA Vorwahlen Super Tuesday Wahlzettel Demokraten
Die meisten Wähler in den USA markieren auf Papier, wer ihre Stimme bekommtBild: Getty Images/C. Somodevilla

Leichter einbrechen lässt sich in Wahltechnologie, die eine Schnittstelle zum Internet hat, wie etwa die Registrierung der Wähler. Solche Systeme sind bereits früher gehackt worden. Sie seien jetzt als Reaktion auf die Cyberattacke gegen die Demokraten verstärkt worden, sagt Merle King vom Zentrum für Wahlsysteme an der Kennesaw State University nahe Atlanta, Georgia. Außerdem sei das Motiv solcher Hacker normalerweise nicht politisch, sondern kriminell. Sie wollen eine große Menge persönlicher Daten abgreifen.

Das heißt nicht, dass man sich über Angriffe auf das elektronische Wahlsystem keine Sorgen machen soll oder dass sie unmöglich sind - sondern eher, dass die derzeitige Technik der Gefahr gewachsen ist, selbst wenn Teile dieser Technik ziemlich alt sind.

Betagt, aber nicht überholt

"Für Leute, die Geschichten über unser veraltetes Stimmabgabesystem lesen, ist es schwer zu verstehen, dass alt nicht überholt heißt. Aber die Funktionsweise ändert sich nicht", so King. "Unsere Luftwaffe fliegt ja auch immer noch B52-Bomber, weil sie ihren Zweck erfüllen und sparsam im Einsatz sind."

Während die Technologie vieler Wahlgeräte modernisiert werden könnte, ist sie doch immer noch "gut genug, dass wir damit sichere, gültige Wahlen durchführen können", stimmt Becker zu.

USA Bettler in New York - Geld her oder ich wähle Trump
Ob er dem Wahlsystem vertraut? "Gib mir einen Dollar oder ich wähle Trump", droht dieser Bettler in New YorkBild: picture-alliance/dpa/C. Horsten

Darum sorgen beide Experten sich weniger über einen Hackerangriff oder eine Fehlfunktion des elektronischen Wahlsystems. Vielmehr beunruhigen sie die negativen Folgen dieser Sicherheitsdebatte. Vor allem die Bemerkungen des republikanischen Kandidaten Donald Trump, die Wahl werde möglicherweise manipuliert, könnten das Vertrauen der Wähler in das System erschüttern.

Debatte sät Zweifel am Wahlergebnis

"Diejenigen, die solche Vorwürfe machen, wollen nicht etwa mehr Sicherheit in den Wahlvorgang bringen, sondern eher Durcheinander provozieren und Vertrauen zerstören, so dass die Leute nicht wählen gehen", glaubt Becker.

"Die Hauptgefahr ist, dass das Vertrauen ins Wahlsystem erschüttern wird", ergänzt King. "Denn wenn wir dem Prozess misstrauen, dann ist es nur ein kleiner Schritt dahin, das Ergebnis anzuzweifeln."

Beide Experten betonen, dass sie - ebenso wie die Wahlexperten der beiden großen Parteien - dem Wahlverfahren voll und ganz vertrauten. Becker schwört: "Wähler in den USA sollen wissen, dass ihre Stimme korrekt gezählt wird, wenn sie am 8. November wählen gehen."