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Schweres Zerwürfnis über Syrien-Politik

18. September 2016

Die USA äußern "Bedauern" über einen Luftangriff auf syrische Regierungssoldaten, der durch einen Irrtum erfolgt sei. Bei den UN kommt es zum Eklat mit Russland. Die vereinbarte Feuerpause steht vor dem Scheitern.

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Kampfjets F-16 der internationalen Anti-IS-Koalition in Nahost (foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/R. Van Lonkhuijsen

Die Hoffnungen auf ein Schweigen der Waffen und rasche humanitäre Hilfe für die belagerten Städte Syriens haben sich schnell zerschlagen: die jüngste Eskalation zeigt, wie zerbrechlich das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen Washington und Moskau im Syrien-Konflikt ist. Die jüngste Bombardierung syrischer Regierungssoldaten durch die US-geführte Anti-Terror-Allianz stellt sämtliche Vereinbarungen zwischen den USA und Russland wieder in Frage.

Große Inszenierung bei den UN

Nach einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats erklärte der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin, hinter dem russisch-amerikanischen Abkommen zur Beendigung der Kampfhandlungen in Syrien stehe nun "ein sehr großes Fragezeichen". Er bezweifle, ob die USA die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) überhaupt bekämpfen wollten, schob er polemisch hinterher.

Die US-Botschafterin Samantha Power warf Russland ihrerseits Scheinheiligkeit, Effekthascherei und "Taschenspielertricks" vor, weil es die Sondersitzung des höchsten UN-Gremiums beantragt habe. Stattdessen solle sich die Regierung in Moskau darauf konzentrieren, die Umsetzung des gemeinsam und im guten Willen ausgehandelten Abkommens voranzubringen. Tschurkin verließ daraufhin den Saal.

Das Außenministerium in Moskau kritisierte, der Angriff, bei dem nach Angaben oppositionsnaher Beobachter 80 syrische Soldaten getötet wurden, gefährde das zwischen den Regierungen in Moskau und Washington geschlossene Abkommen zu einem gemeinsamen Vorgehen in Syrien. Es verstieg sich sogar in die Spekulation, dass die USA die Extremisten des IS unterstützten.

Schwere Fehler von Militär und Geheimdienst

Ranghohe Vertreter der US-Armee räumten ein, dass die Bombardierung der Soldaten des Regimes von Präsident Baschar al-Assad wohl auf das Konto der von den USA geführten Allianz gehe. Der Angriff habe nach tagelangen Beobachtungen möglicher Ziele durch den amerikanischen Geheimdienst stattgefunden. Er sei sofort abgebrochen worden, nachdem Russland darauf hingewiesen habe, dass es sich nicht um Stellungen des IS gehandelt habe.

Die Washingtoner Regierung drückte ihr "Bedauern" aus, über den Irrtum, der zum Verlust von Menschenleben geführt habe. Das Pentagon versicherte zudem, man werde bei den weiteren Angriffen auf Kämpfer der Islamistengruppen IS und Al-Kaida in Übereinstimmung mit den Vereinbarungen der Waffenruhe handeln.

Der Beschuss hatte sich am späten Nachmittag in der Nähe des Flughafens von Deir al-Sor in Nordost-Syrien ereignet. Durch die Ausschaltung der syrischen Soldaten sei es den IS-Extremisten gelungen, die syrischen Truppen in Dschebel Tharda zurückzudrängen, berichtete die Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Auf Messers Schneide

Der fehlgeleitete Luftschlag kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, an dem die qualvoll ausgehandelte Waffenruhe nur wenige Tage alt ist und sich beide Seiten beschuldigen, sie nicht einzuhalten. Vereinbart war: Hält die Feuerpause sieben Tage, wollen die USA und Russland zu gemeinsamen Luftangriffen auf Extremistengruppen wie den IS übergehen. Der von beiden Ländern ausgehandelte Pakt sollte den Weg für eine friedliche Lösung des seit mehr als fünf Jahren tobenden Konflikts ebnen.

SC/uh (rtr, dpa, APE)