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Die Kugel rollt wieder

Dirk Kaufrmann27. August 2016

Die Fußball-Bundesliga geht in die neue Saison. Ob es an der Tabellenspitze mal wieder spannend wird, wissen wir noch nicht. Klar ist aber: Finanziell ging es den Profiklubs noch nie so gut wie heute.

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Symbolbild Fußball & Glücksspiel
Bild: Imago/imagebroker/ArturxCupak

Der deutsche Branchen-Primus Bayern München kann schon mal die Meisterschaftsfeier im Mai planen: Denn, von gerade einer Ausnahme abgesehen, tippen alle Trainer der ersten Liga auf die Bayern als Meister der Saison 2016/17. Zwar können auch Fußballlehrer irren - aber bekanntlich passiert ihnen das ja nur selten.

Und tatsächlich sind die Bayern auch in allen nicht-sportlichen Beziehungen den anderen Klubs schon weit enteilt: Der FCB ist der Klub mit den meisten Fans und den meistens Fanklubs, mit der größten Werbereichweite, den bestbezahlten Kickern und dem dicksten Festgeldkonto.

Doch auch die anderen Vereine der obersten deutschen Fußballliga können nicht klagen. Sie verdienen von Jahr zu Jahr mehr Geld. Was Christan Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL), vor einem Jahr gesagt hat, gilt offenbar nach wie vor: "Wer zehnmal schneller wächst als die deutsche Wirtschaft im Ganzen, befindet sich in einer stabilen Position."

Kevin De Bruyne Fußball Manchester City
Englands Premier League ist das Maß aller Dinge: Ex-Bundesliga-Kicker Kevin de Bruyne in Diensten von Manchester City.Bild: picture-alliance/dpa/T.Goode

England ist das Maß aller Dinge

Karsten Hollasch bestätigt das. Sehe man sich die Entwicklung der Bundesliga an, so der Leiter der Sport Business Gruppe bei der Unternehmensberatung Deloitte im DW-Gespräch, so habe sich dort "schon über einen längeren Zeitraum ein solides und kontinuierliches Wachstum entwickelt."

Das wird im internationalen Vergleich deutlich. Wie der FC Bayern dem Rest der Liga ist die englische Premier League allen anderen Ligen weit entrückt. Nicht sportlich, dafür legen die spanischen Klubs mit ihren Erfolgen im Europapokal Zeugnis ab, aber finanziell. Vor allem wegen der enormen Summen, mit denen die Fernsehrechte für das schöne Spiel auf der Insel verkauft werden, ist dort sehr viel mehr Geld im Markt als in allen anderen europäischen Ligen.

Hinter der Premier League folgt aber gleich die Bundesliga, sagt Karsten Hollasch: "Wenn man die Umsätze nimmt, steht die Bundesliga an zweiter Stelle. Der Gesamtumsatz der Premier League lag in der letzten Saison bei 4,4 Milliarden Euro, der der Bundesliga bei 2,4 Milliarden."

Die ersten Ligen in England, Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich nennt die Deloitte-Studie "Annual Review for Football Finance 2016" kurz "The Big Five". Sie dominieren den Profi-Fußball in Europa. Die Vorteile, die die Bundesliga gegenüber den anderen Top-Ligen außer der englischen hat, erklärt Hollasch so: "Die Bundesliga ist bei den Spieltagserlösen und bei den Einnahmen durch das Sponsoring" besser als die Konkurrenz aus Spanien, Italien und Frankreich.

Ein Pfund für die deutschen Erstligisten sind die Einnahmen an den Stadionkassen - dank des regen Publikumsinteresses. Hollasch: "Hier hat die Bundesliga wieder ein Wachstum von acht Prozent." Von einer Stadionauslastung wie in Deutschland, nämlich über 90 Prozent, wird im übrigen Europa nur geträumt: "Durchschnittlich kommen fast 43.000 Zuschauer zu einem Bundesligaspiel. Die Liga ist ein Zuschauermagnet."

Keine Einbahnstraße

Weiterhin aber bleiben die Medienrechte der tiefste Brunnen, aus dem der Profifußball schöpft. Und das heißt eben: Vorteil England. Das wird sich auch nächstes Jahr nicht ändern, wenn die Bundesliga von ihrem gerade ausgehandelten Rechte-Deal profitieren wird. Damit, so Karsten Hallasch, "hat die DFL einen Rekord bei der Vermarktung der Medienrechte für die Saison 17/18 erzielt. Dabei hat man die Erlöse im Vergleich zum Vorjahr enorm gesteigert."

Bundesliga Schalke 04 FSV Mainz 05
Leroy Sane: Das Schalker Talent spielt jetzt für ManCity.Bild: Getty Images/A.Grimm

Das wird den Rückstand der Bundesliga in dieser Beziehung nur wenig verringern - die Engländer spielen auf diesem Gebiet in einer anderen Liga: Der Transfer des Schalker Talentes Leroy Sane, den Manchester City gerade für rund 50 Millionen Euro verpflichtet hat, steht exemplarisch für dieses Ungleichgewicht. Das zeigt sich auch in der Entlohnung: Die zwanzig Premier-League-Vereine geben 2,7 Milliarden Euro für ihr Personal aus, die achtzehn Bundesligisten mit 1,3 Milliarden nicht einmal die Hälfte.

Dennoch scheinen die Ängste vor einem Ausverkauf des deutschen Fußballs Richtung England unbegründet. Die Nationalspieler André Schürrle, Mario Götze und Mats Hummels haben in dieser Transferperiode ihren Arbeitgeber gewechselt - und sind in der Bundesliga geblieben. Nationalmannschaftsmittelstürmer Mario Gomez ist aus der Türkei wieder nach Deutschland zurückgekehrt - zum VfL Wolfsburg, der außerdem Ex-Nationalspieler Max Kruse an den Liga-Konkurrenten Werder Bremen weiterverkauft hat.

Das Geld von der Insel

Das Geld aus England, das einige deutsche Erstligisten in dieser Transferperiode kassiert haben, gaben sie meist auch schon wieder für Rekordinvestitionen aus: Borussia Dortmund hat für 110 Millionen Euro eingekauft, der FC Bayern für mehr als 70 Millionen. Sogar der in der vergangenen Saison im Mittelmaß gestrandete und in dieser Spielzeit nicht international spielende VfL Wolfsburg hat seinen Mittelfeldstar Julian Draxler halten können und noch rund 50 Millionen Euro für neues Personal ausgegeben.

Fussball Bundesliga Wolfsburg vs. Leverkusen
Julian Draxler bleibt ein "Wolf" und bekommt neue Kollegen.Bild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

In der Summe haben die 18 Erstligisten bislang rund 460 Millionen investiert - vor einem Jahr waren es 415 Millionen. Das ist eine Steigerung von rund zehn Prozent. Die Transferperiode endet aber erst am 31. August. Da einige Vereine angekündigt haben, noch neue Spieler verpflichten zu wollen, wird in diesem heißen Sommer wahrscheinlich die Marke von einer halben Milliarde Euro geknackt werden.

Trickle-Down statt Ausverkauf

So sorgt die Pfundschwemme, die über den Kanal Geld auch in die Bundesliga spült, für einen "Trickle-Down-Effekt". Wer einen Star in die Premier League verkauft, gibt das Geld an einen kleineren Verein für dessen Talente weiter.

Und schließlich, so Karsten Hollasch, gebe es auch immer noch Fußballer, die nicht sofort und bedingungslos dem Ruf des Geldes folgten: "Ich glaube, dass ein Spieler, der sich in Deutschland wohl fühlt, der sich weiterentwickeln möchte und einen guten Berater hat, es sich zwei Mal überlegt, ob er für 50 Prozent mehr Geld ein größeres Risiko, in England überhaupt zu spielen, in Kauf nimmt."

Neue Quellen erschließen

Doch Eintrittskarten und Pay-TV-Abos sind nicht die einzigen Gelquellen für die Profiklubs. Immer wichtiger, sagt Karsten Hallsch, ist eine weitere Internationalisierung des "Produktes Bundesliga". In der spielfreien Zeit sind die Erstligisten immer häufiger auf anderen Märkten unterwegs: Der FC Bayern in den USA etwa oder Schalke 04 in China. Sogar der FSV Mainz 05 hat den Sprung über den großen Teich gewagt und versucht, in den USA einen Fuß auf den Markt zu bekommen.

Zu dieser Strategie gehört für die Bundesligisten auch, sich intensiv um ihr Bild in den sozialen Medien zu bemühen. Facebook- und Twitterauftritte werden immer wichtiger. Und zwar nicht nur als Service für Fans in anderen Ländern. Internationalisierung, so Hallasch, sei auch für Investoren wichtig, weil ein Verein mit dem Auftritt im Ausland "auch die Markte des Sponsors voranbringen" kann.

Bayern München Deutscher Meister 2016
Branchen-Primus, Krösus, Seriensieger, Rekord-Meister: Bayern München ist wieder der haushohe Favorit auf den Titel.Bild: Reuters/M.Rehle

"Keine Blase!"

Vielleicht noch spannender als die Frage, welcher Verein am Ende der jetzt beginnenden Spielzeit seinen Fans die Meisterschale präsentieren darf, ist diese Frage: Ist mit den derzeitigen finanziellen Dimensionen im Profifußball das Ende der Fahnenstange erreicht? Entsteht hier vielleicht eine Blase, die am Ende mit einem lauten Knall platzen könnte?

Einige Funktionäre und auch Trainer, wie etwa der "ewige Manager" von Arsenal London, Arsene Wenger, hegen diese Befürchtung durchaus. Anders Karsten Hollasch von der Unternehmensberatungsgruppe Deloitte. Er ist fest davon überzeugt, dass es wirtschaftlich weiter aufwärts gehen wird, weil die Vereine über die Internationalisierung ihre Einnahmen noch weiter steigern können. Hallasch: "Ich glaube nicht an eine Blase. Ich glaube: Das Wachstum wird sich so fortsetzen."