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Afrikanische Schönheitsideale im Wandel

Hilke Fischer5. Juli 2016

Von kunstvollen Frisuren bis zum runden Po - afrikanische Vorstellungen von Schönheit verändern sich - und setzen sich auch auf anderen Kontinenten durch. Eine Ausstellung in Hamburg spürt dem Wandel nach.

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Eine Maske in der Austellung "Africa's Top Models" über afrikanische Schönheitsideale (Foto: Hilke Fischer/DW)
Bild: DW/H. Fischer

Ein pinkfarbener Laufsteg führt die Besucher in den Ausstellungsraum. Schon sind sie mittendrin, und Teil der Fragestellung: Was ist für uns schön? Wie unterscheidet sich das, was in verschiedenen afrikanischen Kulturen als schön empfunden wird, von westlichen Schönheitsidealen? Wo sind Gemeinsamkeiten, welche Schönheitsmerkmale des einen Kontinents haben auf dem anderen Nachahmer gefunden?

Ein ausladendes Gesäß, kunstvolle Frisuren, Ziernarben, glänzende Haut, eine hohe Stirn oder spitz gefeilte Vorderzähne: Schönheitsvorstellungen in Afrika sind so facettenreich wie die Kulturen des Kontinents selbst. Das zeigt die Ausstellung "Africa's Top Models", die noch bis zum 6. November dieses Jahres im Hamburger Museum für Völkerkunde zu sehen ist. Sie gleicht nicht nur einer Reise durch die Welt der Schönheit, sondern auch einer Zeitreise: Bis zu 500 Jahre sind die ausgestellten Objekte alt. "Viele unserer Skulpturen und unserer Masken stellen besonders schöne Männer und Frauen dar. Es ist also ein Thema in der afrikanischen Kunst selbst", sagt Carl Triesch. Er hat die Sammlung zusammengestellt - gemeinsam mit afrikanischen Künstlern und Beratern, unter anderem in Hamburg lebenden Afrikanern.

Ein pinkfarbener Laufsteg führt die Besucher in hamburg in die Ausstellung "Africa's Top Models" über afrikanische Schönheitsideale (Foto: Hilke Fischer/DW)
Über einen Laufsteg gelangen die Besucher in die AusstellungBild: DW/H. Fischer

Wer bestimmt, was schön ist?

"Schönheit ist ein Thema, das erst einmal unpolitisch daher kommt, aber sehr, sehr politisch ist", sagt Triesch. "Die Motivation für diese Ausstellung war unter anderem die Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Rassismus. Wir wollten bewusst da hingehen, wo es auch weh tut, nämlich zu den Äußerlichkeiten: Wie sieht ein Mensch aus und wie wird das empfunden?"

Zu Zeiten der europäischen Kolonialisierung Afrikas hätten die Mächtigen, die Kolonialherren, definiert, was schön ist: "Alles, was europäisch anmutete, galt als schön, und alles andere als hässlich", fasst Triesch zusammen.

Bei den Afrikanern rief das ganz unterschiedliche Reaktionen hervor: Vor allem städtische Eliten übernahmen europäische Moden. Bis heute bleichen sich tausende afrikanische Frauen die Haut und glätten ihre Haare, um dem westlichen Schönheitsideal zu entsprechen. "Die Globalisierung, die westliche Schönheitsideale durch Werbeplakate und Fernsehsendungen in die ganze Welt transportiert, wirkt sich natürlich auch auf die Schönheitsideale anderswo aus", so Triesch.

Anpassung oder Abgrenzung

In der Republik Kongo entstand in den 1920er Jahren aus der Nachahmung der französischen Mode ein ganz neuer Stil: Die "Sapeurs" kaufen sich bis heute lieber einen Armani-Anzug als ein Stück Land. Ab Mitte der 1960er Jahre entwickelte sich die modische Eigenart zu einer Art politischem Widerstand gegen die nach Ende der Kolonialzeit eintretenden politischen Dogmen in ihrem Land.

Andere Afrikaner hielten trotz der einflussreichen westlichen Vorstellungen von Schönheit an afrikanischen Idealen fest. Kwame Nkrumah, der erste Präsident des unabhängigen Ghana, war dafür bekannt, dass er zu offiziellen Anlässen traditionelle Kleidung trug, um sich bewusst von kolonialen Einflüssen zu distanzieren. In den 1960er entwickelte sich "Black is Beautiful" vor allem in Nordamerika und später auch in Südafrika zu einem politischen Schlachtruf. Bis heute hält der Trend zur Rückbesinnung auf die eigene Schönheit an: "In Afrika ist im Moment der Effekt festzustellen, dass traditionelle Schönheitsvorstellungen, die auch in vielen der alten Masken und Figuren dargestellt werden, wieder betont werden", sagt Triesch.

Besucher der Austellung über afrikanische Schönheitsideale betrachten sich in einem Spiegel (Foto: Hilke Fischer/DW)
Die Ausstellung im Hamburger Museum für Völkerkunde regt zum Nachdenken über die eigenen Vorstellungen von Schönheit anBild: DW/H. Fischer

Mehr Afrika wagen!

Inzwischen wird "schwarz" auch in Europa und Amerika als schön empfunden: Schwarze Models sind auf den Laufstegen der Welt keine Seltenheit mehr; afrikanische Designer begeistern längst auch westliches Klientel. Breite Hüften, ein ausladendes Hinterteil - in Ländern wie den USA hat sich dieses Schönheitsideal durch die afroamerikanische Diaspora längst über diese hinaus verbreitet. Spätestens seit Sängerin Jennifer Lopez und Reality-TV-Star Kim Kardashian ihre Kehrseite zu ihrem Markenzeichen gemacht haben, stehen Po-Vergrößerungen auf den Hit-Listen von europäischen und US-amerikanischen Schönheitschirurgen. Es ist nicht nur der Westen, der seine Vorstellungen von Schönheit in die Welt exportiert: Afrikanische Schönheitsvorstellungen haben auch bei uns Konjunktur.

"Ich fand gleich zu Anfang die Kleider, die hier vorne ausgestellt sind, spannend", sagt Sophia Müller, die die Hamburger Ausstellung besucht. "Ich finde die sehr farbenfroh und der Schnitt gefällt mir auch. Ich würde mir wünschen, dass man etwas Ähnliches hier auch kaufen könnte." So unterschiedlich sei das mit der Schönheit in Europa und in Afrika auch gar nicht, sagt der Museumsbesucher Uwe Zehmer: "Der Mensch versucht sich immer irgendwie schöner zu machen, als er ist."