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Blumenduft gegen Aggressionen

Brigitte Osterath22. Dezember 2015

Duftstoffe aus Blumen beruhigen Honigbienen und machen sie weniger angriffslustig, haben Forscher jetzt herausgefunden. Der Grund: Essen ist wichtiger als Verteidigung.

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Biene auf Sonnenblume Foto: Roland Weihrauch dpa/lnw
Bild: picture-alliance/dpa

Wenn sich doch menschliche Konflikte auch so leicht lösen ließen! Aber das hier funktioniert wahrscheinlich nur bei Bienen: Riechen die Tiere Duftstoffe aus Blumen, werden sie friedlich und vergessen, dass sie gerade mitten im Angriff waren. Das berichten französische und australische Forscher im Fachblatt "Nature Communications".

"Die Bienen assoziieren diese chemischen Verbindungen mit besonders lohnenswerten Blüten", schreibt das Team um Morgane Nouvian von der University of Queensland im australischen Brisbane. "Die Duftstoffe lösen bei den Tieren Fress- und Sammelverhalten aus - und das hält sie davon ab, sich weiter der Verteidigung zu widmen."

Die Ergebnisse könnten Imkern dabei helfen, ihre Bienenvölker ruhig zu halten, hoffen die Forscher. Allergien gegen Bienenstiche sind keine Seltenheit; vor allem Imker sind betroffen. Studien zufolge reagieren zwischen 14 und 49 Prozent aller Imker allergisch auf Bienengift.

Aggressive Honigbiene Foto: David Vogel (CRCA)
Honigbiene kurz vor dem Angriff: Die Vorderbeine stehen fest auf dem Boden, die Fühler zeigen nach vorneBild: David Vogel (CRCA)

Warum Bienen aggressiv werden

Isoamylacetat ist eine chemische Verbindung mit Folgen: Sie ist der Hauptbestandteil des Alarmpheromons von Honigbienen. Dieser Botenstoff macht die Tiere aggressiv.

Ein Bienenvolk hat Wächter, die aufpassen, ob das Bienenvolk einer Gefahr ausgesetzt wird. Wenn die Wächter einen möglichen Eindringling bemerken, schütten sie Alarmpheromone aus. Vor allem dunkle, sich bewegende Objekte lösen diese Reaktion aus.

Kurz darauf bricht große Unruhe im Bienenvolk aus. Die Tiere verlassen den Bienenstock und greifen den Eindringling an. Dabei stechen sie auch zu. Allerdings sind solche Angriffe mit eine hohen Preis verbunden: Wenn eine Biene ein Tier oder einen Menschen sticht, bleibt ihr Stachel in dessen Haut stecken. Die Biene stirbt einige Stunden später.

Bienen in der Arena

Die Forscher untersuchten die Honigbienen in einem eigens dafür konstruierten Glasgefäß, der "Arena", wie es im Paper heißt. Ein schwarzes Lederband drehte sich motorgetrieben in einem runden Glasgefäß. Zusätzlich drehte sich eine schwarze Feder mit, die alle Bienen, die sich am Rand des Gefäßes niedergesetzt hatten, aufscheuchte.

Früher oder später wurden die Bienen sauer, griffen das Lederband an und trieben auch ihren Stachel dort hinein. Gaben die Forscher Alarmpheromon in die Kammer, steigerte das die Angriffslust der Bienen wie erwartet noch. In die Kammer wurden aber auch Duftstoffe gegeben - so untersuchten Nouvian und ihre Kollegen, wie die Bienen auf die Anwesenheit dieser Substanzen reagierten.

Aggressive Honigbienen Foto: David Vogel (CRCA)
Bienen greifen das Lederband der Forscher anBild: David Vogel (CRCA)

Nicht alle Duftstoffe wirken

Zwei chemische Verbindungen verringerten die Angriffslust bei Honigbienen: 2-Phenylethanol und Linalool. Beide riechen angenehm nach Blumen und sind Bestandteil ätherischer Öle. Linalool strömt zusätzlich einen würzigen Geruch aus, es entsteht zum Beispiel in Minzkräutern, Basilikum und Thymian. Auch Lavendel - eine Mischung aus Linalool und einem anderen Duftstoff - stimmte die Bienen friedlich.

Andere natürliche Düfte hingegen beeindruckten die Bienen überhaupt nicht. Limonen, ein Naturstoff in Zitronen, Orangen und Kümmelöl, ließ sie kalt. Die Tiere setzen ihre Angriffe mit gleicher Häufigkeit fort.

Die Forscher vermuten, dass alle Honigbienen mit Vorlieben für bestimmte Duftstoffe auf die Welt kommen. Die Tiere liebten vor allem solche Gerüche, die sie auf Pflanzen hinweisen, von denen es sich lohnt, Nektar zu sammeln.

Wie Bienen Entscheidungen treffen

Aber stimmt der Blumenduft die Bienen tatsächlich friedlich? Oder haben die Tiere den Geruch des Alarmpheromons vor lauter Blütenduft einfach nicht mehr wahrgenommen? Letztere Möglichkeit schließen die Forscher aus. Ihre Versuche zeigten, dass "diese Blumendüfte als Appetitsignal für Bienen wirken".

Honigbienen wiegen unterschiedliche Geruchsreize gegeneinander ab, um zu entscheiden, welcher der wichtigste ist, schlussfolgern die Forscher. Und offensichtlich ist Essen am wichtigsten - zumindest wichtiger als Kämpfen. Vielleicht sollten sich Menschen das auch öfters mal bewusst machen.