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Mali will dem Terror trotzen

Adrian Kriesch/Jan-Philipp Scholz23. November 2015

Wenige Tage nach dem Anschlag auf das Radisson Blu gilt in Bamako noch der Ausnahmezustand. Unsere Afrikakorrespondenten haben vor dem Hotel mit Menschen gesprochen, die sich vom Terror nicht aus der Ruhe bringen lassen.

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Mali Radisson Blu Hotel in Bamako, Foto: REUTERS/Joe Penney
Bild: Reuters/J. Penney

Die ersten zwei Schlüsse der Terroristen galten ihm. Demba Djouba verkaufte wie jeden Morgen auf der Straße vor dem Haupteingang des Radisson Blu Hotels im Zentrum von Bamako seine Prepaid-Karten für Handys. Plötzlich sah er einen Mann direkt in seine Richtung laufen. Ohne Vorwarnung feuerte er einen Schuss direkt in Djoubas Richtung. "Der Schuss ging ganz knapp links an meinem Kopf vorbei", erinnert sich der junge Mann. Djouba fing sofort an zu rennen. Als er weitere Schüsse hinter sich hörte, warf er sich auf den Boden. "So habe ich ein paar Minuten gelegen und gewartet. Dann habe ich nur noch Schüsse aus der Ferne gehört und bin so weit gelaufen, wie ich nur konnte."

Sonntagsbaguette und Terrorangst

Neun Stunden hatten die Sicherheitskräfte gebraucht, um die Geiselnahme im Hotel zu beenden. 170 Menschen sollen zeitweise in der Gewalt der zwei Angreifer gewesen sein, 18 von ihnen wurden getötet. Zu dem Überfall bekannte sich die Dschihadistengruppe Al-Mourabitoun des algerischen Islamisten Mokhtar Belmokhtar. Nach ihren Angaben war auch die Gruppe Al-Kaida im Maghreb (Aqmi) beteiligt.

Nur zwei Tage nach den Ereignissen, die Freitag die Weltnachrichten bestimmten, steht Djouba beim Bäcker Schlange - direkt gegenüber vom Luxushotel. Es ist Sonntag und er kauft Baguette für seine ganze Familie. "Natürlich habe ich immer noch Angst", sagt Djouba - und hat trotzdem ein Lächeln im Gesicht. Er vertraue Polizei und Militär. Und das Leben müsse ja weitergehen. "Vor allem bin ich froh, dass internationale Sicherheitskräfte uns hier unterstützen. Ich habe noch mitbekommen, wie sie schon kurz nach dem Anschlag vor dem Hotel eingetroffen sind. Das gibt mir ein Gefühl von Sicherheit."

Demba Djouba, Foto: Kriesch/Scholz (DW)
Demba Djouba verfehlten die ersten Kugeln der Attentäter nur knappBild: DW/J.-P. Scholz

Direkt hinter ihm in der Bäckerei steht eine der Personen, von denen Djouba redet. Der ältere Herr will seinen Namen nicht nennen, sagt nur, dass er sich als "Sicherheitsberater für eine internationale Organisation" im Land aufhalte. Er selbst sei am Morgen des Anschlags gerade aus seinem Apartment gekommen, das nur knapp 200 Meter von Radisson Blu entfernt liege. "Als ich die ersten Schüsse gehört habe, war mir recht schnell klar, was los war". Er habe gerade noch einen Bus aufhalten können, der in Richtung Hotel unterwegs war. Wenige Minuten später hätten dann schon französische Spezialeinheiten die Straße gesichert.

Reiseleiter verlangt Geld zurück

Inzwischen wirkt das Leben vor dem Radisson Blu fast wie an einem gewöhnlichen Tag. Der kleine Kiosk direkt gegenüber vom Luxushotel hat auch bereits wieder geöffnet und wartet auf Kunden. Auf einer Holzbank nebenan sitzt eine Gruppe älterer Männer und beobachtet gelassen das Geschehen. Nur die ständig vor ihnen parkenden und wegfahrenden Geländewagen stören ihre Ruhe ein wenig. Aus den Autos steigen immer wieder Fernsehteams aus, die Aufnahmen aus dem Inneren des Hotels ergattern wollen. Doch die malischen Sicherheitskräfte am Eingang geben ihnen geduldig zu verstehen, dass, solange die forensische Arbeit der Experten nicht abgeschlossen ist, niemand ins Hotel darf.

Plötzlich verlangt ein Mann Zutritt, der offensichtlich kein Journalist ist. Der Malier scheint ein wenig aufgebracht. "Ich habe schon für meine Reservierung hier gezahlt. Drei Zimmer, zwei Doppelzimmer und ein Einzelzimmer, für zwei Nächte - insgesamt mehr als 1200 Euro. Vom wem bekomme ich denn jetzt bitte mein Geld zurück?" Er habe eigentlich damit gerechnet, dass das Hotel heute schon wieder aufhabe und ihm jemand den Betrag zurückerstatten könne, so der Mann, der sich als Reiseleiter zu erkennen gibt.

Reiseleiter Muhammad Traoré, Foto: Kriesch/Scholz (DW)
Reiseleiter Muhammad Traoré bleibt Optimist trotz GeldsorgenBild: DW/J.-P. Scholz

"Das Radisson bleibt eines der besten Hotels"

Er sei am Morgen des Anschlags mit seiner Gruppe amerikanischer Rentner schon auf dem Weg zum Hotel gewesen, aber sie hätten nach der langen Reise Hunger gehabt. Deshalb sei er mit ihnen vorher noch in ein kleines Restaurant um die Ecke gefahren - dort habe er dann im Fernsehen die "Breaking News" vom Terroranschlag gesehen. Daraufhin hätte die Gruppe ihre Reiseroute geändert. Nun bereisten sie erst andere Länder auf ihrer Westafrika-Tour. Aber sie hätten bereits gemeinsam entschieden, ins Radisson Blu zurückzukehren, wenn es bald hoffentlich wieder aufmache. "Es ist eines der besten Hotels in Bamako", so der Reiseführer. "Und das wird es bleiben."