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Integrationspunkt Moschee

Andreas Gorzewski3. Oktober 2015

Die vielen muslimischen Flüchtlinge sind für die Moscheen in Deutschland eine Herausforderung. Dabei geht es nicht nur um humanitäre Hilfe, sondern um eine Weichenstellung für die Entwicklung des Islam hierzulande.

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Muslime in einer Moschee in Köln-Chorweiler (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Der Islam in Deutschland wird durch die Flüchtlinge mehr arabische Facetten bekommen. Bislang dominiert der türkisch geprägte Islam. Zwei Drittel der etwa vier Millionen Muslime sind türkischstämmig. Araber, Bosnier, Albaner und andere Gruppen rangieren weit dahinter. Doch nun kommen Monat für Monat zehntausende Syrer und Iraker. Viele von ihnen sind Muslime.

Um sie sollen sich nach Ansicht von Integrationspolitikern nicht nur Behörden, Kirchen und ehrenamtliche Initiativen kümmern, sondern auch die Moscheen. Gefragt sind Schlafplätze und Verpflegung, aber auch Integrationsförderung und die Vermittlung von Werten. Das hatte unter anderem Altbundespräsident Christian Wulff verlangt. Die Islamverbände gehen darauf ein. So betonte der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, in einem ZDF-Interview, die Moschee-Gemeinden könnten eine "Schlüsselfunktion" bei der Integration übernehmen.

In Deutschland gibt es etwa 2400 Moscheen. Die meisten gehören türkischen Organisationen. Für syrische oder irakische Sunniten ist es grundsätzlich kein Problem, sich hinter einem türkischen Imam Richtung Mekka zu verbeugen. Gebetssprache ist in allen Moscheen der Welt Arabisch. Doch schon bei der Predigt am Freitag fangen die Probleme an. Gepredigt wird in der Sprache der Gemeinde. Das ist meistens Türkisch.

Ein Imam predigt am 17.07.15 in einer Frankfurter Moschee (Foto: A. Ammar)
Nur in einem kleinen Teil der Moscheen in Deutschland wird auf Arabisch gepredigtBild: DW/A. Ammar

Kontakt in der Teestube

Arabisch wird vor allem in den marokkanischen Moscheevereinen gesprochen. Abdelkader Rafoud vom Zentralrat der Marokkaner in Deutschland schätzt ihre Zahl auf insgesamt etwa 155. Wo eine arabischsprachige Gemeinde ist, spreche sich unter den Flüchtlingen schnell herum, sagt Rafoud im DW-Gespräch. Dort verstehen die arabischen Flüchtlinge nicht nur Gebet und Predigt.

Zumindest die Männer können sich in der Teestube, die zu den allermeisten Moscheen in Deutschland dazugehört, in ihrer Muttersprache unterhalten. Frauen haben andere Treffpunkte. Sprachliche Probleme können sich zwar aus den unterschiedlichen arabischen Dialekten in Nordafrika und dem Nahen Osten ergeben. Ahmad Aweimer, Sprecher der muslimischen Gemeinden in Dortmund, sieht darin aber kein Hindernis. Die meisten könnten sich auf Hocharabisch verständigen.

Ob die Konflikte aus den Heimatregionen der Flüchtlinge auch bis in die deutschen Moscheen getragen werden, ist noch offen. Unter den Flüchtlingen sind Sunniten, Schiiten, syrische Alawiten und andere Gemeinschaften. Sie sind Araber, Kurden und Angehörige verschiedener Ethnien.

Erst langsam werde ihre Präsenz in den Gebetsstätten spürbar, sagt Rafoud. Auseinandersetzungen, wie zuletzt in Flüchtlingsunterkünften, seien immer wieder möglich. Direkt in den Moscheen rechne er jedoch nicht damit, erläutert der Dialogbeauftragte des Zentralrats der Marokkaner. Allerdings werde erst die Zukunft zeigen, wie sich die neuen Gruppen miteinander und mit den alteingesessenen Muslimen vertragen würden. "Mit den Unterschieden werden wir noch konfrontiert werden", meint Rafoud, der auch an der Deutschen Islam-Konferenz teilnahm.

Aufnahme bei den Türken

Der Deutsch-Marokkaner sieht Parallelen zur Situation vor 30 Jahren. Damals hätten die Marokkaner in Deutschland keine eigenen Moscheen gehabt. Es gab nur türkische Gebetsstätten. "Die türkischen Gemeinden haben uns aufgenommen", erzählt Rafoud. Erst nach einer Weile hätten die marokkanischen Arbeitsmigranten das Geld und das Know-how für eigene Moscheevereine erworben. So werde es auch mit den Syrern oder Irakern sein. Zwar gibt es schon Freundschafts- oder Hilfsvereine von Deutsch-Syrern oder Deutsch-Irakern, eigene Moscheen haben sie aber fast nirgends.

Deutsch- und Integrationskurse bieten einige Moscheen schon seit Jahren an. Doch die Mittel der ehrenamtlich funktionierenden Vereine sind begrenzt. Neuerdings mischen auch Salafisten mit, die außerhalb der großen Moscheeverbände für ihr radikales Islamverständnis werben. Das bereitet Verfassungsschützern Sorgen. Umso mehr sind die Islamorganisationen gefordert, denen eine Brückenfunktion zur deutschen Gesellschaft zugetraut wird. Gefragt sind vor allem die Gemeindemitglieder und -vorstände, die meist besser Deutsch sprechen als die Imame.

Abendliches Fastenbrechen während des Ramadan in einer Moschee in Köln (Foto: dpa)
Während des zurückliegenden Fastenmonats luden viele Moscheen Flüchtlinge zu den Abendessen ein.Bild: picture-alliance/dpa/O. Berg

Muslim ist nicht gleich Muslim

Doch ähnliche Sprache und Konfession bedeuten nicht, dass Syrer oder Iraker in deutsch-marokkanischen Vereinen unter ihresgleichen sind. "Die Menschen, die hier jahrelang leben, sind von der hiesigen Kultur geprägt", sagt Rafoud. Sie haben ihm zufolge oft ihre eigene Art, Religion und Alltag zu verbinden. "Da gibt es schon Unterschiede", betont er. Das sieht Aweimer ähnlich. "Sie sind mehr oder weniger deutsch", beschreibt er die Muslime, die in der Bundesrepublik aufgewachsen sind oder schon lange hier leben. Sie hätten andere Interessen und gewichteten Probleme anders.

Der Kontakt mit den hiesigen Moscheevereinen bietet nach Ansicht von Aweimer eine Chance für die Neuankömmlinge. "Sie müssen sich an die Werte gewöhnen, die wir in der Gesellschaft hier gemeinsam haben", sagt der Islamvertreter aus dem Ruhrgebiet. Die Integration habe bei den Arbeitsmigranten der vergangenen Jahrzehnte zu lange gedauert. "Die Menschen, die jetzt kommen, haben Vorbilder und Wegweiser in den Moscheen. Ich denke, sie werden es viel leichter als meine Generation haben."