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Erste Nachricht des neuen Taliban-Chefs

1. August 2015

Der Nachfolger des verstorbenen Taliban-Anführers Mullah Omar dämpft die Hoffnung auf Frieden: Bisher galt er als Taube der Terrormiliz - doch jetzt sendet er die Botschaft eines Falken.

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Taliban Chef Mullah Achtar Mansur (Propaganda-Archivbild: picture-alliance/dpa/Afghan Taliban Militants)
Taliban Chef Mullah Achtar Mansur (Propaganda-Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/Afghan Taliban Militants

Es war ein historischer Machtwechsel: Zwei Jahre nach dem unblutigen Tod des bisherigen Taliban-Führers Mullah Omar wurde sein Nachfolger Achtar Mohammed Mansur offiziell inthronisiert. Kaum war der Name des Neuen von der Terrormiliz bestätigt, keimten die Hoffnungen auf eine Belebung des Friedensprozesses in Afghanistan.

Denn Mansur gilt als Taube der Taliban: Er strebe nach einem Ausgleich mit dem afghanischen Staat, sei also ein Mann, der die Verhandlungen erleichtern dürfte - so hieß es. Doch jetzt sendet er die Botschaft eines Falken: "Unsere Einheit wird unsere Feinde besiegen", sagt er in seiner ersten Audiobotschaft an die islamistische Bewegung.

Radikaler Gesinnungswandel?

Der 30-minütige Clip ist ein Affront gegen den wichtigsten Gegner, die Vereinigten Staaten - hatten die USA doch zuvor die Taliban aufgerufen, das Versöhnungsangebot der afghanischen Regierung anzunehmen. Steckt dahinter ein radikaler Gesinnungswandel Mansurs? Die Antwort könnte in einem weiteren Satz seiner Rede liegen. "Eine Spaltung in unseren Reihen wird nur unsere Feinde zufriedenstellen und uns weitere Probleme bereiten", erklärte der neue Machthaber, der seinerseits heftig angefochten wird.

Die harschen Töne dürften somit nicht allein nach außen, sondern mindestens ebenso sehr nach innen gerichtet sein: Mansur hat mächtige Feinde im Führungszirkel der Terrormiliz, denen seine Ernennung gegen den Strich geht. Es sind jene, die Pakistan vorwerfen, zu viel Einfluss auf die Gruppe zu nehmen. Und Mansur, der selbst lange in dem Nachbarland gelebt hat, gilt vielen als "Mann Pakistans".

Taliban-Kämpfer im afghanischen Herat (Archivbild: AFP)
Machtkampf im innersten Zirkel: Taliban-Kämpfer im afghanischen Herat (Archivbild)Bild: Getty Images/AFP/A. Karimi

Haqqani-Chef ebenfalls tot?

Die angrenzende Atommacht leitet die Friedensgespräche zwischen den Islamisten und der afghanischen Regierung. Dass diese Verhandlungen in eine neue Phase treten, ergibt sich allein aus den Veränderungen des Personals: Nicht nur Mullah Omar ist abgetreten. Auch der Tod von Jalaluddin Haqqani, dem Anführer des gleichnamigen Terrornetzwerks, wird von der pakistanischen Zeitung "Express Tribune" gemeldet.

Er sei bereits vor einem Jahr nach langer Krankheit gestorben, heißt es unter Berufung auf eine ungenannte Quelle, die Haqqani nahegestanden haben soll. Wie auf Mullah Omar hatten die Vereinigten Staaten auch auf ihn zehn Millionen Dollar Kopfgeld ausgesetzt. Einer seiner zehn Söhne, Sirajuddin Haqqani, war am Donnerstag zum stellvertretenden Führer der Taliban gewählt worden.

Offener Eklat auf Führungssitzung

Doch der Friedensprozess ist vielen Taliban-Kommandeuren ein Dorn im Auge. So muss der neue Leitwolf erst einmal die Meute hinter sich bringen - zumal der Machtkampf an der Spitze bereits auf der Sitzung offen zutage trat, auf der Achtar Mohammed Mansur zu Mullah Omars Nachfolger bestimmt wurde: Mehrere Teilnehmer hätten das Treffen unter Protest verlassen, darunter der Sohn und ein Bruder Omars, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.

Ob Mansur sich nach innen behaupten kann, ob er der wachsenden Konkurrenz anderer Dschihadisten, vor allem des "Islamischen Staates" (IS), standhalten kann - diese Fragen dürften aus seiner Perspektive ganz oben auf der Agenda stehen.

Erst wenn er hierauf Antworten findet, die seine Anhänger überzeugen, kann er - sofern es ihm ein Anliegen ist - eine Mehrheit für den Friedensprozess mit der afghanischen Regierung hinter sich bringen. Es ist also zu früh für euphorische Hoffnung. Aber auch für Resignation und Pessimismus besteht aufseiten des Westens derzeit kein Anlass. Denn noch ist offen, ob die Taliban sich durch ihre internen Streitigkeiten nicht selbst marginalisieren.

jj/hf (dpa, afp, rtr)