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Gähnen als Zeichen des Mitgefühls

Julia Vergin20. März 2014

Auch Tiere haben Mitgefühl. Ansteckendes Gähnen gilt unter Forschern als Indikator dafür. Dabei zeigen sie sich flexibel und lassen sich sowohl von vertrauten als auch fremden Personen zum Mitgähnen animieren.

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Gähnender Schimpanse
Bild: picture alliance/Arco Images GmbH

Uns Menschen ist ansteckendes Gähnen nicht fremd: Der Gesprächspartner fängt herzhaft an zu gähnen und wir müssen wohl oder übel mitmachen. Verantwortlich dafür sind die sogenannten Spiegelneuronen, die die Fähigkeit, den emotionalen Zustand eines anderen Wesens zu erkennen und zu spiegeln (Empathie), überhaupt erst ermöglichen. Dabei ist es für uns Menschen nicht von Bedeutung, ob da ein Fremder oder Vertrauter gähnt - wir besitzen ein flexibles Mitgefühl.

Wie steht es mit unseren nächsten Verwandten, den Schimpansen (Pan troglodytes)? In früheren Studien konnte ansteckendes Gähnen zwischen vertrauten Individuen häufig beobachtet werden. Aber sind die Tiere flexibel in ihrem Mitgefühl und gähnen auch mit Fremden? Dieser Frage sind die Biologen Matthew Campbell und Frans de Waal von der Emory University in Lawrenceville, USA, nachgegangen. Sie veröffentlichten die Ergebnisse ihrer Studie kürzlich auf Royalsocietypublishing.org.

Flexibel ja, aber mit Einschränkungen

In der Tat, nimmt man das ansteckende Gähnen als Indikator für ein empathisches Empfinden, so zeigen sich Schimpansen durchaus flexibel, allerdings anders als vielleicht erwartet: Während die Tiere sich von fremden Artgenossen nicht zum Gähnen animieren ließen, machten sie bei Menschen keinen Unterschied zwischen fremd und vertraut.

Die Forscher hatten 19 Schimpansen Videos von gähnenden Artgenossen, Menschen und Blutbrustpavianen (Theropithecus gelada) vorgespielt. Unter den Menschen befanden sich sowohl für die Affen fremde, als auch vertraute Personen - Mitarbeiter der Feldstation in Atlanta, in der die Schimpansen leben. Mit Blutbrustpavianen hatte keiner der Affen je Kontakt, das Mitgähnen blieb hier fast gänzlich aus.

Positive Beziehungen als Vorraussetzung für Empathie

Die Forscher haben folgende Erklärung: Mit Menschen zeigen sich die Schimpansen empathisch, weil sie zu ihnen grundsätzlich eine positive Beziehung haben. Da macht es keinen Unterschied, ob ihnen einzelne Personen unbekannt waren. Fremden Artgenossen stehen die Tiere in der Natur hingegen feindselig gegenüber - das Gähnen als Zeichen des Mitgefühls blieb aus diesem Grund aus. Blutbrustpaviane sind für Schimpansen schlicht nicht von Bedeutung, die Tiere haben keinerlei Beziehung zueinander und deshalb auch kein empathisches Empfinden. Ein flexibles Mitgefühl scheint also nicht nur uns Menschen vorbehalten zu sein.