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Nelson Mandelas Millionen

Claus Stäcker3. Februar 2014

Sein politisches Vermächtnis kennt die ganze Welt. Seinen privaten Nachlass aber hat Nelson Mandela in einem 40-seitigen Testament geregelt. Mit großer Spannung erwartete die zerstrittene Familie die Verlesung.

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Nelson Mandela im Kreise seiner Familie
Bild: picture-alliance/dpa

Es ist ein Vermächtnis ganz nach Mandela-Art: Niemand wurde ausgelassen, nicht sein inzwischen angefeindeter, einstiger Lieblingsenkel Mandla Mandela, nicht seine Partei, der Afrikanische Nationalkongress (ANC), und auch nicht seine engsten Angestellten: Mandela bedachte in seinem Testament jeden Mitarbeiter mit rund 3300 Euro. Der ANC verdient künftig an den Tantiemen seiner weltweit erfolgreichen Autobiografie "Long Walk to Freedom" kräftig mit. Und Mandla Mandela, der als Häuptling am Ostkap bisher kaum eine Peinlichkeit ausließ, um den Mandela-Hype in seinen Kraal zu lenken, bekommt seinen fairen Erbteil wie alle anderen Enkel.

Zu vergeben waren über drei Millionen Euro in Bargeld, Immobilien und Markenrechten. Seine drei karitativen Stiftungen sind bedacht, ebenso seine beiden ehemaligen Bildungsstätten, die Universitäten Fort Hare und Witwatersrand. Sie erhalten jeweils rund 6700 Euro. Auch drei Schulen bekommen Geld. Sein Haus im Johannesburger Stadtteil Houghton, in dem der 95- Jährige seine letzten Lebenstage verbracht hatte, soll Stätte für Familientreffen bleiben, wünscht sich Nelson Mandela in seinem Vermächtnis. Es geht an die Familie seines ältesten Sohnes Magkatho Mandela, der 1995 an AIDS gestorben war. Für die insgesamt 30 Kinder, Enkel und Urenkel sieht Mandelas Testament eine Familienstiftung vor. "Emotionsgeladen" sei die Verlesung des letzten Willens gewesen, sagte Verfassungsrichter Dikgang Moseneke, der die Testamentseröffnung leitete. "Bisher hat kein Familienmitglied das Testament angefochten." Beobachter bezweifeln jedoch, dass dieser Friede von langer Dauer sein wird.

Dikgang Moseneke und George Bizos bei der Verlesung von Mandelas Testament Foto: ALEXANDER JOE/AFP/Getty Images
Dikgang Moseneke und George Bizos bei der Verlesung von Mandelas TestamentBild: Alexander Joe/AFP/Getty Images

Mammon statt Mandela

Mandelas Witwe Graça Machel steht als Partnerin gemäß südafrikanischem Familienrecht die Hälfte von Mandelas gesamtem Vermögen zu. Von ihr heißt es, sie würde zugunsten dreier Immobilien in ihrer Heimat Mosambik auf ihre Anteile an den Häusern in Südafrika verzichten. Das wäre vermutlich mit einem erheblichen Wertverlust verbunden, zeugte aber von großer Einsicht und Weisheit. Nicht bei jedem Mandela-Erben traten diese Eigenschaften zuletzt zutage. Es bleibt eine Mammutaufgabe für den zweithöchsten Richter des Landes, Moseneke, für Mandelas Anwalt und lebenslangen Freund George Bizos und für den Landrichter Themba Sangoni aus Mandelas Heimatprovinz Ostkap, das Vermögen solide zu taxieren und wortgetreu zu verteilen.

Die verschiedenen Familienflügel hatten sich noch am Krankenbett Nelson Mandelas heillos zerstritten. So musste sein erklärter Lieblingsenkel Mandla Mandela mit Gerichtsbeschluss und Polizeigewalt gezwungen werden, die Exhumierung von drei früh verstorbenen Mandela-Kindern rückgängig zu machen. Mandla klagte stets, dass sein Dorf, in dem Opa Nelson seine Kindheit verbrachte, zu wenig von dem großen Familiennamen profitiere. In Mvezo verfolgt Mandla Mandela Dorfbewohnern zufolge Pläne für einen bunten Mandela-Themenpark. Größte Gegnerin ist seine Tante Makaziwe, die vor Mandelas Tod nicht nur gegen Mandla vor Gericht zog, sondern auch gegen die Familienvermögensverwalter - darunter eben jener George Bizos, der Nelson Mandela schon 1963/64 im Hochverratsprozess von Rivonia verteidigt hatte, in dem Mandela zu lebenslanger Haft verurteilt wurde.

Mandla Mandela Foto: dpa - Bildfunk
Mandela-Enkel Mandla bei der Beerdigung seines GroßvatersBild: picture-alliance/dpa

Engste Weggefährten und Begleiter Nelson Mandelas, wie der Politiker Bantu Holomisa oder der Erzbischof Desmond Tutu, hatten vergeblich an die Familie appelliert, die Streiterei zu beenden. Sie war an Unwürde kaum zu übertreffen: An Mandelas Alterssitz in Qunu vermieteten Verwandte Nachbarhäuser mit Überwachungskameras, die auf das Haus von Südafrikas Nationalhelden gerichtet waren. Enkel begannen, den Namen Mandela zu versilbern, den Werbeforscher für die zweitstärkste Marke der Welt nach Coca Cola halten. Sie brachten Long-Walk-to-Freedom-Sweatshirts und -Basecaps auf den Markt und zwei konsumsüchtige Mandela-Enkelinnen in den USA verdienten gar an einer Reality-Soap auf Paris-Hilton-Niveau. Ihr großspuriger Titel: "Being Mandela". Der Familienpatriarch Nelson Mandela hatte sich gegen all das nicht mehr wehren können.